Pasito Blanco, Gran Canaria, Spanien
Das hat Steffi ja mal geschickt eingefädelt. Nach ihrem Teaser aus dem letzten Beitrag kann ich mich nun nicht darum drücken, auch mal wieder etwas zu schreiben.
Wir hatten unseren Aufenthalt auf Teneriffa zunächst wegen Steffis Schnodderei und dann wegen des unstabilen Wetters ja noch etwas verlängert, und so freute ich mich sehr, als und Hajo und Mali anboten, uns auf eine kleine Insel-Rundfahrt mitzunehmen. Steffi blieb auf der Krassy, um sich noch etwas auszukurieren, und so hüpfte ich diesmal allein bei den beiden ins Auto.
Die beiden hatten auch schon eine tolle Route ausbaldovert, die uns zunächst von Santa Cruz auf der Autobahn nach Nordwesten führte, um dann auf die TF-24 abzubiegen, eine Straße, die auf einem Bergrücken mittig über die Insel in Richtung des Pico del Teide führt. Entlang dieser Route gibt es so einiges zu entdecken, und so war eine ganze Reihe an Zwischenstopps eingeplant.
Zunächst führte die Route durch eine saftig grüne Landschaft mit sanften Hügeln, die eher den Eindruck vermittelte, als würden wir durch die Toscana fahren, und nicht über eine Insel im atlantischen Ozean. Schnell schlängelte sich die Straße in die Höhe, und plötzlich fanden wir uns in dichten Kiefernwäldern wieder. Da wir nun auf einem Bergrücken unterwegs waren, boten sich abwechselnd tolle Ausblicke mal auf die Nordseite der Insel, mal auf die Südostseite der Insel. Allmählich mischte sich dann auch Fels unter die Kiefern, so dass man fast meinen könnte, nach der nächsten Kurve öffnet sich der Blick auf den Gardasee.



Allmählich waren wir auf einer Höhe um die 2000m angekommen, überschritten die Baumgrenze und fuhren nun durch eine Steppenlandschaft, über der der omnipräsente, 3718m hohe Vulkan Teide thronte. Die Gegend um den Teide genießt als einer von 16 spanischen Nationalparks besonderen Schutz. Man kann ihn zwar auf eigene Faust erkunden, weite Bereiche des Parks bleiben aber für die Öffentlichkeit gesperrt oder können nur mit lokalen Guides besucht werden (insbesondere im hochalpinen Bereich). Der Teide Nationalpark ist auch gleichzeitig der am meisten besuchte spanische Nationalpark. Insofern hat es schon gute Gründe, wenn die Parkverwaltung hier etwas restriktiver ist, um den natürlichen Charakter des Parks zu erhalten.
Wir besuchten das Besucherzentrum El Potillo, das bei freien Eintritt eine kleine Ausstellung zum Thema – natürlich – Vulkanismus bot und auch mit einem witzig gemachten Filmchen über die Entstehungsgeschichte der Kanaren im Allgemeinen und des Teide im Speziellen aufklärte. Neben dem Zentrum gab es noch einen Rundweg durch einen botanischen Garten, der die Vielfalt der hiesigen Fauna zeigen sollte. Naja, viel gab es nicht zu sehen, vielleicht ist das dafür die falsche Jahreszeit.






Bei unserer Fahrt durch den Nationalpark staunten wir darüber, wie schnell sich die Landschaft hier verändert. Zunächst noch auf braunem Grund unterwegs, wechselte er plötzlich zu rot, dann fuhren wir durch Felder von Lavagestein (ganz ähnlich wie wir sie auf Lanzarote kennengelernt haben). Ein besonderes Highlight war die Gegend unterhalb der Talstation der Teide-Seilbahn, die mit einem Untergrund aus hellem Kies und darüber gesprenkelten Vulkan-Brocken den Eindruck vermittelte, sich auf der Oberfläche des Mars zu befinden.
Solche spektakulären Spots erkennt man im Übrigen daran, dass plötzlich am Straßenrand unzählige Autos parken. Aber Gott sei dank ist der Mensch ja lauffaul. So ist man dennoch plötzlich ganz allein in der Mars-Landschaft unterwegs, wenn man mal 10 Minuten lang läuft.





Das eigentliche Highlight des Ausflugs aber haben sich Hajo und Mali zum Schluss aufgespart. Eine kleine Wanderung um die Roques de Garcia, eine markante Felsformation südlich des Teide. Die Roques gehören wohl definitiv zu den Must-Sees auf Teneriffa, der Parkplatz quoll aus allen Nähten und es strömten so viele Menschen zu den Aussichtspunkten, dass man den Eindruck hatte, in einer Völkerwanderung gelandet zu sein.
Aber auch hier: Je länger man läuft, desto ruhiger wird es. Die meisten Besucher waren eher auf ein Selfie als auf eine Wanderung aus. Wir folgten dem Pfad, der laut Wanderführer wohl in 1 Stunde und 15 Minuten zu bewältigen ist, und zunächst wirkte das tatsächlich auch realistisch. Der erste Teil des Weges war nämlich so gut ausgebaut, dass man ihn, ganz American-Style, wohl auch in einem AOK-Chopper bewältigen könnte, so witzelte ich. Aber es dauerte nicht lange, bis wir dann doch wieder durchs schroffe Gelände liefen, mit kleinen Kletter-Einlagen hier und dort. Der Pfad führte um die Felsen herum, durch ein Tal, und zum Abschluss in einem steilen Aufstieg wieder hinauf zu den Aussichtspunkten. Ich meine, wir habe dann doch etwas mehr als 2 Stunden für die Wanderung gebraucht.








Nun war es auch schon recht spät geworden, also ging die Reise weiter und letztlich, nach vielen Serpentinen bergab, über die Küstenautobahn im Süden zurück nach Santa Cruz. Vielen Dank ihr beiden für den tollen Tag!
Montag früh wollten wir uns dann noch einmal die Karten legen, ob wir uns nun auf den Weg in Richtung der Kapverden machen oder noch nicht. Und die Prognose war, wie die die letzen Tage auch, unbeständig. Irgendetwas schien da zu passieren ab der halben Strecke. Ja, das Hadern mit dem Wetter und der Entscheidung, wann denn nun ein guter Zeitpunkt ist zu starten. Letztes Mal haben wir einfach nach dem Wind im GFS-Modell geschaut, und auch da war es nicht ganz einfach, eine Entscheidung zu treffen. Jetzt schauen wir nach dem Wind in den verschiedenen Wettermodellen, nach der Stärke von Windböen, nach der Wellenhöhe und -richtung und nach der Gewitterwahrscheinlichkeit. Zu viele Informationen. Ein Wetterfenster zu finden, in dem alles gut aussieht, ist so natürlich schwierig.
In diesem Fall war es allerdings der CAPE-Index, der uns dazu bewog, noch ein paar Tage auf den Kanaren zu verweilen. CAPE steht für „Convective Available Potential Energy“, der Wert ist im Prinzip ein Maß für die vertikale Stabilität der Luftschichten. Bei großen Temperatur- und Feuchtigkeits-Unterschieden zwischen dem Boden und den höheren Luftschichten besteht demanch ein hohes Potential für aufsteigende Luftmassen. Das sorgt für die klassische Konvektionsbewölkung (Haufenwolken / Gewitterwolken), die aus einem entspannten Segeltag schnell nervige Quälerei machen können. Die Atmosphäre ist also unstabil, wenn der CAPE-Index hoch ist. Und tatsächlich war dieser Wert großflächig stark erhöht. Das passt dann auch ganz gut zu unserem Eindruck, dass der vorhergesagte Wind irgendwie „komisch“ ist und so gar nicht zu dem passt, was wir in diesen Breiten erwarten würden.
Also verfolgten wir erst einmal Plan B und segelten in den Süden von Gran Canaria, nach Pasito Blanco. Das taten wir in zwei Tagesetappen. Die erste Etappe führte uns an einen Ankerplatz vor Puerto de Sardina, wo wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit den Anker fallen ließen. Die Segelei war bei mäßigem Wind und hohen Temperaturen sehr angenehm. Der Ankerplatz war zwar etwas rollig, aber gut gegen den aktuellen Wind geschützt, und lud am nächsten Morgen dazu ein, mal wieder eine Runde ums Boot zu schwimmen.




Von dort aus ging es nach Pasito Blanco, und diesmal war ordentlich Spaß im Glas. Es war schon mehr Wind vorhergesagt als am Vortag, und wir hatten einmal die halbe Insel zu umrunden. Wir segelten an der Steilküste entlang nach Süden und das war zunächst echt ein heißer Ritt. Wir hatten nur das Groß im 1. Reff oben, und nach kurzem Motoren aus dem Schutz des Ankerplatzes heraus fanden wir auch schon den Wind. Motor aus, es kann gesegelt werden! Es fing sehr entspannt an, doch der Wind drehte ordentlich auf. Die Kanarischen Inseln sind ja sozusagen recht große Hindernisse für den Wind, der dann natürlich mit höherer Geschwindigkeiten um die Hindernisse herum wehen muss. Daher gibt es hier ganz typische „Beschleunigungszonen“, in denen der Wind deutlich stärker ist als vorhergesagt. Und genau so eine Zone haben wir nun durchquert. So gingen die Böen auf 30kn hoch, immerhin sieben stramme Windstärken. Seglerisch gut betankt ritten wir das aus, und hatten tolles Segeln im Geschwindigkeits-Rausch. Nach ein paar Stunden war der Zauber dann vorbei, wir waren in den Windschatten der Insel eingetaucht und nun war plötzlich Ententeich. Interessanter Weise konnten wir auch im Windschatten noch stellenweise segeln, bis uns, kurz vorm Ziel, der Wind wieder voll auf die Nase wehte. Ein Abwechslungsreicher Segeltag!
Jetzt fragt ihr euch sicher: Warum in drei Teufels Namen fahrt ihr ausgerechnet in den Süden von Gran Canaria, der euch bei eurer Letzten Reise nicht gerade überzeugt hat? Und dann ausgerechnet noch ganz in die Nähe von Maspalomas, dem Massen-Touri-Hausen der Kanaren schlechthin?!? Das kam so: Freunde von uns aus der La Coruña-Gang, Gerrit und Nicole von der Segelyacht Carinya liegen hier. Sie sind ungefähr zu der Zeit, als wir in Marokko waren, hierher gesegelt und dann für vier Wochen noch einmal nach Deutschland geflogen. Wir hatten in Cascais häufiger zusammen gesessen und darüber sinniert, dass es doch toll wäre, solche langen Strecken gemeinsam zu segeln. Immerhin sind die Carinya und die Krassy recht vergleichbare Boote mit ganz ähnlichen Reisegeschwindigkeiten. Allerdings passten unsere Zeitpläne nicht so richtig zusammen. Wir gingen davon aus, schon längst auf dem Weg zu den Kapverden zu sein, wenn die beiden wieder zurück auf Gran Canaria sind. Nun hatten wir doch eine längere (und bessere!) Zeit auf den Kanaren als gedacht, und dadurch, dass wir am letzten Wochenende nicht losgefahren sind, passen unsere Zeitpläne plötzlich wieder zusammen. Nicole und Gerrit waren die Tage auch im Vorbereitungs-Modus, und haben Freitag (also morgen) als Startzeitpunkt im Auge, sofern das Wetter passt. Das würde bei uns auch gut passen. So tüdelten wir gestern noch etwas am Boot rum, heute gehen wir zusammen noch einmal die Vorräte wieder aufstocken, die wir jetzt schon wieder weggefuttert haben, und dann, sofern das Wetter passt, geht es morgen endlich los. Wir halten euch auf dem Laufenden!
