The Americans

Washington D.C., USA

Jetzt ist schon wieder beinahe eine Woche seit unserem letzten Beitrag vergangen. Wir haben uns nicht gelangweilt, es ist aber auch nicht so richtig viel passiert. Samstag haben wir unseren Mietwagen abgeholt, der uns endlich den echten amerikanischen Lifestyle ermöglicht. Die Distanzen sind nun einmal groß, und alleine für den nächsten Supermarkt muss man mehr als eine halbe Stunde lang laufen – eine Strecke. 

So stand für uns in den folgenden Tagen eine Mischung aus Krassy-Projekten, Einkäufen, Erledigungen und natürlich Freizeitaktivitäten an. Die Krassy will fit gemacht werden für die Überfahrt. So wurden an Deck und im Rigg alle Schäkel, Splinte und Verschraubungen überprüft, sowie die wichtigsten Leinen (Fallen, Schoten, Reffleinen usw.) und das stehende Gut. So entstand dann auch gleich wieder eine Einkaufsliste, die abgearbeitet werden wollte. 

Der mehr oder weniger treue Jockel, der seit dem kleinen Kabelbrand-Zwischenfall immerhin wieder ca. 30h problemlos gelaufen ist, brauchte noch ein paar Streicheleinheiten, vor allem frisches Öl und einen Satz neue Filter. Nicht gerade eine Lieblingsaufgabe von uns, aber seit der letzten Wartung in Lagos ist er gut 200h gelaufen. Das tat also auch not.

Dann hatte sich die Krassy in den wenigen Tagen auf dem ICW einen ansehnlichen Moustache zugelegt – eine bräunliche Welle am Bug, die vom bräunlichen Wasser des ICW herrührt. Das ist technisch natürlich total Wumpe, gestört hat es mich aber doch genug, dass ich den Schnorres weg haben wollte. Gott sei Dank befinden wir uns in einem Land, in dem es für jedes Problem ein Produkt gibt, und die Produkte funktionieren in Ermangelung an Umweltschutzregeln hier auchn echt super! Das richtige Mittelchen aufgesprüht, kurz gewartet, einmal drübergewischt, abgespült, und der Rumpf erstrahlt in neuem Glanz. U-S-A! U-S-A!

Wir haben aber eben nicht nur gearbeitet. Samstag Abend führte uns unsere erste Tour nach Virginia Beach, dem hiesigen Ferienort an der See mit einer kilometerlangen Promenade und jeder Menge Restaurants, Cafés und Freizeitmöglichkeiten. Wir liefen die Promenade auf und ab, beobachteten ein wenig die Menschen und das bunte Treiben (einschließlich lautstarker Prediger und Jesus-rettet-Typen), und spielten eine Runde Piraten-Minigolf.

Montag war Memorial Day, einer der US-weiten Feiertage. An diesem Tag werden die im Einsatz für das Vaterland gestorbenen Soldaten geehrt und es gibt im ganzen Land Gedenkveranstaltungen und Paraden. Und ausgerechnet bei uns in Portsmouth findet eine der längsten Paraden des Landes statt, die auf eine lange Tradition seit ihrer Premiere im Jahre 1884 zurückblickt. 

So ging es für uns direkt nach dem Frühstück los zum Parade-gucken. Die Straßen waren schon gesäumt von Menschen, die sich mit Camping-Stühlen häuslich eingerichtet hatten, einige von Ihnen passend in den Farben blau, rot und weiß gekleidet, alle in freudiger Erwartung der Parade. Es gab auch eine zentrale Tribüne, auf der einige wichtige Leute ein paar gewichtige Worte gesprochen haben (wir waren zu weit weg, um mitzubekommen, was da so abging), und es war sogar das Fernsehen vor Ort, mit fliegenden Reportern von regionalen TV-Sendern.

Die Parade selbst war auch echt nett, die Stimmung war gut, und wir hatten den Eindruck, dass jeder, der Lust hat, seinen Truck amerikanisch schmücken und mitfahren konnte. Vor allem aber waren Highschools unterwegs, die mit Marching Bands und Tanzgruppen die Stimmung aufgeheizt haben, Veteranen-Vereine, viele gemeinnützige Organisationen und selbst so etwas wie ein Volkswagen-Club, der mit schön geschmückten VW Käfern dabei war. Mir altem Kölner haben ein bisschen die Kamelle gefehlt, aber das ist ein anderes Thema… 

Nach Ende der Parade löste sich die Menge auch ganz schnell wieder auf – wir vermuten, dass dann der gemütliche Teil des Feiertages startete und die Grills angeheizt wurden. Wir ließen den Memorial Day in einem Bowling-Center ausklingen und warfen ganz in Dude-Manier noch ein paar Strikes, allerdings ohne Jesus und ohne, dass jemand eine Waffe ziehen musste. 

Ein lustiges Anekdötchen hab’ ich noch: Wir mussten unser Altöl und die alten Öl- und Dieselfilter ja noch fachgerecht entsorgen. In good old Europe kennen wir das eigentlich so, dass fast jeder Hafen, vor allem, wenn er auch eine Tankstelle hat, Öl und öligen Müll entgegen nimmt. Nicht so hier. Auf meine Frage, was wir denn mit dem Altöl machen sollten, kratzte sich der freundliche Marina-Mitarbeiter am Kopf und riet dazu, es bei Walmart zu probieren. Eine kurze Online-Recherche ergab, dass es tatsächlich einige Betriebe gibt (vor allem Autowerkstätten), unter anderem auch das „Tire and Lube-Center“ vom Walmart, die Altöl annehmen.

Als wir dann dort waren, mussten wir kurz warten, bis die Kundin vor uns fertig war, und nachdem wir uns in eine „Altöl-Entsorgungs-Liste“ eingetragen haben (der Eintrag vor uns war übrigens vom Februar), konnten wir unseren Abfall auch endlich loswerden. Wir suchten uns noch ein Restaurant fürs Mittagessen aus und fuhren los. Als wir starteten, gestikulierte eine Dame wild herum – meint die uns? Das war doch die Tante, die vorhin vor uns am Tresen stand. Die kann doch nicht uns meinen. Wir fuhren also los, und wurden von ihr in einem riesigen Truck verfolgt. Sie folgte uns tatsächlich bis zum Restaurant-Parkplatz. Nun ja, anscheinend hat sie uns doch gemeint. Als ich ausgestiegen bin, kurbelte sie das Fenster herunter, und pampte mich wortreich an: „Ihr seid doch Privatdetektive! Hört auf, mich auszuspionieren! Die Arbeit könnt ihr euch sparen, meine Kinder spionieren mir sowieso schon die ganze Zeit hinterher!“ Joa, die Gute hat wohl einen leichten Verfolgungswahn und war dann auch so schnell wieder verschwunden, wie sie aufgetaucht ist… Eine Karriere als „Private Investigator“ ist uns zumindest bisher noch nicht in den Sinn gekommen.

Gestern, also am Mittwoch, sind wir auf einen kleinen Roadtrip gestartet. An der Krassy können wir momentan nichts Sinnvolles mehr machen, und wir wollen ganz gerne noch etwas hier die Gegend erkunden. Darüber berichten wir in Kürze!

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2 thoughts on “The Americans

  1. Hallöchen, die Amis sind ja echt speziell, wenigstens hat die paranoide Dame nicht noch eine Knarre gezogen… Bowling können wir ja mal Zuhause spielen, das ist mal eine nette Erfindung von God’s own country. Bescheidenheit ist eben eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr (in den USA). Habt noch eine schöne Zeit.
    Liebe Grüße von Armin und Anja

    1. Ja, das stimmt. Bei der Armen war wohl irgendwas schief gelaufen…
      Bowling spielen wir sehr gerne! Christian sieht dabei auch immer sehr professionell aus 😅

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