Nachrichten von hoher See

22°05,8’N 020°43,7’W

Disclaimer: Dieser Beitrag sollte eigentlich während unserer Überfahrt hochgeladen werden, aber irgendwie hat der Upload mit dem Satellitentelefon nicht richtig geklappt. Jetzt bekommt ihr diesen Lesestoff also ein bisschen verspätet, dafür aber mit Fotos. Viel Spaß beim Lesen! 

Der Abschied von Gran Canaria fiel uns auch bei unserem diesmaligen Besuch nicht schwer. Ich kann mir einfach nicht helfen, ich mag die Insel nicht. Wir lagen in Pasito Blanco, einem künstlich angelegten Resort mit Yachthafen. Hier gab es außer einem winzigen Spar-Markt und jeder Menge Kakerlaken nichts. Der Hafen war furchtbar, denn dort mussten wir zwischen zwei riesigen Motorbooten eingeklemmt mit der Nase zum Steg an Mooring-Leinen festmachen. Während der Wind völlig ungeschützt in die Marina blies, ruckten wir also kräftig in die Leinen ein, da der Platz für uns eigentlich viel zu groß war und wir die Mooringen auf Anschlag spannen mussten. Das schlimmste aber war, dass die Stege so niedrig angelegt waren, dass ich über den Bug zwar von Bord kam, aber nicht wieder rauf. Um über den Bug einzusteigen muss man mit einem Fuß auf den Anker treten und sich dann am Bugkorb möglichst weit hinten festhalten um sich hochzuziehen. Ich bin keine 20 mehr und meinen Fuß bis auf Kopfhöhe hochzuheben und dann noch meine stattliche Masse am wackeligen Anker hochzuwuchten kriege ich nicht mehr hin. Zumindest nicht ohne Verletzungsrisiko… Christian baute mir zwar aus ein paar Kisten ein wackeliges Treppchen, aber Mist war das trotzdem. Als dann noch am letzten Abend vor unserer Abfahrt eine riesige Kakerlake direkt vor der Krassy über den Steg krabbelte konnte ich es kaum mehr erwarten endlich weg zu kommen! Diese ekligen Viecher können einem auch über die Leinen an Bord kommen, dementsprechend unentspannt war ich also… 

Aber am Freitag Mittag ging es dann endlich los. Die Krassy war voll aufgetankt, mit Wasser und Diesel, und vollgestopft mit frischem Obst, Gemüse und anderen Lebensmitteln. Wir waren bereit! 

Diesmal fuhren wir allerdings nicht alleine los. Gerrit und Nicole von der Carinya starteten mit uns zusammen und wir verabredeten uns dazu immer in Reichweite zu bleiben. Das tun wir auch und es ist erstaunlich, was es ausmacht, hier auf dem Ozean immer ein befreundetes Boot in der Nähe zu sehen. Obwohl die Carinya, eine schöne Trintella 38 Ketsch, ein bisschen länger ist als die Krassy, sind wir doch ziemlich gleich schnell unterwegs. Genau genommen sogar so gleich, dass wir uns Tag und Nacht kaum mehr als ein paar Meilen voneinander entfernen. Wir müssen eher aufpassen einander nicht über den Haufen zu fahren. Mitunter kommen die beiden Boote sich so nah, dass wir fast rüberrufen können. Großartig! 

Zwei Mal am Tag funken wir, tauschen uns über die Ereignisse der Tage und Nächte aus und geben uns gegenseitig Wetterinfos. Und noch einen weiteren Vorteil hat das Buddy-Boating: man kann unterwegs tolle Fotos voneinander machen!

Heute früh haben wir Bergfest gefeiert, denn von der ca. 850 Meilen langen Strecke zum kapverdischen Inselarchipel haben wir bereits die Hälfte geschafft, und das in weniger als 3 Tagen. Wir sind fix unterwegs und dürfen seit unserem Start feinstes Segeln genießen! Unser Motor lief bisher nur in den 20 Minuten, die wir brauchten um den Hafen zu verlassen und die Segel hochzuziehen. Seit dem fahren wir einen sehr stabilen Vorwind-Kurs mit ausgebaumter Genua und voll aufgefiertem Großsegel. Gelegentlich reffen wir die beiden Segel ein oder aus, je nachdem, wie sich die Windstärke ändert, aber ansonsten müssen wir kaum etwas tun. Mit dem Großsegel sind wir stabil unterwegs und die Krassy rollt nicht allzu sehr, auch wenn wir natürlich atlantische Wellen haben, die von hinten angerollt kommen. 

In den ersten Tagen war der Himmel noch etwas verhangen und so zog sich sogar Christian irgendwann eine lange Hose und seine Fleece-Jacke über, aber so langsam wird es immer wärmer. Die dichte Wolkendecke hatte uns ein kleines Energie-Defizit beschert, denn unsere Solarpaneele schafften es in den ersten Tag nicht die Batterien ganz voll zu bekommen, aber wir schaffen es trotzdem ganz gut, die in der Nacht verbrauchte Energie tagsüber wieder aufzufüllen. 

Tja, und was machen wir so den ganzen Tag? Die meiste Zeit über schauen wir auf die Wellen. Klingt langweilig, ist es aber nicht. Manchmal läuft dazu Musik, eine 80er Jahre Playlist oder unsere alt bekannten Shanties, die wir auch gelegentlich mal laut mitsingen (hier hört uns ja keiner). Ab und zu hören wir auch Hörbücher oder Podcasts, lesen und faulenzen. Mittags wird immer das Iridium-Telefon ausgepackt und wir schicken ein Lebenszeichen und eine Position an unsere Familien daheim und rufen alle paar Tage neue Wetterdaten ab. Christian hat ein leckeres Sauerteigbrot gebacken und jeden Abend gibt es bei uns ein warmes Abendessen. Nachdem wir uns in der ersten Nacht noch ein bisschen an den Schlafrhythmus gewöhnen mussten, klappt es jetzt super mit den Wachen. Tagsüber kann man auch jederzeit ein bisschen Schlaf nachholen, wenn es nötig ist. 

Gerade vormittags hat sich bei uns eine schöne Routine eingestellt. Wenn ich nach meiner letzten Freiwache aus der Koje krieche gibt es erst mal ein leckeres Frühstück mit viel Obst und frisch gebackenem Brot. Anschließend machen wir uns für den Tag fertig, öffnen unsere Adventskalender, schreiben unsere Nachrichten in die Heimat und rufen Wetterdaten ab und dann gibt‘s die Funkrunde mit Carinya. Ruck-Zuck ist der Vormittag vorbei, aber mit dieser Routine vergehen die Tage wie im Flug. Sobald es abends dunkel wird, schalten wir die Lichterkette unseres süßen kleinen Weihnachtsbaums ein. Ganz vielen lieben Dank noch mal an unsere lieben Freunde Silke und Pascal für dieses wohlbedachte Geschenk! Wir freuen uns jeden Tag darüber!

Gestern haben wir dummerweise beim Reffen des Großsegels die Luke im Vorschiff nicht richtig zu gemacht. Ein richtig blöder Fehler, der uns nicht zum ersten Mal passiert ist (flache Lernkurve…). Unser Bettzeug, die Matratze an Steuerbord und auch der Teppich im Durchgang bekamen eine ordentliche Salzwasserdusche ab, als eine Welle einstieg. Zum Glück konnten wir im Laufe des warmen Tages fast alles wieder trocknen, aber in Mindelo werden wir wohl noch mal die Bezüge waschen müssen, schlafen können wir aber erst mal auch so. Tja, das ist eben ein Wassersport… 

Gelegentlich wird auch mal ein kleiner Fisch an Deck gespült und einmal fanden wir nach dem Reffen einen gar nicht mal so kleinen Tintenfisch, den wir schnell zurück in den Ozean beförderten. 

Und gestern gab es noch ein kleines Highlight für uns: wir haben unseren ersten Fisch auf dieser Reise gefangen! Eine kleine Goldmakrele, die für ein schönes Filet für jeden von uns ausgereicht hat. Sehr lecker und sehr vertraut! 

Wir hatten auf Fuerteventura einen blauen Gummi-Tintenfisch als Köder gekauft. Auf der Überfahrt von Teneriffa nach Gran Canaria hatten wir den das erste Mal getestet und prompt tauchten neben uns ein paar fliegende Fische auf, die knapp über der Wasseroberfläche flogen. Direkt dahinter folgte ein Schwarm leuchtend blauer Goldmakrelen, die ebenfalls aus dem Wasser sprangen um die fliegenden Fische zu jagen. Ein unglaublicher Anblick! Was wir nur vermuten konnten, war, dass die Goldmakrelen wiederum von einer Gruppe Thunfische gejagt wurden. Im Blutrausch schnappte sich einer davon auch gleich unseren Köder, biss aber leider beide Haken sauber ab. Unser schöner Köder war zerkaut, ohne Haken und ohne Fisch… Wir sahen den Fisch noch kurz, wie er am Haken hing, da war er auch schon wieder weg, aber wir waren natürlich angefixt. Christian reparierte den Köder und gestern biss gleich wieder ein großer Fisch an. Der konnte sich allerdings auch wieder befreien, aber wir wissen jetzt, dass unser Köder funktioniert. Am späten Nachmittag hatten wir dann Glück und konnten die kleine Goldmakrele an Bord ziehen. Christian filetierte den schlanken Fisch direkt und wir konnten am Abend ein richtig leckeres Essen genießen. 

Mal sehen, ob wir heute wieder so viel Glück haben! 

Wir hoffen, dass wir auch für die letzten Tage weiterhin so tollen Segelwind bekommen und da das Buddy-Boating mit Carinya so super funktioniert, wollen wir wahrscheinlich auch zusammen in die Karibik rüber fahren. Mal sehen, aber es wäre auf jeden Fall super, auch dort nicht allein unterwegs zu sein. Erst mal müssen wir aber an unserem Zwischenziel Mindelo ankommen. 

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