Mou Bro, Limfjord, Dänemark
Wir hatten schon ordentlich Respekt vor dem wohl letzten größeren Seestück dieser Tour, der Überquerung der Nordsee. Die Nordsee ist nun einmal berüchtigt, und ganz abschütteln lässt sich das nicht, auch wenn wir schon so einige andere berüchtigte Seestücke wie die Biskaya oder die Mona Passage, Golfstromquerungen und diverse Tidal Races absolviert hatten. Daher warteten wir recht lange, bis sich ein Wetterfenster auftat, das eine ganz entspannte Überfahrt versprechen würde.
Noch haben wir den Luxus der Zeit, so konnten wir es uns auch erlauben, ein paar Tage abzuwarten. Allerdings war dann schnell klar, dass wir unser Zwischenziel Norwegen beerdigen würden. So viel Zeit haben wir dann auch nicht. Das Wetter passte auch gut für Dänemark, und einige von euch haben das in unserem AIS-Kurs ab Peterhead auch schon korrekt erahnt.
Die Überfahrt war dann auch wirklich ganz entspannt. Den ersten Tag konnten wir gut mit halbem Wind segeln, und da es nur 3-4 Windstärken waren, hatten wir auch kaum Lage im Boot. Am zweiten Tag drehte der Wind etwas achterlicher, und am dritten Tag ließ er etwas nach, so musste dann doch durchgehend der Motor ran. Als abends die Sonne unterging, wurde es natürlich kühler, so dass wir es uns unten im Boot gemütlich gemacht haben. Niedergang zu und alle fünfzehn Minuten einmal den Kopf rausstrecken. Hier noch ein paar Bilder von unseren ständigen Begleitern auf der Nordsee: Möwe, Basstölpel, Eissturmvogel (a.k.a. Bully-Vogel) und sogar ganz unverhofft der Puffin. Der kleine Spatz war übrigens ein Schwarzfahrer.











Die erste Nacht war ganz interessant, weil wir ein Ölfeld durchquert haben. So fuhren wir an bestimmt zehn Bohrinseln vorbei, selbstverständlich immer unter Einhaltung eines respektvollen Abstands. Diese Plattformen sind schon beeindruckend groß und nachts strahlend hell beleuchtet. Einige von ihnen haben Gas abgefackelt, und die meterhohen Flammen schienen gespenstisch weit über den Horizont hinaus. Dass in der Nordsee Öl gefördert wird ist ja kein Geheimnis – das mal mit eigenen Augen zu sehen war aber schon spannend.



So erreichten wir nach ca. 62 Stunden auf See gegen Mitternacht Thyborøn. Wir freuten uns auf Ruhe und entspannten Schlaf, mussten dann aber feststellen, dass sich direkt vor unserem Liegeplatz eine Gastronomie befindet, in der gerade eine Hochzeit gefeiert wurde – Mit gar nicht mal so schlechter Live-Musik und ordentlich Geräuschkulisse. Gestört hat‘s am Ende nicht, wir gönnten uns noch ein Anleger-Bier und schliefen dann so gut, als hätte es die Hochzeit nicht gegeben.



Thyborøn ist nicht so der Knaller, also ging das am nächsten Tag gleich weiter. Vorher musste ich aber – man kann schon fast sagen aus Tradition – einmal kurz baden gehen. Als wir im Sommer 2023 das letzte Mal dort waren, hatten wir uns beim Anlegen eine Leine im Propeller eingefangen, die eigentlich zwischen den Liegeplätzen gespannt wird, um eine Art „Führung“ zu bieten. Diese Leine trieb aber im Wasser und hing dann in unserer Schraube. So musste ich unter Beobachtung eines gigantomanischen Seehundes baden gehen, um den Propeller wieder frei zu bekommen.
Diesmal haben wir es ohne Leine im Propeller geschafft. Auf der Überfahrt stellten wir aber immer wieder ganz komische schabende oder schleifende Geräusche fest, die vom Propellerwellenlager zu kommen schienen. Das hat schon etwas Spiel und muss auch demnächst mal ausgetauscht werden. Aber ist es jetzt schon komplett ausgeschlagen? Eine kurze Sichtkontrolle im schweinekalten Wasser aber gab Entwarnung, alles sieht so aus wie immer, der Propeller ist auch in Ordnung, und das Spiel im Lager hat sich auch nicht wesentlich verändert. Das wird schon bis zum Winterlager halten.
Wir hatten nicht so richtig Lust auf Nordsee, also beschlossen wir, durch den Limfjord zu fahren um dann über die Ostsee und den NOK nach Cuxhaven zurückzukehren. So hatten wir zwei Tage herrlichstes Segeln in einem Revier, das sich uns 2023 grau in grau präsentiert hatte, diesmal bei strahlendem Sonnenschein. Und Limfjord-Segeln ist echt toll! Geschützte Gewässer quasi ohne Seegang, eine hübsche Landschaft, charmante dänische Örtchen, jede Menge nette Häfen und Ankerplätze und nicht so überlaufen wie die dänische Südsee. Nach all den Strecken, die wir mittlerweile gesegelt sind, kann ich mich immer noch freuen wie ein kleiner Junge, wenn die Krassy mit etwas zu viel Segel am Wind und ohne Wellen sich fährt wie eine Jolle. Echt toll!





So sind wir vorgestern Abend in Aalborg angekommen und hatten auch direkt ein Date. Wir waren mit Monika und Dieter verabredet, die mit ihrem Aluminium-Motorsegler Kaniva auch auf einer größeren Tour sind und sich nun, von Kanada kommend auf dem Heimweg nach Lübeck befinden. Die beiden lagen in Peterhead bei uns gegenüber, und bereits dort hatten wir schon den einen oder anderen netten Abend zusammen verbracht. Dieter ist Bootsbauer und ein echter seglerischer Haudegen. Er ist bereits in den 80ern über den Nordatlantik in die USA und nach Grönland gesegelt, und hat die Kaniva komplett von Grund auf selbst gebaut. Sehr spannend! An Gesprächsthemen hat es uns also nicht gemangelt.
Unsere Ankunft in Aalborg war allerdings von einem technischen Problem überschattet. Der Fjord ist in Aalborg recht schmal, also setzt hier gerne mal etwas Strömung durch. Gerade in dem Moment, in dem wir in den Hafen einfahren wollten, tauchte in der Hafeneinfahrt ein kleiner Segler auf der sich heraus zu kreuzen schien. Steffi nahm etwas Tempo raus, um dem Segler Platz zu machen, und schon saßen wir auf Grund – Die Strömung hatte uns aus dem Kanal, der zum Hafen führt, geschoben.
Alles kein Drama, das war nur weiche Schmöttke, und wir kamen mit ein paar ordentlichen Rückwärts- und Vorwärtsschüben wieder frei. Dabei haben wir ordentlich was aufgewirbelt, denn um uns herum kamen braune Wolken auf, und es roch erbärmlich nach faulen Eiern.
Als wir fest waren, fiel uns auf, dass kein Kühlwasser mehr aus dem Auspuff austritt. Verdammt, schon wieder ein Problem mit dem Kühlsystem. Wir haben doch schon auf den Azoren damit gekämpft, dass die Seewasserpumpe die Zirkulation einfach nicht in Gang bekommen hatte. Allerdings trat das Problem sonst immer nur direkt beim Starten des Motors auf, und nicht während der Fahrt.
So stand am Dienstag etwas Motor-Bastelei an. Die paar Kniffe, mit denen wir die Zirkulation sonst in Gang gebracht haben, funktionierten diesmal nicht. Wir hatten den Verdacht, dass durch Einsaugen von aufgewirbeltem Sediment irgendwo eine Verstopfung im Kühlkreislauf entstanden ist. Alles auseinander zu nehmen, und den Wärmetauscher zu reinigen ist natürlich vorerst keine Option. Dafür bräuchten wir spezielle Dichtungen und eventuell noch weitere Ersatzteile, außerdem wäre das eine größere Operation.
Der Kreislauf ist ja nicht besonders komplex. Wasser wird von außen angesaugt. Dort, am Borddurchlass ist eine Art grobes Sieb, das verstopft sein könnte. Das haben wir einmal durchgepustet, es war frei. Es folgt der Seewasserfilter, der war auch sauber. Von dort saugt die Impellerpumpe Wasser an und schiebt es erst durch den Wärmetauscher des Motors, und dann noch durch einen Ölkühler vom Getriebe. Danach geht‘s in den Auspuffschlauch und zusammen mit den Abgasen nach draußen.
Das naheliegendste Problem – ein kaputter Impeller – war es auch nicht, der sah ganz ok aus. Wir lösten also den Ansaugschlauch an der Impellerpumpe und den Rücklaufschlauch, und pusteten einmal rückwärts das Wasser aus dem Kühlsystem. Das war ganz schön grau, und auch ein paar festere Partikel kamen zum Vorschein. Wir spülten dann den Kreislauf wieder rückwärts mit Frischwasser aus dem Druckwassersystem durch, bis nur noch sauberes Wasser rauskam.
Und jetzt, wo alles schon offen vor uns lag, wollten wir den Wärmetauscher noch chemisch reinigen. Auf den Röhren kann sich nämlich ein ziemlich kompakter Belag aus Salz, Kalk und Sand bilden, der den Durchfluss und somit die Kühlwirkung reduzieren kann. Und wir hatten in der letzten Zeit den Eindruck, dass die Motortemperatur immer etwas höher war als gewohnt. So kann man den Kreislauf z.B. mit Essig- oder Zitronensäure spülen. Der nächstgelegene Supermarkt hatte Zitronensäure im Angebot, und was der Kaffeemaschine nicht schadet, wird auch für den Motor nicht allzu schädlich sein (obwohl das etwas ist, was in den einschlägigen Boots-Foren im Netz heiß diskutiert wird).
Wir klemmten unsere zusätzliche Druckwasserpumpe, die wir zum Duschen mit Seewasser benutzt hatten, so in den Kreislauf, dass sie die Säure aus einem Eimer ansaugte, und durch den Kühlkreislauf drückte. Die Rücklaufleitung führte wieder in den Eimer, so war der Kreislauf geschlossen. Drei Ladungen Zitronensäure wurden also immer wieder durch den Wärmetauscher gepumpt, und konnten zwischenzeitlich auch immer wieder eine Zeitlang einwirken. Die Färbung der drei Säure-Ladungen nach der Anwendung sprechen für sich.



Nachdem wieder alles zusammengebaut war, und der Motor bei der Gelegenheit einen frischen Impeller und eine neue Opfer-Anode verpasst bekommen hat, konnte er wieder gestartet werden. Und tatsächlich, nach kurzer Wartezeit förderte die Pumpe wieder Seewasser, und auch sprudelnder als zuvor. Wir ließen den Jockel eine gute Stunde unter Last laufen, damit er seine Betriebstemperatur erreichen konnte, und tatsächlich lag sie nun wieder im gewohnten Temperaturbereich. Hoffen wir, dass wir jetzt erstmal Ruhe haben!
Heute stand nur eine kurze Etappe an. Wir wollten eigentlich bis nach Hals fahren, den Hafen am Ostende des Limfjords. Unterwegs hat es aber so hart geweht, dass wir beschlossen haben, in den kleinen Vereinshafen von Mou Bro zu fahren, der 2,5sm vor dem Ende des Fjords und etwas windgeschützter liegt.

Morgen geht es früh weiter Richtung Süden. Der Blick auf das Wetter macht momentan überhaupt keinen Spaß. Die nächste Woche kommt der Wind nämlich fast ausschließlich aus Süden, mal bisschen östlicher, mal bisschen westlicher, und dann auch gerne in Sturmstärke. Für uns ist das natürlich maximal blöd. Morgen ist der Wind noch mäßig, und wir müssen weit nach Süden und in geschütztere Gewässer kommen, wenn wir nicht komplett einwehen wollen. Und auch dann deuten sich schon ein paar Hafentage an. Tja, der oben erwähnte Zeit-Luxus ist langsam verpufft. Hoffen wir, dass sich die Prognose noch etwas ändert und wir weiter voran kommen.
Moin an die Jütland-Durchquerer,
ja die Wetterlage ist für Euch alles andere als prickelnd, aber zumindest Donnerstag sieht’s bis Fornaes ganz brauchbar aus.
Und für den weiteren Weg zu den Belten: wird schon, positiv denken!
Zum Glück seid ihr technisch und handwerklich begabt. Zitronensäure kenne ich von unserer Kaffeemaschine und Holunderblütensirup, aber hier ist ein neues Anwendungsgebiet und das noch bio. Der Wind ist für uns schön, da nicht so kalt, aber für euch natürlich hinderlich.
Liebe Grüße aus Bremen von
Armin und Anja