Pointe-a-Pitre, Guadeloupe
Erinnert ihr euch noch an den Klassiker „Frankreich, Frankreich“ von den Bläck Fööss? An den musste ich in der letzten Zeit immer wieder denken. Denn wir sind – den einen oder anderen mag es überraschen – immer noch in Frankreich. Im letzten Beitrag haben wir ja bereits orakelt, dass wir unseren Aufenthalt hier auf Guadeloupe wegen des starken Windes eventuell verlängern würden. Tatsächlich aber hielten uns ganz praktische Gründe nun länger hier als geplant.
Nach unserem Shopping-Tag stand dann erst einmal wieder Arbeit an. Ein riesiger Berg Wäsche wartete noch auf uns, und ein paar Krassy-Projekte standen noch an. Steffi machte sich mit der Wäsche auf zu einem nahe gelegenen Waschsalon, und ich beschäftigte mich mit einem Ausrüstungsgegenstand, mit dem es früher oder später jeder Langfahrer zu tun bekommt: die Klopumpe.
Die ist bei uns manuell betrieben und eigentlich ganz einfach aufgebaut. Es gibt einen Pumphebel und einen Umschalter zwischen Rauspumpen und Spülen. Man pumpt seine Hinterlassenschaften raus und spült dann ordentlich mit Seewasser nach. Nach intensivem Gebrauch setzt die Pumpe und vor allem die Gummidichtungen in ihr über die Zeit Belag an, mit der Folge, dass die Pumpe irgendwann nicht mehr richtig funktioniert. Das war der Stand bei uns, man musste pumpen wie verrückt, um eine kleine Menge Wasser zu fördern. In weiser Voraussicht hatten wir schon vor unserer Abfahrt eine Ersatz-Pumpe an Bord gelegt, ich war also bestens vorbereitet.
Und dann hatten wir noch ein anderes Problem, das uns seit unserer Abfahrt begleitet hat und das irgendwie mit dem heimischen Elbwasser in Cuxhaven zu tun haben muss: Seit wir das Boot in Cuxhaven liegen haben, entwickeln alle Systeme, die mit Seewasser zu tun haben, über die Zeit einen komischen Geruch nach faulen Eiern. Unsere Vermutung ist, dass sich in den Schläuchen ein Biofilm oder ähnliches gebildet hat, der, wenn gerade länger Wasser in den Leitungen steht, diesen Geruch fabriziert. So riecht es nach faulen Eiern, wenn wir die Toilette spülen, den Motor starten, oder wenn wir Seewasser über unsere Fußpumpe ins Spülbecken in der Pantry pumpen. Wenn man lang genug pumpt, ist das gammelige Wasser raus, und der Geruch verfliegt langsam.
Um zumindest den Geruch aus dem Klo weg zu bekommen, sollten jetzt, wo ich sowieso an die Pumpe ranmusste, gleichzeitig die Ansaugschläuche des Klos ausgetauscht werden. Auch wenn das nicht gerade meine Lieblings-Aufgabe ist, ging die Arbeit doch ganz gut von der Hand. Am Ende stellte sich die Frage: Was tun mit der alten Pumpe? Wegwerfen wollte ich sie nicht, denn sie enthält ja auch wieder jede Menge Ersatzteile – Ein Ausfall der Toilette ist immerhin in etwa genau so fatal wie ein Ausfall des Motors! Also war die Devise: Auseinandernehmen und reinigen. Mit einer Wäscheklammer auf der Nase wurde auch diese Arbeit pflichtgemäß erfüllt. Jetzt haben wir wieder eine funktionierende Toilette mit neuen Zulauf-Schläuchen und immer noch Ersatzteile am Start. Bisher gab es auch noch keinen Faule-Eier-Geruch. Fingers Crossed!
Die zweite Baustelle für den Tag war unser treuer Krassimir. Sein Hochdruck-Boden war ja undicht geworden, und unser erster Reparatur-Versuch scheiterte an einem eingetrockneten Kleber. So musste die letzten Wochen die Dinghy-Pumpe immer mit, um ihn vor jeder Fahrt wieder neu aufpumpen zu können. Nun, nachdem wir beim französischen Sportartikel-Händler unseres Vertrauens ein Reparatur-Kit für aufblasbare Stand-Up-Boards erstanden haben, konnten wir die Reparatur endlich angehen. Jetzt, nach ein paar Tagen der Beobachtung, scheint alles dicht und unser Krassimir wieder hergestellt zu sein!
Mittwoch stand dann wieder Shopping auf dem Programm, diesmal aber für die Krassy und nicht für uns. Direkt am Hafen gibt es hier vier große Boots-Ausrüster, die in Summe ein wahnsinnig großes Sortiment im Angebot haben. Vergleichbare Geschäfte gibt es bei uns in Deutschland einfach nicht mehr. Man kann zwar alles bestellen, aber die Marine-Ausrüster vor Ort werden immer weniger und kleiner. Wir hatten eine recht lange Einkaufsliste, die wir fast komplett abarbeiten konnten. Wir haben unsere Antifouling-Farbe bekommen, einen neuen Scheibenwischer, große Reißverschlüsse für Bimini und Sprayhood, viel Kleinkram und vor allem: Eine neue Ersatz-Pumpe für unser uraltes Klo-Modell! Hätte ich das gewusst, hätte ich mir die Sauerei mit der Reinigung sparen können. Naja, jetzt fahren wir halt zwei Ersatzpumpen durch die Gegend.



Wir haben schon bei den Ausrüstern auf den anderen Inseln nach Antifouling gesucht. Während unserer Atlantiküberquerung hat sich nämlich in Höhe des Wasserpasses sämtlicher Anstrich bis runter auf die Grundierung abgetragen. Wir vermuten, dass das Saragossa-Seegras schuld ist, durch das sich die Krassy immer wieder pflügen musste. Und genau in diesem Bereich sprießt nun eine üppige Fauna. Die habe ich zwar schon ein paarmal mit Schwamm und Bürste abgetragen, aber so hole ich auch immer wieder gute Farbe mit runter. Das wird also nicht besser. Das Problem war: nirgendwo haben wir unsere Unterwasserfarbe auftreiben können. Und eine andere Farbe einfach drüber zu streichen kann zwar funktionieren, muss aber nicht.
Jetzt lag natürlich die Frage nahe: Können wir hier kurzfristig aus dem Wasser gehen, um zu streichen? Ein Besuch im Hafenbüro brachte Klarheit: Im Prinzip ja, es wäre sogar recht preisgünstig, aber es gibt eine Warteliste. Wir sollten mal mit den Kollegen vom Kran direkt sprechen. Der versprach uns, dass er für so ein kleines Boot sicher ein Plätzchen finden würde. Am Ende bot er uns Freitag als Krantermin an, dann kämen wir aber erst Montag wieder ins Wasser. Hier darf man die Boote, die an Land stehen, aber nicht bewohnen. Also bräuchten wir dann eine Unterkunft für drei Nächte. Das wäre unnötig lang und teuer. Also einigten wir uns auf Montag früh für das Herauskranen und Dienstag Nachmittag geht es zurück ins Wasser. Die Zeit sollte locker reichen, um das Unterwasserschiff und vor allem den Wasserpass zu streichen.
Also verweilen wir hier nun doch ein paar Tage länger als geplant, dafür sollten wir dann, was das Unterwasserschiff angeht, bis zum Ende der Reise Ruhe haben. Die Tage verbrachten wir mit einigen weiteren Krassy-Projekten, Entspannung, organisatorischen Aufgaben und dem Genuss französischen Gebäcks, Käse und Saucisson. Neben den französischen Klassikern präsentiert sich die karibisch-französiche Küche aber eher ernüchternd. Es wird in Summe viel frittiert und wir vermissen die vielfältigen Street-Food Angebote, wie wir sie von den südlicheren Inseln kennen.






Abgesehen von dem Einkaufszentrum und der Innenstadt von Pointe-a-Pitre haben wir diesmal jedoch nicht viel von der Insel gesehen. Und das ist nun nicht gerade ihre Schokoladenseite. Die Stadt ist ziemlich heruntergekommen, es gibt wahnsinnig viele Plattenbauten und ein großes Müllproblem. Ein kleiner Lichtblick ist eine lebendige Street-Art-Szene; Man findet hier sehr viele und aufwändige Graffitis an den sonst eher trostlosen Fassaden.
Von den rund 380.000 Einwohnern des Archipels leben wohl gut 250.000 Menschen im Ballungsraum um Pointe-a-Pitre uns Les Abymes. Die Preise für Lebensmittel sind vergleichsweise hoch, und wenn man bedenkt, dass laut französischer Entwicklungsbehörde das verfügbare Durchschnittseinkommen hier bei knapp 16.000€ liegt und 34% der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben, fragt man sich, wie die Menschen hier überhaupt klar kommen. Vor allem auf Martinique gab es in den letzten Monaten immer wieder heftige Ausschreitungen und Proteste gegen die hohen Lebenshaltungskosten, die wohl auch durch die Vielzahl zahlungskräftiger (Yacht-)Touristen in die Höhe getrieben wurden. Auch hier auf Guadeloupe gab es wohl Streiks und Proteste, allerdings nicht in dem Ausmaß wie auf Martinique Leicht haben es die Einheimischen hier sicher nicht, und uns ist wieder einmal bewusst geworden, auf was für einer Insel der Glückseligen wir uns auf dem europäischen Festland trotz all dem Gejammer und der Schwarzmalerei befinden.














Nun hoffen wir darauf, morgen und übermorgen unserer Krassy erfolgreich eine frische rote Hose zu verpassen, auf dass es weiter gehen kann nach Norden. Nun kommen nämlich all die Inseln, die wir auf unserer letzten Tour wegen der Zerstörungen durch den Hurricane Irma ausgelassen haben – wir sind sehr gespannt!