Ein Wiedersehen mit alten Freunden

Culebra, Puerto Rico

Nachdem wir nun die ruhigen und beschaulichen niederländischen Karibikinseln kennengelernt hatten, ging es für uns weiter zur Halligalli-Disneyland-mäßigen niederländischen Karibik: Sint Maarten. Größer kann der Kontrast kaum sein, hier reihen sich westliche Bars, Restaurants und Clubs aneinander, so dass man schnell den Eindruck hat, in Las Vegas gelandet zu sein. Es gibt wahnsinnig viele große Hotels bzw. ganze Hotel-Dörfer mit sehr schönen, aber auch ganz schön vollen Stränden.

Aber first things first. Sint Maarten ist ja nur die halbe Insel, nämlich ihr südlicher Teil, während ihr nördlicher Teil, Saint Martin, französisch und somit Teil der EU ist. Es verläuft also eine Grenze durch die Insel. Auf der einen Seite wird vorwiegend französisch gesprochen, man zahlt in Euro und befindet sich in der EU. Auf der anderen Seite wird vor allem englisch gesprochen, man befindet sich nicht in der EU, und zahlt in US-Dollar oder der offiziellen Währung „Antillen-Gulden“, der allerdings als Überbleibsel des auseinander gefallenen Staatskonstrukts „Niederländische Antillen“ Ende März (also übermorgen) mit einem Wechselkurs von 1:1 durch die neue Währung „Karibik-Gulden“ ersetzt wird. 

Die Grenze ist eigentlich auch nicht vorhanden. Lediglich Schilder am Straßenrand weisen darauf hin, dass man gerade im Begriffe ist, die Seite zu wechseln. Die ganze Insel ist zollfrei. Ich schätze, dass sie sich auf diese Art den ganzen Heckmeck sparen können, wenn Waren und Dienstleistungen lustig die Seiten wechseln. 

In der Mitte der Insel liegt eine riesige schiffbare Lagune, in die man über je eine Klappbrücke auf der niederländischen und der französischen Seite einfahren kann. Innerhalb der Lagune befinden sich wahnsinnig viele Marinas, Ausrüster, Werften und Service-Betriebe rund ums Boot. Die meisten Marinas sind eher auf das Megayacht-Segment spezialisiert, dessen Dichte hier ähnlich hoch ist wie auf Antigua. 

Wir sind in Saba früh gestartet, weil wir eigentlich geplant hatten, in einer der wenigen Marinas unterzukommen, die auch für Boote vom Kaliber unserer Krassy offen sind. So waren wir schon am nicht allzu späten Nachmittag in der Simpson Bay angekommen, wo wir in die Lagune einfahren wollten. Die Brücke macht aber nur ein paarmal am Tag auf, die letzte Öffnung für eingehenden Verkehr war um 17 Uhr. Genug Zeit für uns also, einzuklarieren und einen Liegeplatz klarzumachen. Letzteres sollte aber nicht klappen. Sie hätten zwar einen Platz für uns über das Wochenende, aber leider machen sie um 17h Feierabend. Und alleine in den Hafen fahren können /dürfen wir nicht. Na toll. In dem Holland, das wir kennen, würde keiner auf die Idee kommen, in einem Hafen, der nur über eine Brücke zu erreichen ist, die nur ein paarmal am Tag öffnet, gleichzeitig mit der letzten Öffnung Feierabend zu machen (die vorletzte Öffnung war übrigens um 14h)! Das ist wohl die negative Seite dessen, was hier immer als „Island Time“ verklärt wird.

Steffi, die sich schon sehr auf ein paar Hafentage mit Süßwasserduschen gefreut hat, war auf 180 und wartete mit ein paar kompetenten Tourette-Anfällen auf. Aber hilft ja nichts, in der Lagune kann man auch sehr gut und vor allem völlig ohne Schwell ankern, was wir dann auch taten.

Für Samstag hatten wir auch schon Programm geplant. Die Island Water World, eine der größten Schiffsausrüsterketten in der Karibik, hat ihren Hauptsitz in Sint Maarten. Und an diesem Hauptsitz finden in etwa monatlich Seminare bzw. Vorträge statt, die für alle offen und kostenlos sind. Der Tipp kam von Mark und Deb, den beiden Amerikanern, die wir auf Nevis kennen gelernt hatten. Sie sagten: „Geht da auf jeden Fall hin, auch wenn euch das Thema nicht so interessiert. Es lohnt sich!“

Das Thema fanden wir auch wirklich nicht so pralle, es ging nämlich um Bootspflege mit der Produktpalette von Starbrite. Aber das Event war toll. Es gab kostenlose Drinks und Snacks, jede Menge Merchandise von der Island Water World und von Starbrite, und dazu einen ganz witzigen Vortrag eines sichtlich nervösen Starbrite-Vertreters, der allerlei Wundermittelchen vorführte und uns sein Leid klagte, dass sie wegen der strengen Umweltauflagen in Kalifornien den wirklich „guten Stoff“ nicht mehr verkaufen dürfen. Naja, der soll mal nach Europa kommen!

So hatten wir einen unterhaltsamen Nachmittag, und am Ende ein paar Bier im Kopf und eine Tasche vollgestopft mit Werbegeschenken und tatsächlich auch ein paar Starbrite-Produkten, die wir nach dem Vortrag mit 50% Rabatt erstehen konnten.

Sonntags läuft ja meistens nicht besonders viel, also planten wir einen kleinen Ausflug zum Maho Beach zum Planschen und zum Flugzeuge gucken. Maho Beach ist nämlich weltberühmt. Das ist der Strand, an dem direkt die Landebahn des Flughafens endet. Landende Flieger ballern also super tief über den Strand hinweg, und startende Flieger wirbeln hier jede Menge Sand auf, wenn sie zum Start Gas geben. Das wollten wir natürlich sehen!

Wir suchten uns also ein Plätzchen etwas außerhalb des Blasts, schauten uns das Spektakel an, und machten Fotos. Und plötzlich standen Nicole und Gerrit neben uns, die beiden, mit denen wir zusammen über den Atlantik gesegelt sind! Sie waren auch auf der Insel, allerdings im französischen Teil, und hatten ganz offenbar die gleiche Idee gehabt. Nach einem großen Hallo schauten wir noch zusammen ein paar Landungen an, bis die größten Flieger des Tages kamen, Gerrit hat sich da gut vorbereitet. Wir vereinbarten noch, uns die Tage zusammen einen Mietwagen zu nehmen, und dann mussten wir aber auch schon los, es wartete noch eine Verabredung auf uns. 

Wir waren noch mit Christin und Jeff von der Segelyacht Yoco verabredet. Die Yoco ist ein wunderschönes Boot vom Typ Hallberg-Rassy 352, genau wie unsere Krassy auch. Die beiden sind Kanadier, und haben das Boot an der amerikanischen Ostküste gekauft, viel daran gearbeitet und leben, arbeiten und segeln nun seit ein paar Jahren auf dem Boot. Wir haben uns über Instagram in den letzten Jahren schon ein paarmal zu Bootsbau-Themen ausgetauscht, und Steffi wusste, dass die Yoco wegen Bootsarbeiten derzeit auf Saint Martin auf dem Trockenen steht. Die Einladung, bei der Krassy vorbeizukommen und danach ein paar Bierchen zu verhaften wurde dann auch prompt angenommen.

Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden, und hatten natürlich schnell viele Gesprächsthemen gefunden. Die Krassy zeigte sich in bestem Licht, wir haben die Gelegenheit natürlich genutzt, sie mal wieder aufzuräumen und schön sauber zu machen. Der Abend wurde in der „Soggy Dollar Bar“ fortgesetzt, der Segler-Treff auf Sint Maarten schlechthin, wo es jeden Tag zwischen fünf und sieben Uhr Bier für einen Dollar gibt, und endete nach einen gemeinsamen Abendessen in einem der nahegelegenen Restaurants. 

Montag haben wir versucht, jemanden zu finden, der den blöden undichten Boden von Krassimir reparieren kann, aber es blieb beim Versuch. Entweder reparieren die Service-Leute grundsätzlich keine PVC-Dinghys, weil das Material und vor allem die Verklebungen nicht so gut für das hiesige Klima geeignet ist, oder es waren diejenigen, die es trotzdem machen würden nicht aufzufinden. Immerhin wurde uns ein Produkt empfohlen, mit dem wir die Reparatur zumindest provisorisch selbst durchführen können. 

Am Abend sind wir (nach ein paar Drinks mit Carinya im Soggy Dollar) seit langem mal wieder ins Kino gegangen. Es lief der neue Avengers-Film, mit Captain America und Harrison Ford als unbeliebter Präsident der vereinigten Staaten, der (Achtung Spoiler-Alarm!) am Ende zum roten Hulk wird und das weiße Haus zerlegt. Warum er nicht zum orangenen Hulk wurde, können wohl nur die Filmschaffenden beantworten…

Dienstag und Mittwoch erkundeten wir Insel zusammen mit Gerrit und Nicole per Mietwagen. So fuhren wir die gesamte Insel ab, erklommen das eine oder andere alte Fort, besuchten Philipsburg und Marigot, die Hauptorte der beiden Insel-Teile, machten Großeinkäufe in den gut sortierten Supermärkten und hatten eine tolle Zeit zusammen.


Unterwegs begegneten wir vielen großen faszinierenden Leguanen und wir sahen in den Bergen ein paar Green Vervet Monkeys.

Ein kleines Highlight war der Besuch der „Yoda Guy Exhibit“ in Philipsburg, einem kleinen Museum, betrieben von einer Stiftung rund um Nick Maley und seiner Frau Gloria. Nick war in den Star Wars-Filmen für den Bau der Yoda-Puppe zuständig, der über Steuerseile von bis zu sechs Puppenspielern gleichzeitig Leben eingehaucht wurde. Die Ausstellung dreht sich um Nicks Arbeit in der Maskenbildnerei für Filme im Allgemeinen, und natürlich um die Star Wars Saga im Speziellen. Wir haben ob des hohen Preises von 20$ pro Person etwas gehadert, es hat sich aber wirklich gelohnt. Der Meister selbst schlurft übrigens jeden Tag durch das Museum und erzählt den Gästen viele lustige und interessante Anekdoten aus seinem Berufsleben. Bei einem kurzen Plausch mit seiner Frau Gloria haben wir übrigens herausgefunden, dass die beiden auch schon einmal eine Zeitlang durch die Karibik gesegelt sind.

Mittwoch Abend gönnten wir uns mit den Carinyas ein schönes gemeinsames Abendessen, denn nun heißt es wieder Abschied nehmen, und jetzt werden sich unsere Kielwasser wohl erstmal nicht mehr kreuzen. Sie bleiben bis zum Ende April in der Gegend um Antigua, wo sie den Besuch eines Freundes erwarten, und danach geht es, wenn die Hurricane-Saison beginnt, in Richtung Curacao. Für uns geht es weiter nach Norden, denn das Wetter für Donnerstag und Freitag sah gut aus, um den Sprung zu den spanischen Jungferninseln zu machen.

Die spanischen Jungferninseln bestehen im Wesentlichen aus Culebra und Vieques. Die beiden Inseln liegen östlich vor Puerto Rico und gehören zu Puerto Rico. Puerto Rico wiederum gehört zu den USA, somit reisen wir in die USA ein. 

So starteten wir Donnerstag Mittag in Sint Maarten, schaukelten durch die Nacht, und erreichten Culebra heute (Freitag) am frühen Nachmittag. Obwohl die Ein- und Ausklariererei mittlerweile Routine ist, war es hier doch wieder etwas spannend. Immerhin hört man aktuell vermehrt von (auch deutschen) Reisenden, die bei der Einreise Probleme bekommen haben. Ist also mit unseren Visa alles gut? Ist es etwa ein Problem, dass mein Visum noch in meinem alten, abgelaufenen Pass klebt? Gibt es kurzfristige Änderungen zum Einreise-Procedere, von dem wir noch nichts mitbekommen haben? Aber man muss schon sagen, dass die Amerikaner ziemlich weit vorne dabei sind, was die Einklarierung angeht. 

Schon letztes Mal benutzten wir eine App, „CBP Roam“, um die Behörden von unserer Ankunft in Kenntnis zu setzen. Damals war die App brandneu und es lief ein Pilotprojekt nur in Florida. Mittlerweile kann die App für die gesamten USA benutzt werden. Man pflegt seinen Reise-Modus ein (zu Fuß, Fahrrad, Privatyacht usw.) sowie die Reisenden, und dann benachrichtigt man die Behörden über die Ankunft in den USA. Die Daten werden direkt einem zuständigen CPB-Officer (Customs and Border Protection) übermittelt, der diese dann überprüft. Das dauert ein paar Minuten. Danach poppt ein Video-Chat auf, man beantwortet einige Fragen, zeigt Pässe und Visa vor, und schon ist man offiziell eingereist. Kein Gang zu den lokalen Behörden, kein Stempel im Pass. Gleichzeitig haben wir für die Krassy ein „Cruising Permit“ bekommen, der uns erlaubt, US-amerikanische Gewässer zu befahren. 

Jetzt sind wir also offiziell in Puerto Rico eingereist, das uns letztes Mal schon so gefallen hat. Zeit also zum Erkunden und Genießen!

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4 thoughts on “Ein Wiedersehen mit alten Freunden

  1. Ha, Ha, Ha die Landebahn. ✈️Schöner kannst du nur in Rambrücken wohnen, Einflugschneise Flughafen Köln/Bonn. Vielen Dank für den tollen Bericht. Euer Blog ist Pulitzer Preis verdächtig. 🤩
    Liebe Grüße aus der alten Heimat
    Angela

    1. Hey Angela,

      vielen Dank für die Blumen, wir geben unserer bestes, so zu schreiben, dass es halbwegs interessant und witzig ist.

      Ja, wohnen will man an der Landebahn nicht. Aber für ein paar Stunden war das echt gute Unterhaltung. Unser Ankerplatz war übrigens hinter dem anderen Ende der Landebahn. Das war echt Rambrücken-Feeling. Aber zum Glück scheinen die da auch so etwas wie ein Nachtflugverbot zu haben. 😂

      LG!

  2. Da seid ihr ja auch zu plane spottern geworden, aber das muss man wirklich gesehen haben. Welche Hälfte der Insel hat euch denn jetzt besser gefallen? Gespannt ich bin, welche Antwort ihr gebt.😜 Hoffentlich geht Eure Reise weiter so problemlos, insbesondere die Einreise in die USA. Der orange Irre denkt sich jeden Tag neue Schikanen aus…. Liebe Grüße von Armin und Anja

    1. Hey ihr beiden,

      so groß war der Unterschied zwischen den beiden Seiten von Sint Maarten dann nicht. Der holländische Teil war aber tatsächlich sehr amerikanisch geprägt.

      Marigot hat uns dann doch besser gefallen als unsere Seite der Lagune, wobei Philipsburg trotz des Kreuzfahrer-Verkehrs ganz nett war. Eine Lieblings-Seite hatten wir insgesamt aber nicht.

      Liebe Grüße von Puerto Rico!

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