Patillas, Puerto Rico
In unseren Besuch auf Culebra fiel ein ganz besonderer Tag: Christians Geburtstag. Und selbstverständlich gibt es keinen Geburtstag ohne einen angemessenen Frühstückstisch mit Geburtstagskuchen. Christian hatte vor der Reise festgelegt, dass wir uns nichts schenken, aber selbstverständlich hab ich mich daran nicht gehalten. Statt einem großen Geschenk gab‘s zwar nur ein 1kg-Glas Nutella und ein paar andere Kleinigkeiten aus dem Supermarkt, aber ganz ohne Geschenke sind Geburtstage nicht komplett! Der Kuchen war in diesem Jahr dem Anlass entsprechend ein Key Lime Pie, der im Wesentlichen aus einem Keksboden mit einer Füllung aus gezuckerter Kondensmilch, etwas saurer Sahne und Limetten-Schale und -Saft besteht. Oben drauf stellte ich noch eine super-nervige Kerze, die in hochfrequentem Fiepsen ein Geburtstagslied singt.



Als wir in Ruhe gefrühstückt und jede Menge Telefonate mit der Heimat geführt hatten, machten wir uns am frühen Nachmittag schließlich auf den Weg über die Insel. Auf Culebra ist nicht viel los, aber an der Nordseite des kleinen Eilands gibt es den Flamenco Beach, einen der schönsten Strände der Welt. Dieses Prädikat haben wir schon öfters mal gehört und so erwarteten wir nicht allzu viel…
Wir hatten überlegt uns für den Weg zum Strand ein Golf-Kart zu mieten. Diese Dinger fahren auf Culebra überall herum, denn scheinbar sind sie der einfachste Weg um die Insel als Tourist zu erkunden. Da wir aber deutlich später los gekommen waren als geplant, verwarfen wir diesen Plan und beschlossen die etwa 4 km zu Fuß in Angriff zu nehmen. Vielleicht würde uns ja irgendwo unterwegs ein Taxi begegnen, das wir heranwinken könnten…
Unser Weg führte uns erst um die Bucht herum durch den Ort und verlief dann entlang einer der Hauptstraßen der Insel, die bei uns eher einer Provinz-Landstraße entsprechen würde. Alle, die an uns vorbei fuhren, starrten uns ungläubig an. Hier zu Fuß gehen? Das müssen Europäer sein!
Nach etwas über der Hälfte der Strecke blieb dann neben uns ein Golf-Kart stehen. „You want a ride? I‘m going to the Beach anyways!“ Klar wollten wir! Wir sprangen also hinten auf die Rückbank – auf der man übrigens bei so einem Golf-Kart mit dem Rücken zur Fahrtrichtung sitzt – und los ging die wilde Fahrt. Ich glaube ich habe mich noch nie in meinem Leben auf einem Fahrzeug so unwohl gefühlt, wie hier. Golf-Karts sind wirklich nicht so cool wie man denkt! Man kann sich kaum festhalten, sieht nicht, wo hin man fährt und jede noch so kleine Bodenwelle reißt einen fast von der rutschigen Sitzbank. Ich war heilfroh, als wir am Strand endlich aussteigen konnten!
Für den Flamenco Beach mussten wir eine kleine Eintritts-Gebühr von 2 Dollar bezahlen, dafür gab es Duschen, Toiletten und ein paar kleine Geschäfte und Gastronomie. Wir wollten aber hauptsächlich den Strand und vor allem die alten, verrosteten und über und über mit Graffiti bemalten Panzer sehen, die am Strand liegen sollten. Culebra war früher mal ein Militärstützpunkt. Genauer gesagt überließ Präsident Roosevelt in den 1930er Jahren die Insel vollständig der US Navy, die dort bis Mitte der 1970er Jahre intensive Schieß- und Flugübungen durchführte. Die Einwohner Culebras fanden das verständlicherweise gar nicht cool und begannen, sich gegen die Verwendung der Insel als Zielscheibe aufzulehnen. 1975 wurde die Besetzung durch die Navy dann endlich beendet und das Gebiet wurde den Einwohnern zurückgegeben. Zurück blieb allerdings einiges an Equipment, unter anderem zwei kleine Sherman-Panzer, die am Strand zurück blieben um dort zu verrosten. Die salzige Luft fraß sich mit der Zeit durch das Material, sodass nicht nur von den Ketten mittlerweile nichts mehr übrig ist, dafür sorgten offensichtlich ein paar Künstler mit Spraydosen dafür, dass die Panzer einen fröhlich anmutenden Anstrich verpasst bekamen. Insbesondere der Panzer am nördlichen Ende des Strandes, der ein kleines Stückchen in der Brandung steht und somit im vorderen Teil mittlerweile weitestgehend aufgelöst ist, bildet ein beliebtes Fotomotiv. Ein zweiter Panzer steht ein wenig abseits vom Strand und hier verirren sich nicht ganz so viele Leute hin, das Motiv ist aber ähnlich hübsch anzusehen.
Als wir den Strand betraten blieb uns beiden kurz die Luft weg. Dieser Strand hat die Auszeichnung als einer der schönsten der Welt wirklich zu Recht verdient! Man kann kaum beschreiben, wie schön es hier war. Das Meer rauschte mit weißen Schaumkrönchen auf den weitläufigen, weißen Sand zu, während die Wasserfarbe zwischen einem hellen Türkis und einem intensiven Petrol wechselte, je nach Untergrund. Gesäumt war der Strand von buschigen Kokospalmen, die ihre Kronen weit hinab beugten und im Hintergrund ragten die grünen Hügel der Insel auf. Wir haben mittlerweile schon einige, unbeschreiblich schöne Strände gesehen, aber dieser hier haute uns komplett aus den Socken! Im südlichen Teil hatten sich einige Familien in Liegestühlen versammelt, aber je weiter man nach Norden lief, desto leerer wurde es. Anders als man es vielleicht erwarten würde, war es in Summe gar nicht allzu voll, sodass man immer irgendwo ein ruhiges Plätzchen finden konnte. Zum Ende unseres Spaziergangs hüpften wir beide natürlich auch noch mal kurz in die Wellen um uns ein wenig abzukühlen. Ich wurde dabei gleich von einem Schwarm gar nicht mal so kleiner Fische umringt und trat somit schnell den Rückzug an. Andere finden sowas sicher toll, aber wenn mir das Wildlife zu nah kommt, dann ergreife ich meistens instinktiv die Flucht…
























Für den Rückweg gönnten wir uns ein Taxi, dass uns über die Hauptstraße wieder zurück in den Ort brachte. Christian hatte immer noch Geburtstag, also stand natürlich auch noch ein schönes Abendessen auf dem Programm. Und wenn man schon mal in Puerto Rico ist, dann darf man sich das Nationalgericht nicht entgehen lassen: Mofongo besteht im Wesentlichen aus Platanen, die mit verschiedenem Fleisch, Fisch, Meeresfrüchten oder Gemüse serviert werden. Das Gericht ist immer ein bisschen anders, aber immer lecker!
Am folgenden Tag sollte es für uns weiter gehen, diesmal zur zweiten Insel der sogenannten Spanish Virgin Islands, Vieques. Schon seit einigen Tagen war es ordentlich windig gewesen und die Wettervorhersagen waren sich alle einig, dass das auch noch eine ganze Weile lang so bleiben sollte. Egal, wir wollten trotzdem weiter und unser Segeltag entpuppte sich als spaßiger Ritt durch die Wellen. Für kurze Strecken darf es auch gern mal ein bisschen mehr Wind sein.
Auf Vieques hatten wir uns eine Bucht ausgesucht, die wir für gut geschützt hielten und so steuerten wir zunächst die Sun Bay an. Ganz unerwartet, lag hier noch niemand, sodass wir tatsächlich die riesige Bucht komplett für uns allein hatten. Wir lagen gut geschützt vor Wind und Welle und da es hier an Land nicht viel zu sehen gab, machten wir es uns an Bord gemütlich, schwammen ein bisschen und genossen dann den spektakulär schönen Sonnenuntergang.
Ganz ähnlich wie auf Culebra gibt es auch auf Vieques eine ganz besondere Attraktion, die wir uns nicht entgehen lassen wollten: die Biolumineszenz-Bucht oder wie man sie auf der Insel auch nennt, die Bio Bay. Um diese zu sehen, bucht man am besten eine Kayak-Tour, denn mit motorisierten Booten darf man nicht in die Bucht einfahren und zum Rudern mit dem Dinghy war es erstens zu weit und zweitens viel zu viel Wind und Welle. Um so eine Tour zu buchen verholten wir uns am folgenden Morgen also in die Nachbarbucht vor dem Hauptort mit dem schönen Namen Esperanza. Hier war der Ankerplatz deutlich ungeschützter und die Krassy rollte wie verrückt, aber für den Besuch der Bio Bay nahmen wir das gern in Kauf. Wir fuhren also mit Krassimir an Land und machten an einem abenteuerlich hohen Bootssteg fest um zunächst mal den Ort zu erkunden und einen Tourenanbieter zu finden. Als wir eine Runde gedreht, eine Kayak-Tour für den späten Abend gebucht und eine Kleinigkeit in einem gemütlichen Restaurant gegessen hatten, spazierten wir noch ein wenig herum und entdeckten dabei die ersten wilden Pferde von Vieques. Naja, „entdecken“ ist hier vielleicht ein bisschen das falsche Wort, denn vor uns auf dem Bürgersteig stand eine ganze Herde! Die Liste unserer Wildlife-Begegnungen steigt immer weiter an…












Als es Abend und somit Zeit für unsere Kayak-Tour wurde, zogen wir uns um, packten eine kleine, wasserdichte Tasche und fanden uns – wie üblich typisch deutsch zu früh – am Treffpunkt ein. Da wir im Laufe des Tages nicht allzu viele Menschen gesehen hatten, erwarteten wir möglicherweise die einzigen auf der Tour zu sein, aber weit gefehlt! Es trudelten nach und nach die anderen Ausflügler ein und als alle 24 Teilnehmer versammelt waren, bekam jeder eine Feststoff-Schwimmweste und wir alle stiegen in einen coolen alten amerikanischen Schulbus ein, der mich abwechselnd an Forrest Gump und Bart Simpson denken ließ. Der Abend war perfekt für den Ausflug, was auch die Menge an Teilnehmern erklärte, denn vor gerade mal 2 Tagen war Neumond und dementsprechend dunkel war die Nacht. Die Bio Bay auf Vieques hat es sogar ins Guiness Buch der Rekorde geschafft, als die am hellsten leuchtende Biolumineszenz der Welt. Durch den S-förmigen Eingang der Bucht gelangen jede Menge sogenannte Dinoflagellaten in die Bucht, finden den Weg aber nicht mehr hinaus. Zusätzlich bieten die die Bucht umringenden Mangroven durch ihre herabfallenden Blätter den perfekten Nährboden für die lumineszierenden Mikroorganismen. Die Bedingungen hier auf Vieques sind also perfekt.
Mit unseren angelegten Feststoffwesten holperten wir nun in dem Schulbus über eine abenteuerliche Straße zur Bucht hinüber. Mittlerweile war es stockfinster, was die holprige Fahrt fast schon ein bisschen unheimlich machte, besonders wenn hin und wieder ein tief hängender Ast außen über den Bus schrappte und wir Insassen dabei im Gleichtakt zusammenzuckten.
An der Bucht bekamen wir alle noch eine kurze Einweisung ins Kayak-Fahren, wurden in Zweier-Grüppchen eingeteilt und dann konnte es loslegen. Unsere Kayaks waren besonders toll, denn sie waren komplett aus durchsichtigem Plexiglas gebaut, sodass man unter sich das Wasser sehen kann. Das ist tagsüber schon cool, aber nachts in einer fluoreszierenden Bucht ist das unbeschreiblich. Christian und ich stiegen in unser Boot und paddelten synchron los. Das letzte Mal habe ich glaube ich mit 17, also noch zu Schulzeiten in einem Kayak gesessen, aber schon damals hat mir dieser Sport wahnsinnig viel Spaß gemacht. Jetzt war es nicht anders! Wir sammelten uns als Gruppe um unseren Guide herum auf dem Wasser und lernten einige interessante Dinge über die Bucht, die Dinoflagellanten und über ein paar Sternbilder am Himmel, auf die unser Guide mit einem Laserpointer zeigte. Das Besondere an dieser Bucht ist, dass sie eigentlich ganz normal aussieht. Das Wasser ist genau so schwarz, wie in jeder anderen Bucht zu nachtschlafender Zeit, allerdings wird es lebendig, sobald man es berührt. Die Bewegung der Kayaks erzeugte unter uns ein magisches Rauschen aus weiß leuchtenden Punkten im Wasser und jeder Schlag mit dem Paddel ließ die winzigen Lebewesen im Wasser zu strahlenden Pünktchen explodieren. Strich man mit der Hand durch das Wasser leuchtete diese ebenfalls auf und wenn man genau hin sah, dann konnte man auf der eigenen Haut noch ein paar blitzende Punkte entdecken nachdem man sie wieder herausgezogen hatte. Magisch!
Für einen kleinen Lacher sorgten wir natürlich auch mal wieder. Neben unserem Kayak sahen wir gerade noch ein Blitzen unter der Wasseroberfläche als Christian plötzlich erschrocken aufschrie und sich hektisch herumwarf. Ich hörte hinter mir nur den Aufruhr und ein rhythmisches Klopfen als Christian endlich herausplatzte: „Da ist ein Fisch in unserem Boot!“ Ein kleiner Hornhecht hatte sich doch tatsächlich durch die Boote um ihn herum so erschrocken, dass er aus dem Wasser gehüpft und ausgerechnet auf Christians Schoß in unserem Kayak gelandet war! Bis er den wild zappelnden Fisch eingefangen und wieder zurück ins Wasser befördert hatte lachte die ganze Gruppe und uns verfolgte für den Rest des Abends ein durchdringender Fischgeruch…
Unser Guide erklärte uns, dass es Biolumineszenz in vielen Teilen der Erde gibt, aber meist nur in den Sommermonaten. Das können wir bestätigen, denn auch wir hatten unter anderem auf der Biskaya schon die nachtleuchtenden Delfine bestaunen dürfen, die ebenfalls das Plankton um sich herum zu einem bläulichen Leuchten angeregt hatten und selbst in unserer Heimat, der Nordsee kann man nachts Biolumineszenz entdecken. Das klingt jetzt vielleicht etwas merkwürdig, aber wenn man wie wir nicht mehr ganz jung ist und nachts mal aufs Klo muss, dann hat man das Vergnügen, das Spülwasser, das man aus der See hochpumpt in der Schüssel leuchten zu sehen. Nicht ganz so spektakulär wie die Bio Bay, aber selbst das kleine Leuchten im Klo kann einem schon ein Lächeln ins Gesicht zaubern…
Wir paddelten eine gute Stunde über das faszinierend leuchtende Wasser und konnten kaum genug bekommen. Unser Guide gab uns noch ein paar Tipps, wie man das Leuchten am besten fotografisch einfangen konnte und so spielten wir eine Weile herum um ein paar Fotos zu machen. Selbst die besten Bilder können nicht wiedergeben, was wir an diesem Abend erleben durften und in der lichtlosen Finsternis war es auch nicht ganz einfach, das Spektakel im Wasser zu fotografieren, aber vielleicht bekommt ihr trotzdem einen kleinen Eindruck. Für uns jedenfalls war dieser Abend unvergesslich und bei all den unfassbaren Abenteuern, die wir auf unserer Reise schon erleben durften, wird das Paddeln durch einen leuchtenden See ganz sicher ziemlich weit oben auf der Liste unserer Highlights landen!











Heute nutzten wir den noch moderaten Wind um uns von der rolligen Ankerbucht und Vieques zu verabschieden und zum Mainland Puerto Ricos rüber zu segeln. Unser Ziel ist Salinas, einer der größeren Orte im Süden der Insel, von wo aus wir ein paar Ausflüge machen wollen. Da uns die Strecke für heute aber zu lang war, liegen wir jetzt für eine Nacht vor Anker in Patillas und segeln erst morgen die letzten Meilen weiter nach Salinas
Moin,
Christian, Dir nachträglich alles Gute zum Geburtstag und Euch beiden zum X-ten Male vielen Dank für die tollen Schilderungen und insbesondere die Bilder. Biolumineszenz habe ich vor einigen Jahren auch mal in der Nordsee beobachtet: dazu braucht es nur warmes Wasser + ruhige See + natürlich Dunkelheit. Ist absolut faszinierend, aber leider mit der Kamera nur sehr unzureichend einzufangen.
Lieben Gruß,
Jürgen
Moin Jürgen,
vielen Dank für deine Geburtstagsgrüße! Wir bleiben natürlich dran und berichten weiter.
Auch wenn die Biolumineszenz für uns nichts neues war, war das schon echt magisch. Mal sehen, ob uns die Nordsee im Sommer auch mit Leuchten begrüßen wird.
Wir hatten schon ein paarmal versucht, das Leuchten unterwegs zu fotografieren, aber das hat nie geklappt. Insofern sind wir froh, dass man jetzt überhaupt was sieht. 😀
LG aus Puerto Rico!