Habemus Liegeplatz

Angra do Heroismo, Terceira, Azoren

Christian hat in letzter Zeit das Blog-Schreiben für sich entdeckt, aber heute bin ich mal wieder dran. Ein bisschen Abwechslung muss sein. 

Nach unserer reichlich nervigen Ankunft in Horta brauchten wir beide einige Tage um den Ärger und Frust abzuschütteln. Es ist schon erstaunlich, wie nachhaltig einem das blöde Verhalten anderer Leute die Laune vermiesen kann. Besonders ich kann sowas manchmal schlecht abschütteln und auch dieses Mal wurmte mich die Begegnung mit der Furie von Nachbarboot noch erschreckend lange. Ihr kennt das vielleicht, meist ärgert man sich dabei am meisten über all die Dinge, die man in diesem Moment nicht gesagt hat…

Normalerweise fällt man nach einer so langen Reise mit so wenig Schlaf nach der Ankunft in die Koje und schlummert wie ein Toter. Diesmal nicht, es dauerte zwei Nächte, bis wir überhaupt wieder schlafen konnten. Ob das am durcheinander geratenen Schlafrhythmus, dem ultra-starken Espresso nach einem üppigen Abendessen oder der noch nachwirkenden Aufregung der Ankunft lag, wissen wir nicht. Aber wir schleppten uns in den ersten beiden Tagen noch recht müde durch Horta, bis wir in der dritten Nacht dann endlich den Tiefschlaf bekamen, den wir schon lange erwartet hatten. 

Nach unserer Ankunft standen für uns aber erst mal einige To Dos auf der Liste. Die Krassy hatte nach der wilden Überfahrt eine Salzkruste wie ein Pökelfisch und brauchte dringend mal eine ordentliche Dusche. Egal wo man hin fasste, hinterher klebte man voller Salzkristralle. Unser freundlicher Nachbar lieh uns seinen Wasserschlauch, den wir über drei Boote hinweg zur Krassy verlegten und endlich konnten wir das Salz abspülen. Was für eine Wohltat! 

Als nächstes stand dann eine Großladung Wäsche an. Ihr erinnert euch vielleicht, dass wir es – schon wieder – geschafft haben unsere Bugkajüte mit Seewasser zu fluten. Bettwäsche, Klamotten und jede Menge Handtücher mussten also dringend in die Waschmaschine. Der Hafen in Horta hat zwar ein paar Waschmaschinen, aber die sind uralt und sehen nicht gerade einladend aus – nicht mal für Schmutzwäsche… Wir suchten uns also einen modernen kleinen Waschsalon in der Stadt, schleppten die prall gefüllten Wäschesäcke von Bord und machten uns auf den Weg. Kleinigkeiten wie Wäsche waschen, die man zuhause mehr oder weniger nebenbei erledigen kann, sind unterwegs eine tagesfüllende Angelegenheit. In einem Waschsalon zu sitzen und auf das Piepsen der Waschmaschine zu warten ist die ultimative Entschleunigung. 

Und wenn man Glück hat, dann kann man dabei sogar noch nette Leute kennenlernen. Wie in unserem Fall: Moni und Edmund waren nämlich ebenfalls gerade dabei Wäsche zu waschen und so kamen wir ins Gespräch. Edmund hatte seinen Katamaran Coolree gerade einhand aus Bermuda hergesegelt und dabei keine allzu gute Zeit gehabt. Jede Menge Sturm, Schäden und Flauten hatten ihm die Überfahrt mehr als schwer gemacht. Moni kam per Flieger auf die Azoren und zusammen wollen die beiden nun weiter Richtung Algarve. 

Nach unserer Begegnung im Waschsalon trennten sich unsere Wege zunächst, aber in einem Nest wie Horta trifft man sich zum Glück immer mal wieder, sodass wir vorgestern noch einen richtig netten Abend zusammen auf der Krassy verbringen konnten. Es ist immer wieder schön, wie leicht man beim Segeln neue Bekanntschaften machen und interessante Leute kennenlernen kann! 

Damit unsere Krassy auch für ihre vorerst letzte größere Überfahrt gerüstet ist, tauschten wir noch eine Reffleine aus, spendierten dem Windpiloten neue Steuerungsleinen (in der Hoffnung, dass diese nicht mehr so elendig quietschen) und der Motor bekam einen frischen Impeller. Unsere Wasser- und Dieseltanks füllten wir randvoll und auch die Lebensmittelvorräte haben wir wieder aufgefüllt. Theoretisch waren wir also „ready to go“, erst mal nach Terceira, wo ja noch immer unser neuer Druckminderer auf uns wartete, falls wir dort keinen Liegeplatz bekämen würde es nach einer Nacht vor Anker aber auch direkt nach Irland weiter gehen. 

Aber unsere Tage in Horta waren auch nicht nur Arbeit und Frust. Den Ärger haben wir mittlerweile abgeschüttelt und so konnten wir die Zeit auch ein wenig genießen. Ein besonderes Highlight war neben den vielen netten Menschen, die wir hier kennengelernt haben, auch die „Horta White Experience“, ein Festival mit viel Live-Musik. Das besondere dabei: alle Gäste werden gebeten in weiß gekleidet zu erscheinen. Zusammen mit der umfangreichen Deko in der ganzen Stadt und einer Schwarzlichtbeleuchtung sah das ziemlich cool aus! In der Stadt waren verschiedene Bühnen aufgebaut, wo zwei Live-Bands und ein DJ für Stimmung sorgten. An kleinen Ständen bekam man frisch gezapftes Bier für den sagenhaften Preis von 1 Euro, dazu gab es ein paar Snacks und jede Menge gute Stimmung. Eine rundum gelungene Veranstaltung! 

Außerdem versüßte uns ein Videoanruf von unserem alten Segelkameraden Ludger und seiner wunderbaren Mitseglerin Simone den Tag. Mit den beiden hatten wir ja ausgiebig die spanischen Rías erkundet und nun ist Simone wieder bei Ludger an Bord. Über diesen Anruf freuten wir uns ganz besonders, denn diese zwei tollen Menschen noch mal im Doppelpack zu bekommen hatten wir so schnell nicht erwartet. 

Gestern Nachmittag wollten wir dann endlich die Leinen loswerfen und starteten den Motor um ihn schon mal ein bisschen warm laufen zu lassen. Klang komisch und unser Routine-Kontrollblick zeigte: der äußere Kühlkreisklauf förderte kein Wasser! Was war denn jetzt schon wieder los?! Uns saß ein bisschen die Zeit im Nacken, denn auch unser Nachbar im Päckchen wollte los und für den mussten wir früher oder später Platz machen. Wir checkten also noch mal den Impeller: die Wasserpumpe funktionierte, aber das Seewasserfiltergehäuse blieb beharrlich leer. Lässt man den Motor zu lange ohne Wasserkühlung laufen kann es zu Überhitzung und Schäden kommen. Wir mussten hier also vorsichtig sein und den Motor immer nur kurz starten, damit der Impeller nicht irgendwann trocken lief. Wir überprüften alle Schläuche, Verbindungen und was auch immer wir noch als mögliche Ursache in Betracht zogen, aber nichts half. Selbst als wir das Filtergehäuse mit Wasser auffüllten hielt sich eine Luftblase hartnäckig im System und die Pumpe schaffte es einfach nicht Seewasser anzusaugen. Da war er wieder: der Frust. Christian ging also zu einem unserer Bootsnachbarn, ein netter Typ namens Noel mit einer riesigen Amel, der kurz darauf zu uns an Bord kam und mit uns zusammen weiter fachsimpelte. Als wir nach mehreren fruchtlosen Versuchen dann noch mal Wasser in den Filter gossen und diesen fest verschlossen schien sich endlich das ersehnte Vakuum zu bilden und die Pumpe lief wieder wie gewohnt. Hallelujah! Woran genau es lag wissen wir nicht, aber ganz offensichtlich war Luft ins System geraten, als Christian kurz zuvor den Filter gereinigt hatte. 

Naja, wir konnten endlich los, zwar eine Stunde später als geplant, aber das kam uns letztendlich noch zu gute. Trotz einer eher mauen Windprognose kamen wir in der Nacht zwischen den Inseln gut voran, gelegentlich sorgte die Insel São Jorge für einen Windschatten, sodass der Motor ran musste, aber insgesamt waren wir flott unterwegs. So schnell sogar, dass wir in der Früh noch mal Tempo rausnehmen mussten um nicht zu früh im Hafen anzukommen. 

Wie mit dem Hafenmeister vereinbart legten wir uns also erst mal an den Rezeptionssteg und Christian konnte das Wichtigste erledigen: unser Paket mit dem neuen Druckminderer abholen. Einen Liegeplatz bekamen wir dann auch noch und wunderten uns doch sehr über die vielen freien Plätze im Hafen… Immerhin können wir ein paar Tage bleiben und die Insel erkunden. Endlich können wir vor allem auch einfach von Bord gehen ohne über 2 andere Boote klettern zu müssen. Mag wie eine Kleinigkeit klingen, ist aber ein schönes Gefühl! 

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2 thoughts on “Habemus Liegeplatz

  1. Was für eine coole Idee, ein Festival ganz in weiß und damit viel sauberer als die Breminale, wie Armin feststellen musste. So habt ihr noch eine besonders schöne Erinnerung an die Azoren. Aber nun, it’s a long way to Tipperary (besonders, da es auf dem Festland liegt), wir sind gespannt, wann ihr ankommt.
    Liebe Grüße von Armin und Anja

    1. Oha, wir haben ganz vergessen, euren Kommentar zu moderieren. Hups. Mittlerweile sind wir ja schon ganz schön nah dran an Tipperary. 😂

      Auf Terceira gab es übrigens auch so ein Fest ganz in weiß, das ist letztendlich leider dem einzigen größeren Regenschauer zum Opfer gefallen…

      LG!

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