Schon wieder auf See

46°06.0‘N, 017°27.0‘W
Wir waren ganz schön schreibfaul in der letzten Zeit, und dabei gibt es doch eigentlich so viel zu berichten! Wir haben eine Woche Inselurlaub auf Terceira gemacht. Das hatten wir wirklich nötig und wir haben es in vollen Zügen genossen. Die Insel macht es uns da aber auch leicht und bietet viel Kultur, exzellentes Essen und wunderschöne Landschaften, die zu Wanderungen einladen, und das alles bei gemäßigten Temperaturen. Herrlich!
Schnell beschlossen wir, dass wir bereits zu viel zu berichten hatten, um alles in einen Blog-Beitrag zu gießen, und dass wohl eher zwei Beiträge zu Terceira fällig werden würden. Zum Schreiben sind wir dann aber nicht so recht gekommen. Morgens waren wir (endlich ausschlafen!) immer später losgekommen als gedacht, und abends wurde es meist später als gedacht.
Und nun sind wir schon wieder auf See, denn neben dem Genießen musste der kritische Blick aufs Wetter gewahrt werden, denn für die gut 1100 Seemeilen zum europäischen Kontinent brauchten wir ein passables Wetterfenster. Und das deutete sich letzte Woche an, so dass wir uns am 17.07. von Terceira und unser ausgesprochen netten Boots-Nachbarschaft losreißen mussten. Die Terceira-Beiträge schieben wir dann also nach, sobald wir unser Ziel erreicht haben.
Nun sind wir bereits wieder fünf Tage und Nächte auf See, und konnten heute auch schon Bergfest feiern. Aber wo wollen wir eigentlich hin? Mit Prognosen sind wir da vorsichtig, denn letztes Mal wollten wir nach England und sind am Ende in Spanien rausgekommen, schlappe 400 Seemeilen vom eigentlichen Ziel entfernt.
Diese Etappe ist schon etwas Besonderes. Während wir auf dem Weg zu den Azoren im Prinzip davon ausgehen konnten, dass der Wind in aller Regel von hinten kommen wird, haben wir diese Gewissheit hier nicht. Das Wetter in Europa wird von Tiedfdruckgebieten gemacht, die nacheinander – mal stärker, mal schwächer – vom Nordatlanktik heranziehen. Und je nachdem, wie stark das Azorenhoch gerade ausgeprägt ist, ziehen diese Tiefdruckgebiete auf nördlicheren oder südlicheren Bahnen. Und wir müssen uns da irgendwie durchschlängeln und dabei möglichst kein echtes Sturmtief erwischen. Insofern kann es schon sein, dass wir kurz vorm Ziel umplanen müssen, um derartigem Ungemach zu entgehen.
Mittlerweile sieht der Wettertrend für die nächsten Tage aber so aus, dass wir vorsichtig optimistisch sind, unser Wunsch-Ziel zu erreichen: Irland. Welcher Hafen es genau sein wird, wird sich dann noch zeigen. Aber wer weiß, vielleicht wartet der Wettergott doch noch mit einer Überraschung auf…
Wie ist es uns bisher ergangen? Zugegeben, wirklich Lust hatten wir beide auf diese Etappe nicht gehabt. Sie führt nun einmal in unbeständigeres Wetter, es wird kälter, und sie würde sicherlich anstrengend sein. Wenn wir die Etappe aber bewältigt haben (ganz egal, wo am europäischen Kontinent wir am Ende rauskommen), wäre der schwierigste Part der Reise überstanden und wir könnten uns nach langer Zeit mal wieder auf Tagesetappen-Segeln freuen, ganz so wie in einem normalen Segelurlaub.
Unser Wetterfenster war für den Absprung von den Azoren auch ganz gut geeignet. Zwei Tage zuvor ist der Ausläufer eines Tiefdruckgebietes über die Azoren gezogen und hat das Azorenhoch etwas an die Seite geschoben. So konnten wir bei entspannten Bedingungen direkt von Terceira lossegeln, ohne etwa noch aus dem Hochdruckgebiet herausmotoren zu müssen. Wie zum Abschied begleitete uns noch eine riesige Delphin-Schule eine Weile lang, so viele Tiere haben wir bisher nicht auf einem Haufen gesehen.
Nach dem entspannten Start zog ein recht umfangreiches Sturmtief vor uns durch, an dessen Rückseite wir gut segelbaren Wind erwarten durften und auch vorfanden. Während also Sturmwarnungen für die Biskaya, den englischen Kanal und die spanische Atlantikküste in Kraft waren, hatten wir vorwiegend 5 Windstärken schönes Halbwindsegeln, mal etwas vorlicher, mal etwas achterlicher, was die Krassy bei sparsamer Beseglung auf Höchstgeschwindigkeit brachte.
Wenn man ins Logbuch schaut, sieht das echt nach perfektem Segeln aus (naja, es hätte gerne etwas sonniger sein dürfen), was es im Prinzip auch war. Der Wind bringt allerdings auch See mit, und der Kurs Schräglage, sodass sich der Alltag und vor allem das Schlafen echt schwierig gestalteten. Dann hat das erwähnte Sturmtief die See noch einmal zusätzlich aufgewühlt, so dass wir es eine Zeitlang mit echt konfusen Wellen zu tun hatten – entsprechend wurden wir durchgeschüttelt. So war wieder einmal Schlafen auf dem Salonfußboden angesagt…
Nach dem Sturmtief würde sich zeigen, ob wir am Kurs Irland festhalten können oder doch eher in Richtung des englischen Kanals oder gar Spanien abdrehen würden müssen. Der Trend für Irland war günstig und ist es noch, also hoffen wir, in etwa fünf oder sechs Tagen dort anzukommen.
Ansonsten vertreiben wir uns wieder mit Hörbüchern und Podcasts die Zeit, und versuchen, trotz der Bewegung im Boot vernünftig zu kochen und essen. Die Lufttemperatur liegt übrigens mittlerweile bei 18°C, sodass wir nun seit langer Zeit wieder mit langen Hosen und dicken Pullis bekleidet sind, nachts zusätzlich in eine Kuscheldecke gehüllt. Leidet Europa nicht gerade an einer Hitzewelle?
Christian

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2 thoughts on “Schon wieder auf See

  1. Ihr Lieben, die bewusste Hitzewelle fand am 19. und 20.7. statt, als wir bei schwülem Wetter auf Amrum saßen. Noch nie hatten wir so auf einer Insel geschwitzt, also in der Nordsee. Gestern eher durchwachsen, heute Schnürlregen. Zum Glück fängt der Urlaub erst an und wir sind versorgt mit Bier und Wein. Weiterhin eine Handbreit Wasser unterm Kiel und Wind von achtern.
    Liebe Grüße von Armin und Anja

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