Fort William, Schottland
Schottland ist toll! Islay hat uns ja bereits landschaftlich und genusstechnisch einen exzellenten Einstand beschert. Und an dieser Stelle möchte ich mich einmal ganz klar von der Verunglimpfung des feinen Islay-Whisy als verbrannte Blumenerde distanzieren. Schweren Herzens musste ich mich dann auch losreißen, obwohl die Insel noch so viele edle Tropfen zu bieten hat, die ich nur zu gerne probiert hätte.
Aber Show must go on, so warfen wir am Freitag am frühen Nachmittag die Leinen los und segelten nach Norden, hinein in den Sound of Jura. Unser Ziel war die Lussa Bay, eine Ankerbucht an der Nordostseite der Insel Jura. Wir hatten im Windschatten der Insel deutlich mehr Wind als erwartet. Man weiß hier nie genau, woher der Wind kommt und wie stark er sein wird. Er strömt zwischen den Inseln lang, kann aber auch über die Inseln durch ein Tal beschleunigen usw. So fährt man von der totalen Flaute plötzlich in einen Starkwindbereich, um kurz darauf wieder in einer Flaute zu stecken. Ein bisschen wie Baggersee-Segeln. Und dazu kommen noch mitunter sportliche Gezeitenströme. Sicher kein einfaches Revier.


Dank dieser Landeffekte gesegnet mit viel Wind kamen wir gut voran und die Strömung half auch noch mit. Wir lagen am Abend mit nur zwei weiteren Booten in der Bucht, die umringt war von Felsen, Wiesen und einem kleinen Strand. Ständig guckte ein Seehundkopf aus dem Wasser, und auf der Wiese konnten wir tatsächlich wilde Hirsche beim Grasen beobachten. Das war mal eine Wildlife-Begegnung, die wir bisher noch nicht hatten! Wir lagen so ruhig, dass man fast vergessen konnte, dass wir uns vor Anker befinden und nicht in einer geschützten Marina. Beim morgendlichen Blick nach draußen staunten wir nicht schlecht, denn plötzlich saß eine Kuhherde am Strand und genoss die Abkühlung durch das auflaufende Wasser. Die Hirsche hatten sich nun auf die Felsen neben der Bucht verholt.








Ganz begeistert von diesem Ankerplatz, der bei all den Orten, die wir bisher besucht hatten, ganz weit oben steht, lichteten wir wieder einmal nachmittags den Anker, um weiter nach Norden zu fahren. Schottland verwöhnte uns mit allerbestem Sommerwetter. Sonne satt, im Schatten aber dennoch angenehm kühle Temperaturen, aber auch totale Windstille.
Trotzdem war die Fahrt recht spannend. Wir mussten nämlich am Gulf of Corryvreckan vorbei, der sehr berüchtigten Engstelle zwischen den Inseln Jura und Scarba. Hier zieht eine enorme Gezeitenströmung durch, die durch den unebenen Untergrund verwirbelt wird, so dass es zu stehenden Wellen und brechenden Seen kommen kann. Bis zu 8,5 Knoten kann die Strömung hier im „Tidal Race“ betragen, da wären wir mit unserer bescheidenden Marschgeschwindigkeit schnell unkontrolliertes Treibgut. Die Seekarten und Revierführer warnen auch explizit davor, die Engstelle zu befahren, wenn man keine „Local Knowledge“ besitzt, und wenn überhaupt, dann natürlich nur zu Stillwasser, zu „Slack Tide“.
Und wir wollten noch nicht einmal durch die Engstelle durchfahren, sondern nur an ihr vorbei. Wir planten, die Passage so zu timen, dass wir in etwa zu Stillwasser da wären, um so nicht am Ende in die Engstelle reingesogen zu werden. Wir waren etwa eine Stunde zu früh dran, so hatten wir also noch Strömung, die aus dem Gulf of Corryvreckan herausströmte und abgefahrene Wirbel bildete, durch die wir uns durchquälen mussten. Unter Motor machten wir 6 Knoten durchs Wasser, über Grund fiel unsere Geschwindigkeit stellenweise auf bis zu 1,2 Knoten ab. Den Kurs zu halten war dabei eine echte Herausforderung. Dass es so wild werden würde, hatten wir allerdings nicht erwartet. Wir hatten fast Slack Tide, es gab keinerlei Wind oder Wellen, und die Springzeit war auch schon vorbei. Gute Planung ist hier wirklich essenziell, und eine Passage bei wilden Wind- und Seebedingungen während der halben Gezeit scheint so völlig undenkbar.


So hatten wir eine echt interessante Überfahrt und kamen am Abend in Oban an, einem malerischen und sehr touristischen Städtchen am schottischen Festland. Wir gönnten uns ein leckeres Abendessen in einem tollen indischen Restaurant, und verschoben die Stadterkundung auf Sonntag. Momentan stehen die Gezeiten nämlich so, dass wir sehr früh oder sehr spät starten müssen, und wir sind definitiv Team Langschläfer! So tingelten wir am Sonntag noch etwas durch den Ort und die Geschäfte, gönnten uns einen Drink in einem netten Café und organisierten uns einen Mittags-Snack bei einer Seafood-Bude. Und die war echt der Knaller! Von Austern über Fisch-Sandwiches und Miesmuscheln hin zu riesigen Seafood-Platten mit Hummer, Krebsen und Garnelen wurde so einiges geboten, und das zu wirklich günstigen Preisen. Entsprechend gut besucht war der Laden dann auch. Für mich gab es eine große Portion Miesmuscheln für gerade mal 6 Pound Sterling, dazu eine Auster (der feine Herr), und für Steffi einen schönen Garnelensalat. Lecker!









Gut gestärkt und bestens aufgelegt verließen wir Oban zum späten Nachmittag, um wieder einmal eine Ankerbucht anzusteuern. Die Sonne und Windstille hielt sich wacker, also motorten wir die paar Meilen nach Port Ramsay auf der Insel Lismore. Wir erreichten eine rundum geschützte Ankerbucht, in deren Eingang wir von ein paar Seehunden begrüßt wurden, die entspannt auf einem Felsen lagen. Und wieder teilten wir die Bucht nur mit zwei weiteren Booten. Das Wasser war so ruhig, dass es aussah, als würden wir auf einer Glasscheibe sitzen. Das in Verbindung mit der untergehenden Sonne und absoluter Stille, war einfach nur unglaublich schön. Als wir nachts einmal den Kopf rausstreckten, stellten wir fest, dass sich sogar der Sternenhimmel im Wasser spiegelte. Klar tut er das, aber wann sieht man das schon? Für uns war das jedenfalls eine weitere Premiere.













Wir können echt nicht sagen, welche Ankerbucht wir hier nun schöner fanden. Und dabei kratzen wir nur an der Oberfläche. Es gibt so viele Inseln, und so viele Kilometer Küstenlinie, dass man hier wahrscheinlich ein ganzes Segler-Leben verbringen kann, ohne sich zu langweilen. Wir sind von Schottland jedenfalls richtig begeistert!
Heute Morgen ging es dann zur Abwechslung mit der frühen Gezeit weiter (immer noch bei Sonne satt und ohne Wind), nun liegen wir in Fort William und haben auch schon eine kleine Erkundungstour gemacht. Fort William ist ganz nett, aber nichts im Vergleich zu Oban. Wir haben aber eine nette Taverne gefunden, in der es klassisches schottisches Essen gibt. Das war die Gelegenheit, einmal Haggis zu probieren. Im Prinzip sind das Schafsinnereien, gekocht mit Haferflocken und ein paar anderen Zutaten in einem Schafsmagen. Umgestülptes Schaf also. Hört sich komisch an, schmeckt aber ganz lecker, ein Bisschen wie Leberpastete. Serviert mit Kartoffelpüree und einer Art Rübenkompott.



Für morgen haben wir die Einfahrt in den Caledonian Canal geplant. Man kauft hier ein Wochenticket für einen definierten Zeitraum. So hat man einen fixen Einfahrts- und Ausfahrtstag, und somit reichlich Zeit um die ca. 50sm, 29 Schleusen und 11 Brücken des Kanals zu bewältigen. Die Anlegestellen im Kanal sind im Preis inbegriffen. Wir freuen uns sehr auf dieses weitere Abenteuer und werden natürlich ausführlich davon berichten!
Hallo, Steffi hat den Whisky nun wirklich nicht verunglimpft, sie hat lediglich die Tatsachen beschrieben, die für den sehr viel feineren und geschmacksempfindlichen weiblichen Gaumen nun mal so sind. 😁 Die Landschaft ist jedenfalls herrlich und das Wetter gar nicht so, wie man sich Schottland sonst vorstellt.
Liebe Grüße aus Bremen
Na, also da würde ich sagen: das hast du genau richtig erfasst! 😅 Für feinsinnige Geschmacksnerven ist Christian nicht gerade bekannt…
Viele liebe Grüße nach Bremen, Steffi
9. S. : Ich mag auch keinen Haggis (Schaf brrrr!), aber ich esse ja auch keinen Knipp.