Angra do Heroismo, Terceira, Azoren,
Nachtrag
Wenn es euch irgendwann mal auf die Azoren verschlagen sollte, dann solltet ihr zwei Dinge mögen: Wandern und Fleisch. Auch wenn es hier ein paar Badestellen und sogar einige wenige Strände gibt, sind das hier keine klassischen Sonnen- und Strandinseln. „Four seasons in a single day“ ist einer der Leitsprüche, mit denen die Inseln gerne vermarktet werden, und das trifft auch in etwa zu. Je nachdem, woher der Wind weht, hüllen sich große Teile der Inseln in Nebel, an einer Stelle regnet sich eine Wolke ab, und ein paar Kilometer weiter scheint die Sonne.
Terceira hat uns schon bei unserer letzten Tour in ihren Bann gezogen, und auch diesmal genießen wir es sehr, hier zu sein. Die ersten beiden Tage ließen wir etwas die Seele baumeln, ließen uns durch die wunderschöne Stadt treiben, die übrigens auch UNESCO Weltkulturerbe ist, genossen das leckere Gebäck und den guten Kaffee zu im vergleich zu den USA spektakulär günstigen Preisen, und wir erkundeten den Monte Brasil, eine kleine Halbinsel direkt am Stadtrand mit Befestigungsanlagen und tollen Ausblicken auf das Meer und die Nachbarinseln.


















Wir organisierten uns für ein paar Tage einen kleinen Mietwagen, um flexibler zu sein und vor allem, um die Startpunkte von verschiedenen Wanderungen besser (bzw. überhaupt) erreichen zu können. Denn nachdem wir uns am Atlantik drei Wochen lang den Hintern plattgesessen hatten, hatten wir etwas ernsthafte Bewegung dringend nötig. Es gibt hier viele tolle und gut ausgezeichnete Wanderwege, und dank des gemäßigten Klimas ist man nicht schon nach drei Schritten nass geschwitzt.
Unsere erste Wanderung führte uns ziemlich genau zur Mitte der Insel. Sie ist die beliebteste, und wohl auch schwierigste Wanderung der Insel: Misterios Negros. Der Weg führte uns zunächst durch Wiesen und Büsche, bis die Vegetation allmählich dichter wurde und wir über Zweige und Wurzeln klettern mussten, später auf schwarzem Lavagestein einen Hügel hoch, und zuletzt durch einen dichten Nadelwald wieder zurück. Es war neblig und nieselig, was uns alte Outdoor-Hasen nicht abgeschreckt hat, ganz im Gegenteil hat das Wetter der Szenerie eine ganz nette Dramatik beschert. Im Nachhinein ist uns aufgegangen, dass wir genau diese Wanderung letztes Mal auch gemacht haben, aber manche Dinge kann man ja durchaus mal wiederholen…








Weil uns die Bewegung noch nicht ganz ausgereicht hat und wir mal wieder etwas Sonne vertragen konnten, fuhren wir noch am selben Tag zur Nordküste hoch, wo ein einfacher Pfad vor allem entlang kleinerer Straßen durch das Weinanbaugebiet um Biscoitos führte und ein paar Blicke auf die schroffe Nordküste Terceiras ermöglichte. Anschließend belohnten wir uns in einer exzellenten Bäckerei mit etwas Kaffee und Gebäck.



Zum Abendessen hatten wir an diesem Tag etwas ganz besonderes geplant, worauf wir uns schon lange gefreut hatten, und was mit ausschlaggebend dafür war, dass wir wieder nach Terceira gefahren sind: Die Taberna Roberto. Dieses großartige Restaurant war ein Zufallsfund auf unserer letzten Reise. Nach einer Wanderung (eben dieser Wanderung, die wir jetzt doppelt absolviert haben) hatten wir Kohldampf und sind ins nächstbeste Restaurant gefahren, das Google angezeigt hat. Was für ein Glücksgriff. Roberto nahm uns herzlich in Empfang, musste uns aber mit dem Essen noch etwas vertrösten. Das Fleisch sei noch nicht fertig. Kurzerhand nahm er uns mit in die Küche, und zeigte uns ein paar Lavasteinöfen, in denen Rippchen bei niedriger Temperatur schon seit Stunden garten, und die würden erst in einer Stunde fertig sein. Wir beschlossen zu warten und bekamen letztendlich ein Abendessen serviert, das sich bei uns beiden als das beste Essen der gesamten Reise eingebrannt hat und das dazu auch noch so günstig war, dass wir am Ende ein außergewöhnlich dickes Trinkgeld draufschlugen. Roberto setzte sich auch noch zu uns um zu klönen, und war ganz begeistert, als er hörte, dass wir mit dem Segelboot hergekommen sind.
Nun, sieben Jahre später, ist die Taberna Roberto eine echt große Nummer geworden. Während sich damals außer uns kaum Touristen hierhin verirrten, ist die Kundschaft inzwischen sehr international geworden und ohne Reservierung geht kaum etwas. Roberto und sein Team kommen aber immer noch mit einer Herzlichkeit daher wie damals. Der Chef nimmt sich Zeit für jeden Gast, und als wir ihm erzählten, dass wir vor sieben Jahren schon einmal da waren, war er ganz aus dem Häuschen und sagte, er hatte, als wir den Laden betreten hatten, auch irgendwie den Eindruck gehabt, uns vorher schon einmal gesehen zu haben. Kurzerhand nahm er uns vor den sparsamen Blicken der anderen Gäste wieder mit in die Küche, wo er uns seiner Frau vorstellte, die dort fleißig bei der Arbeit war.






Damals gab es nur Rippchen oder Fisch, und heute bestellt man eher a la Carte. Das Essen war aber wieder ein ganz besonderes Highlight, die Qualität hat in keinster Weise unter der neu gewonnenen Bekanntheit gelitten, und wir ließen es auch ordentlich krachen. Mittlerweile ruft Roberto aber auch für die Azoren echt hohe Preise ab. Das kann er machen, weil das Essen wirklich großartig ist, und weil nun vor allem zahlungskräftige Touristen ihren Weg zu ihm finden. Eine echte Erfolgsgeschichte mit dem Haken, dass sich viele einheimische Stammgäste von damals den Luxus heute wahrscheinlich nicht mehr leisten können.
Robertos Frau hat uns noch erzählt, dass am selben Abend eine kleine Parade im Ort stattfinden sollte, bei der ihre Tochter wohl als Prinzessin eine wichtige Rolle einnehmen würde. Während wir im Restaurant saßen, wurde draußen die Straße geschmückt, und als wir heraustraten, fanden wir eine gut bevölkerte Straße vor, auf der ein roter Teppich ausgebreitet wurde. Der ganze Ort war in fröhlicher Erwartung der Parade auf den Beinen und wir gesellten uns dazu. Eröffnet wurde die Parade von den freiwilligen Organisatoren, gefolgt von ein paar schönen Oldtimer-Cabrios, in denen aufwändig zurecht gemachte Kinder saßen die so wirkten, als hätten sie sich schon lange auf diesen Moment gefreut und vorbereitet. Und als die ersten Cabrios den roten Teppich erreicht hatten, fing es an zu regnen. Zunächst nur ein wenig, aber es wurde immer mehr. Am Ende war der Regen so stark, dass die ersten Leute die Flucht ergriffen, und dass auch wir, schon gut durchnässt, zum Auto fliehen mussten. Echt schade.


An den nächsten beiden Tagen standen wieder größere Wanderungen an. Zunächst eine Runde durch saftig grüne Weidelandschaften, bei denen jede Menge Rindviecher zu bestaunen waren, einschließlich einiger kapitaler Stiere, die sicher auch den einen oder anderen Auftritt bei den von Steffi beschriebenen Stierkämpfen hatten. Der Weg führte noch an ein paar Schwefelquellen vorbei, von denen man eine tiefe Nase nehmen konnte, und führte an einer Straße entlang zurück zum Ausgangspunkt.


















Die nächste Tour führte uns auf den Rand einer Caldera mit tollen Ausblicken und einigen steilen Kletterpassagen. Auf dem Weg, auf dem uns die Wander-App führte, fanden wir plötzlich ein verschlossenes Tor vor. Dass man Türen oder Tore öffnen oder schließen muss, kommt ja gelegentlich vor, aber das war mit einem dicken Vorhängeschloss so eindeutig verschlossen, dass wir uns nicht trauten, einfach darüber zu klettern. Wer weiß, vielleicht wartet da ja der eine oder andere Stier hinter der nächsten Ecke. Wir mussten also eine Umleitung nehmen, die den abgesperrten Bereich umgeht, und die führte uns über mehrere Weiden einen Hügel hinauf, auf dem sich zum Glück kein Rindvieh aufgehalten hat. So fanden wir letztendlich wieder den offiziell ausgeschilderten Wanderweg und waren wieder „on Track“.










Wir haben auf Terceira so gut wie gar nicht selbst gekocht. Die Restaurantpreise sind immer noch so niedrig, dass wir mit einer Suppe vorweg und einem Kaffee hinterher, oft noch mit einer Flasche Wein dabei, etwa vierzig Euro auf der Rechnung stehen hatten. Als Vegetarier hat man hier aber echt verloren. Die Küche ist fleisch- und fischlastig, und wer das mag, ist hier echt im kulinarischem siebten Himmel. Eine ganz besondere Erfahrung war eine Alcatra, so etwas wie das Inselgerischt Terceiras schlechthin. Das ist eine Art Eintopf in einem Tongefäß. Die Basis ist in der ganz klassischen Version Ochsenschwanz, es gibt aber auch eine Alcatra mit Rindfleisch, Lamm oder gar Fisch. Das Fleisch wird wieder sehr lange im Tongefäß gegart, und man isst die Alcatra klassischerweise mit einem speziellen süßen Brot.
Wir entschieden uns für die Ochsenschwanz-Version, und die hatte es in sich! Geschmacklich war sie echt super, aber fettig ohne Ende. In unserer Schüssel schwamm bestimmt ein Zentimeter hoch Fett über dem Inhalt, und darunter war eben der gegarte, und echt gut gewürzte Ochsenschwanz. Das war aber nicht gerade das, was wir erwartet hatten. Wir hatten eine Art Eintopf auch mit Gemüse oder Kartoffeln erwartet. Lecker war‘s auf jeden Fall, allerdings lag uns das Essen dann doch etwas länger schwer im Magen und machte zur Abwechslung mal Lust auf einen schönen Salat. Irgendwann stößt die Fleischeslust dann doch an ihre Grenzen.