Es ist noch nicht allzu lange her, da haben wir aus voller Überzeugung 2 Dinge behauptet:
- Segelvereine sind was für alte, verbohrte Leute und wir werden niemals in einen Segelverein eintreten. Dafür sind wir viel zu cool!
- Wir werden nie wieder einen Fuß nach Cuxhaven setzen, wenn wir es verhindern können. Da will man doch nicht tot überm Zaun hängen!
Insbesondere letzteres war eher Christians Meinung nach dem unrühmlichen Ende unserer ersten Reise und den Strapazen mit dem Einbau des neuen Motors nach unserer Rückkehr.
Ich bin froh sagen zu können, dass wir mit beiden Ansichten absolut falsch gelegen haben!
Ca. ein Jahr nach unserer Rückkehr von der Reise änderten sich einige Dinge in unserem Leben. Meine Arbeit wurde langweilig, unsere Freunde und Bekannten zogen aus Hamburg weg und siedelten sich im Umland mit ihren Familien an und wir waren ein wenig „segel-müde“. Dazu kam, dass Christian die endlose Pendelei zwischen seiner Arbeit in Bremen und unserem Zuhause in Hamburg leid war. Nachdem wir ein ganzes Jahr lang jeden Tag 24 Stunden zusammen waren sahen wir uns kaum noch, da Christian jeden Tag mindestens 4 Stunden mit der Bahn unterwegs war.
Als sich dann Ende 2019 eine Möglichkeit für eine neue Stelle für mich in Bremen auftat ergriffen wir die Gelegenheit, brachen in Hamburg unsere Zelte ab und zogen von einer zur anderen Hansestadt um. Übrigens hatte Christian vorher ähnliches über Bremen wie über Cuxhaven behauptet und viele Jahre lang kategorisch ausgeschlossen jemals in Bremen zu wohnen.
2020 entschieden wir uns einstimmig eine Segel-Pause einzulegen. Die Krassy stand an der nun weit entfernten Ostsee sauber und trocken in ihrem Winterlager, Corona beherrschte die Welt und unser Hafen in Travemünde ging uns auf die Nerven. Wir hatten als einziges nicht-Vereinsmitglied ausgerechnet am Vereinssteg gelegen und waren im Sommer 2019 dort wie Aussätzige behandelt worden (daher auch Meinung 1.). Wir kündigten also unseren Liegeplatz und genossen es in dieser Saison Campen statt Segeln zu gehen (leider nicht wie geplant in den USA und Kanada, sondern in Österreich und Italien, Corona sei Dank…)
Nach der Trockensaison stand dann allerdings die Frage an: wohin mit der Krassy? Jedes Mal fast 3 Stunden von Bremen aus an die Ostsee zu gurken kam für uns nicht in Frage. Blieb also die Nordsee, denn nur auf der Weser auf und ab zu fahren hätte uns alte Langfahrer wahrscheinlich um den Verstand gebracht…
Wir schauten mal vorsichtig nach Liegeplätzen und mussten auch hier feststellen, dass Corona einiges verändert hatte. Einen Platz zu finden war gar nicht mehr so leicht und so landeten wir am Ende ausgerechnet in dem Hafen, in dem wir 2018 so unrühmlich mit unserem kaputten Motor, technisch, seelisch und körperlich auf der letzten Rille gestrandet waren: Der SVC-Hafen an der Alten Liebe in Cuxhaven. Trotz des bitteren Beigeschmacks unserer bisherigen Erfahrungen gefiel es uns irgendwie ganz gut und wir verstanden uns auf Anhieb gut mit Peter, dem Hafenmeister. Peter legte uns nahe doch mal über einen Eintritt in den Segelverein nachzudenken, denn im Vergleich zu den regulären Liegegebühren würden wir so einen Spottpreis für unseren Platz im Hafen zahlen. Anders als in anderen Vereinen bräuchten wir außerdem keine Anwartschaft, Bürgschaft oder sonstige Albernheiten um einzutreten und würden direkt einen Liegeplatz bekommen (was erstaunlicherweise nicht in allen Vereinen selbstverständlich ist).


Ein wenig zähneknirschend entschieden wir uns dafür in den SVC einzutreten und fühlten uns dabei ein wenig älter als zuvor. In der ersten Saison lagen wir sozusagen am „Katzensteg“ am hinterletzten Ende. Bei stabiler Ostwindlage wurde es manchmal so unruhig im Hafen, dass sich mir der Magen umdrehte und ich von Bord flüchten musste. Ein harter Schlag fürs Ego, wenn ich das sagen darf: 2x den Atlantik bezwungen und dann seekrank im Hafen? Unglaublich!
Vom Vereinsleben bekamen wir nicht allzu viel mit, obwohl wir praktisch jedes Wochenende an Bord waren und es ausgiebig genossen, dass wir so eine kurze Anreise zum Boot hatten. Unsere Vorurteile gegen Segelvereine sahen wir zur Genüge bestätigt, denn die Veranstaltungen schienen hauptsächlich unter der Woche stattzufinden und waren somit für berufstätige nicht-Cuxhavener fast unmöglich wahrzunehmen. Egal, war uns ganz recht so. Wir freuten uns über die Seehunde, die morgens immer am Steg in der Sonne dösten, mit den Leuten hatten wir nicht so viel zu schaffen.


Im darauffolgenden Winter wendete sich allerdings das Blatt. Peter rief uns an und fragte, ob wir mit einem neuen Liegeplatz einverstanden wären. Mitten im Getümmel der Vereins-Urgesteine und direkt neben dem stellvertretenden Vorsitzenden. Na klar waren wir einverstanden! Der Platz war super geschützt und der Ostwind würde uns nicht mehr jucken.





Dieser Liegeplatzwechsel sorgte schlagartig dafür, dass wir echte Vereinsmitglieder wurden. Rasend schnell lernten wir viele großartige Menschen kennen!
Der erste Sommer mit unserem neuen Teakdeck trug auf viele Arten zur Kontaktaufnahme bei. Allein der Geruch des frischen Holzes sorgte dafür, dass die Leute im Vorbeigehen anhielten und nach dem Deck fragten (im Übrigen nicht immer positiv). Zudem verbrachten wir fast unseren gesamten Sommerurlaub im Hafen, denn es war ja noch einiges am Deck zu tun. Veranstaltungen wie das An- und Absegeln oder Sommerfeste trugen ihr Übriges dazu bei, dass unser soziales Umfeld in Cuxhaven stetig anwuchs. Mittlerweile scherzen wir darüber, dass wir deutlich mehr Freunde und Bekannte in Cuxhaven als in Bremen haben und im Winter sehnen wir die Zeit herbei, wenn wir endlich wieder mit netten Leuten zusammensitzen, klönen und lachen können.
Wir sind im wahrsten Sinne des Wortes in Cuxhaven und in der SVC angekommen. Immer wieder stellen wir fest wie unkompliziert und hilfsbereit alle miteinander umgehen. Man hilft sich in der SVC, sei es mit Werkzeug, Tatkraft, Ratschlägen und guten Tipps oder auch mal mit leckerem Essen. Und am Ende des Tages haben wir doch alle ein gemeinsames Thema: das Segeln.
Falls ihr mal in der Gegend seid, schaut auf jeden Fall bei uns im Hafen der SVC vorbei!