Der Steuerradbezug – echte Handarbeit

Als ich das erste Mal an Bord der Krassy war störten mich ein paar Kleinigkeiten. Eine davon war der olle Lederbezug des Steuerrads. Der war hellgrau, sehr speckig und fleckig und schon an einigen Stellen ein wenig eingerissen. Die Nähte hatten sich teilweise schon geöffnet, alles also nicht so richtig toll. 

Aber es gab wichtigeres. Wir segelten erst mal in der Ostsee umher, ich lernte einiges über die Krassy und schon sehr bald fingen wir an unsere erste Reise zu planen. Als wir dann von unserem großen Abenteuer zurückkehrten standen ein paar große Projekte wie unser Motor und das Teakdeck auf unserer To Do-Liste. Wieder mal war keine Zeit für Kleinkram… 

Zwischendurch hatten wir es zumindest schon geschafft, das alte Garn durch einen neuen stabilen neuen Takling-Faden auszutauschen und so das alte Leder wieder halbwegs anständig am Steuerrad zu befestigen. Da das Leder schon an so vielen Stellen ausgerissen war hielt unsere improvisierte Reparatur aber nur so semi-gut. 

Als unser Deck endlich fertig war fasst ich mir endlich ein Herz und nahm mir dieses Projekt mal richtig vor. 

Zunächst brauchte ich ein paar Materialien. Ein passendes Leder zu finden war gar nicht so leicht, aber ich durchforstete das Internet und fand in einem kleinen Online-Shop genau das richtige: hellbraune, stabile Lederstreifen mit einer samtigen Oberfläche und vor allem in der richtigen Größe. Ich müsste zwei Teile aneinander nähen, denn Leder ist nun mal ein Naturprodukt und einen Streifen, der den ganzen Weg um unser Steuerrad herum reichen würde war natürlich unmöglich zu bekommen. Kein Problem. 

Nähen war aber die nächste Herausforderung, denn natürlich kann man hier keine Nähmaschine ansetzen. Zudem war mein Leder sehr dick, ich würde also auf keinen Fall eine Nadel einfach hindurchgestochen bekommen, schon gar nicht, wenn das Leder erst am Steuerrad fest wäre. Ich bestellte mir also noch ein günstiges Werkzeug, mit dem man Leder vorperforieren kann. 

Takelgarn und stabile Nadeln hatten wir noch, also konnte ich loslegen. 

Das alte Leder vom Steuerrad abzunehmen war eine echte Befreiung! Das olle Material bildete einen besonders traurigen Anblick, als es nicht mehr am Rad befestigt war und flog so direkt in die Tonne. 

Das neue Leder musste ich natürlich erst mal einpassen und zuschneiden. Gar nicht so einfach, denn es mussten Ausschnitte an genau den richtigen Stellen für die Speichen des Steuerrads gemacht werden und die Form ist leider so dreidimensional wie es nur geht… 

Als alles richtig zugeschnitten war fing ich an die Kanten zu perforieren. Die Löcher mussten dabei einigermaßen gleichmäßig angeordnet sein, den gleichen Abstand zur Kante haben und natürlich auf beiden Seiten genau gegenüber liegen. Das alles dauerte schon erstaunlich lange und so war ich an einem herrlichen Sommertag schon beinahe den ganzen Tag nur mit der Vorbereitung beschäftigt. 

Jetzt konnte ich aber endlich anfangen zu nähen. Zuerst nähte ich die beiden Teile an der kurzen Kante zusammen. Diese Naht musste genau mittig zwischen zwei Speichen liegen, damit alles symmetrisch aussieht und vor allem auch weil sie die neutrale Ruderstellung markieren sollte. Eine fühlbare Naht ist dafür perfekt geeignet, denn so kann man das Steuerrad auch ohne hinzuschauen in die richtige Ausgangsposition stellen, wenn es nötig ist. 

Segment für Segment nähte ich nun stundenlang die Lederkanten fest aneinander. Dass mir am Ende des Tages die Hände furchtbar weh taten muss ich wahrscheinlich nicht erwähnen… Der gewachste Taklingfaden drückte sich beim Festziehen nach jedem Stich tief in meine Haut und hinterließ am Ende eine tiefe Furche. Fertig war ich aber noch nicht geworden… 

Auch am nächsten Tag musste ich noch mal ran bis ich endlich fertig war. Die Arbeit hatte sich absolut gelohnt! Der neue Lederbezug sah nicht nur spektakulär aus – unter anderem auch, weil er die gleiche Farbe hatte wie unser frisches Teakdeck – er fühlte sich auch unglaublich gut an. Die seidig-samtige Oberfläche will man die ganze Zeit berühren und verzückt darüber streichen. Das Steuern macht jetzt noch mehr Spaß als zuvor! 

Unser Liegeplatznachbar hatte mich 2 Tage lang bei meiner Arbeit beobachtet und versuchte auch gleich mich zu überreden sein Steuerrad ebenfalls neu zu beziehen. Nein danke, ich hatte erst mal genug!

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