Spice up your life – Gewürzschubladen

Man merkt der Krassy ihr Alter manchmal an. Nicht nur, weil hier und da was aus Altersschwäche kaputtgeht oder die ein oder andere Schraube renitent bleiben will wo sie schon immer war, sondern auch an kleineren konstruktiven Mankos.

Solch ein Beispiel sind die beiden Fächer hinter der Pantry. Auf der linken Seite ist ein ganz gut zugängliches Fach in dem wir unsere Porzellanteller verstauen (ja, Porzellan. Man lebt schließlich nur einmal). Das ist gut durchdacht, reicht relativ weit runter und hat sogar frei verstellbare Haltestifte, mit denen man Geschirr in verschiedenen Größen fixieren kann. Hierfür muss man sich zwar einmal über den Herd lehnen, aber das ist in diesem Fall kein großes Problem.

Auf der rechten Seite ist ebenfalls ein Fach. Und über dieses Fach ärgere ich mich, seit ich zum ersten Mal auf der Krassy war. Wenn man hier etwas reinstellt, dann kann man sich fast sicher sein, dass man es nie wieder herausbekommt. Hier muss man nicht nur über den Herd greifen, man muss sich praktisch bäuchlings darauf werfen und den Arm über das gesamte Kühlfach strecken um dann festzustellen, dass die hintere Ecke unmöglich zu erreichen ist.

In diesem Fach standen bisher immer unsere Gewürze, in hässlichen Plastikkörbchen, damit man eine Chance hat wenigstens das ganze Körbchen aus dem Schrank zu heben, wenn man mal was braucht. Unpraktischer konnte es kaum sein!

Wenn mich so etwas wurmt, dann kann ich viele Stunden damit zubringen in meinem Kopf die Möglichkeiten zu wälzen, wie man hier eine Lösung herbeiführen könnte.

In diesem Fall kam ich nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss, dass Schubladen mein Problem lösen würden. Das Fach ließe sich ganz gut in zwei Hälften aufteilen, sodass ich zwei ausziehbare Fächer gut untergebracht bekäme ohne viel Platz einzubüßen.

Die erste Idee war also einen Steg in die Mitte des Fachs zu bauen und dann auf beiden Seiten die Auszüge direkt in den Schrank zu montieren. Christians erste Reaktion darauf war Protest.

Okay, also nicht ins Mahagoni schrauben. Verstanden.

Ich überlegte mir also einen Kasten zu konstruieren, in dem ich die Schubladen befestigen konnte und der dann als Ganzes einfach im Schrank stehen würde. Problem gelöst und es konnte losgehen.

Hatte ich schon erwähnt, dass man der Krassy gelegentlich ihr Alter anmerkt?! In diesem Fall äußerte es sich an einem eklatanten Mangel an rechten Winkeln. Ich hätte schwören können, dass man Anfang der 80er Jahre bereits das Geodreieck erfunden hatte, aber scheinbar war den Schweden zu dieser Zeit das Konzept des rechten Winkels noch unbekannt…. Zumindest vermittelte mir dieses unfassbar schlecht zugängliche Fach ganz deutlich diesen Eindruck.

Laut fluchend und wie gesagt bäuchlings auf Herd und Kühlschrank ausgestreckt mit den Zehenspitzen gerade noch am Boden versuchte ich also den Schrank auszumessen. Da Christian, der alte Vermessungsingenieur, leider ein großer Verfechter des Zollstocks ist, wurde diese Aufgabe zusätzlich erschwert. Schon mal probiert einen Zollstock in einer Kiste so auszuklappen, dass man von einem zum anderen Ende messen kann? Ja? Dann habt ihr bestimmt auch festgestellt, dass das ohne weitere Hilfsmittel quasi unmöglich ist! Um mindestens 10 Jahre gealtert kroch ich schließlich mit halbwegs brauchbaren Maßen wieder aus dem Schrank.

Da ich mir absolut nicht sicher war, ob meine krummen Maße passen würden entschied ich mich zunächst ein Pappmodell zu bauen, bevor ich viel Zeit und Material einsetzte um alle Teile aus Holz zuzuschneiden. Das sollte sich noch als weise Entscheidung herausstellen.

In einem Anflug von Eifer hatte ich schon sehr früh Auszüge für die Schubladen in verschiedenen Längen bestellt. Christians Bedingung für mein Projekt war, dass die Schubladen im eingeschobenen Zustand einrasten müssen, damit sie uns nicht beim Segeln versehentlich entgegenknallen. Diese Bedingung war ich gern bereit zu erfüllen, denn auch ich möchte nicht von heranrasendem Basilikum erschlagen werden.

Ich verbrachte also zuhause einen produktiven Nachmittag mit einem Cuttermesser, einer Rolle Paketband, einem sehr stabilen Versandkarton und sämtlichen Maßen inklusive derjenigen von meinen Schiebescharnieren. Nach ein paar Stunden entstand ein erstaunlich stabiles Modell meines geplanten Kastens mit den beiden Schubladen, die dank der rassigen Kurven unserer schwedischen Schönheit unterschiedlich lang werden mussten.

Ein kleines bisschen stolzgeschwellt konnte ich es jetzt kaum noch erwarten wieder zur Krassy zu fahren und auszuprobieren, ob meine Schubladen auch in das verfluchte Fach passen würden.

Sie passten natürlich nicht.

Ein bisschen zu hoch, ein kleines bisschen zu breit, aber in Summe nicht so schlimm. Das ließ sich alles ganz gut korrigieren und ich konnte anfangen aus echtem Holz meine Zuschnitte anzufertigen. Wir besorgten also Sperrholzplatten in unterschiedlichen Dicken im Baumarkt, zeichneten sorgfältig alle Teile an und dann konnte die Stichsäge auch schon ans Werk. Die einzelnen Teile verleimte ich anschließend zu den benötigten Schubladen und zur Sicherung kam auch noch die ein oder andere Schraube ins Holz. Vorsichtshalber erst mal testen, ob alles in das Fach passt bevor es ans Lackieren geht. Also wieder ab zur Krassy und einsetzen. Na ratet mal….

Es passte wieder nicht.

Man kann einfach nicht oft genug erwähnen, wie krumm unser altes Boot ist. Die Seiten meines Staufachs aus der Hölle waren doch tatsächlich nicht ganz parallel! Im hinteren Bereich musste ich also meinen Kasten um ca. 2 mm schlanker machen. Klingt wenig, dauert aber ewig es abzuschleifen. Nach endlosen Runden des Schleifens und Einpassens rutschte mein Konstrukt endlich an den vorgesehenen Platz. Na Hallelujah!

Da an echtes Mahagoni aus guten Gründen nur schwer ranzukommen ist, hatte ich eine schöne Lasur gekauft. Für ein Projekt, das sich die meiste Zeit im Schrank versteckt ist das absolut ausreichend. Ein paar schichten Lasur und Lack später konnte ich die Auszüge einbauen und mein Kasten war endlich fertig.

Bei unserem Rewe um die Ecke fand ich noch dazu die perfekten Gewürzgläser für meine neue Schublade. Ich organisierte also alle Gewürze, die ich normalerweise so brauche (ja, Christian, man braucht schon etwas mehr als nur Salz, Pfeffer und Chilipulver!) und ordnungsgemäß erhielt jedes Glas eine Beschriftung.

Die Schubladen haben wir jetzt schon eine ganze Weile in Gebrauch und ich bin immer noch begeistert! Manchmal lohnt es sich auch für solche vermeintlichen Kleinigkeiten ein wenig Zeit und Liebe zu investieren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.