Fredericia, Dänemark
Wir haben uns das so schön gedacht: Wir fahren ganz entspannt über die Ostsee zurück, haben ja noch etwas Zeit, und die paar Meilen sind in ein paar gemütlichen Tagesetappen abgefrühstückt. Zum Abschluss also noch einmal Segelurlaub in der Ostsee.
Den Plan haben wir allerdings ohne die Ostsee gemacht. Denn die zeigt sich von ihrer herbstlichen Seite, mit ordentlich Wind – und dann auch noch von vorne. Donnerstag sollte der Wind uns eine Chance geben, vom Ausgang des Limfjords ein Stück weit nach Süden zu gelangen. So ging das direkt im Morgengrauen unter Motor los, und zum Nachmittag sah es in der Prognose so aus, als würden wir ein Stück der Strecke nach Grenaa auch noch segeln können.


Daraus ist dann allerdings nichts geworden. Als der Wind aufbriste, tat er das – natürlich – direkt von vorne, die versprochene Drehung auf Südwest blieb aus. Wir versuchten trotzdem eine Weile lang zu segeln, und ärgerten uns schnell über den schlechten Kurs, den wir anliegen konnten. So würde die Ankunftszeit mitten in der Nacht liegen.
Also ging der Motor wieder an, allerdings funktionierte blöderweise die verdammte Seewasser-Zirkulation wieder nicht. Wir fuhren eine Wende und starteten den Motor auf dem anderen Bug erneut – jetzt sprudelte es wie gewohnt. Auf diesem Bug liegt der Auspuff unten, die Steigung im Wassersammler / Schalldämpfer ist geringer und die nötige Hubhöhe kleiner. Scheinbar schafft es die Wasserpumpe nicht mehr zuverlässig, den nötigen Druck aufzubauen, um das Kühlwasser durch die Auspuffanlage zu drücken. Langsam nervt‘s!
Wenn er aber einmal läuft, der Jockel, dann läuft er auch. Also Hebel auf den Tisch und Kurs Süd. Und nun sahen wir, warum unser Kreuzwinkel so spektakulär schlecht war. Es herrschte eine Gegenströmung von gut 2kn! Auf der Nordsee rechnet man damit, und weiß, dass sich das Blatt in spätestens sechs Stunden wendet, aber auf der Ostsee hatten wir das nun gar nicht auf dem Schirm. Dass in den Belten oder im Sund, also den Engstellen der Ostsee, stärkere Strömung auftreten kann ist ja klar. Aber ausgerechnet an dieser Stelle, an der das Kattegat gut 60sm breit ist?! Tja, man lernt nie aus. Der tagelange Südwind schiebt halt jede Menge Wasser nach Norden. Irgendwann muss die Ostsee doch leer sein…
Wenn wir gegen den Wind kreuzen, können wir davon ausgehen, dass wir 3, mit Glück vielleicht 3,5 Knoten gegen den Wind realisieren. Das ist langsam und anstrengend. Wenn jetzt noch Gegenströmung herrscht, kann man es eigentlich auch gleich sein lassen. Dann gilt das Motto: „Besser schlecht motort als gut gesegelt“.
So quälten wir uns die letzten paar Meilen nach Grenaa und kamen rechtzeitig an, um in einem echt guten Sushi-Restaurant ein tolles all-you-can-eat zu genießen. Das hatten wir uns verdient. Jetzt stand für uns erstmal eine Zwangspause an. Freitag und Samstag wehte es ordentlich, natürlich aus Süd, und kein einziger Hafen ließ sich für uns sinnvoll anlaufen. Der Hafen von Grenaa ist übrigens echt Mist. Der Hafen bietet kaum Schutz, der Wind weht dort ungebremst durch, und der Hafen ist so bekloppt geplant, dass der vorherrschende Südwest-Wind eigentlich immer seitlich auf die Liegeplätze weht.



Wir verdödelten also zwei weitere Tage am Boot, und ich ergriff die Gelegenheit, noch einmal nach dem Motor zu sehen. Mir ist nämlich beim Spülen des Systems in Aalborg aufgefallen, dass der Deckel der Impellerpumpe etwas angefressen war. Der rotierende Impeller hat sich im Laufe der mittlerweile 900 Betriebsstunden des Motors allmählich in den Pumpendeckel hereingefressen. Das kann laut Web-Recherche wohl auch ein Grund dafür sein, dass die Pumpe nicht den nötigen Druck aufbauen kann.
So schliff ich in mühseliger Arbeit den Deckel wieder mehr oder weniger plan. Es wäre wohl einfacher gewesen, den Deckel einfach umzudrehen und nur den Lack der Außenseite abzuschleifen, aber ich hatte ja sonst nichts zu tun. Der Zustand des Deckels war jedenfalls in der Kategorie: „Es kann nur besser werden“. 100% plan ist er sicher nicht, aber deutlich besser als vorher ist es allemal. Mal sehen, ob wir jetzt endlich Ruhe haben.


Gestern gab es die nächste Wind-Pause. So ging das mit dem ersten Tageslicht los, und wir quälten uns gegen den allmählich nachlassenden Wind und die Strömung weiter nach Süden. So musste der Motor gute 13 Stunden hart arbeiten, und wir erreichten nach 67sm über Grund und zehn weiteren durchs Wasser am Abend Fredericia im kleinen Belt. Tja, Segeln ist nicht, und nach Urlaub fühlt sich das auch gerade nicht an.
Wir mussten uns entscheiden, ob wir durch den großen Belt oder den kleinen Belt fahren würden. Die Strecke durch den großen Belt wäre etwas kürzer, durch den kleinen Belt hätten wir aber bis Kiel Landabdeckung und wir würden bei Südwest-Wind besser vorankommen.
Nun haben wir aber wieder Zwangspause. Der erste offizielle Herbststurm zieht gerade über die Nordsee und beschert uns auch hier ordentlich stürmischen Wind. So fuhren wir heute mit den kostenlosen Bussen in die Stadt, bummelten etwas durch die Geschäfte und kehrten in einem netten Café ein. Tja, und nun, kurz vor ihrem 40. Geburtstag, mussten wir Steffi tatsächlich eine Lesebrille organisieren. Sie hat immer mehr Schwierigkeiten, kleine Schrift zu lesen oder beim Stricken die einzelnen Maschen zu erkennen. Der Zahn der Zeit beginnt zu nagen…

Wir werden sehen, ob es morgen weiter gehen kann oder erst übermorgen. Jedenfalls sind wir jetzt nur noch zwei entspannte Tagesetappen von Kiel entfernt. Wir planen, am Samstagnachmittag (20. September) in unserem Heimathafen bei der SVC in Cuxhaven einzulaufen und dort unsere großartige Reise zu beenden. Wir sind sehr optimistisch, dass das auch klappt, aber wie das beim Segeln nun einmal so ist: Nichts genaues weiß man nicht. Wir halten euch auf dem Laufenden!
Moin,
als eingefleischter Segler, dem die Benutzung der Maschine ein Graus ist, fühle ich mit Euch.
Moin,
die Gegenströmung bei Fornaes bei S-lichen Winden hatte ich auch schon 2mal. Da kommen dann abenteuerliche Wendewinkel ‚raus und die Betrachtung des Tracks auf dem Plotter ist der reinste Horror.
Wir hatten am Sonnabend zum Absegeln auch reichlich Wind: bis 28 kn bei Neuwerk. Durch den Schutz der Watten allerdings easy. Abends wurde es bei mehreren kräftigen Schauern so richtig muckelig im Zelt …
Alles Gute für den weiteren Weg aus der schönsten Stadt der Welt – momentan allerdings etwas windig und feucht … ,
Jürgen
Moin Jürgen,
ja, das Absegeln haben wir leider verpasst. Aber schön, dass ihr eine tolle Ausfahrt und einen schönen Abend hattet, auch wenn das Wetter durchwachsen war! Wir freuen uns jetzt auf ein paar hoffentlich schöne letzte Etappen und auf unsere Rückkehr in die SVC.
Liebe Grüße!
Moin,
willkommen zurück – nun ja, noch nicht ganz, aber das Gröbste habt Ihr doch gut geschafft.
Sah für mich so aus, als ob Ihr gestern und heute den Westwind max. ausgenutzt habt – wenn Windy denn so halbwegs richtig lag.
Eine entspannte Kanalfahrt und anschließend noch ein paar letzte ebenso entspannt gesegelte Meilen bis nach Hause,
Jürgen
Moin Jürgen,
vielen Dank, wieder zurück in good old Germany.
Windy hat schon gut hingehauen, nur waren die Böen zum Glück nicht so stark wie vorhergesagt. Das war vor allem heute noch einmal richtig tolles und rekordverdächtig schnelles Segeln.
Unserer Ankunft am Samstag Nachmittag sollte jetzt nichts mehr im Wege stehen. Wir würden uns freuen, wenn du auch dabei wärst, um mit uns den Abschluss unserer Reise zu feiern.
Liebe Grüße!