32°03,0‘N, 078°25,8’W
Als wir den Schreck mit unserem Motor verarbeitet hatten, wollten wir eigentlich schnellstmöglich in die USA aufbrechen. Unser Wassertank war randvoll, wir hatten frisches Obst und Gemüse eingekauft und der Motor schnurrte wieder wie ein besonders braves Kätzchen. Was allerdings nicht mitspielte, war der Wind. Wir beobachteten die Vorhersagen und sahen zu, wie sich ein riesiges Windfeld mit einer Front langsam über den Golfstrom schob. Alles noch ein paar Tage in der Zukunft, aber wir mussten ohnehin noch ein paar Meilen weiter nach Westen, damit wir einen möglichst guten Absprung von den Bahamas hätten. Wir nutzten also erst mal die Zeit und fuhren innerhalb der Bahamas noch ein Stück weiter. Das komische Wetter in Florida sollte auch uns nicht ganz unberührt lassen und bescherte uns einen ungewöhnlichen Südwind, der uns zwang, unseren nächsten Ankerplatz sorgfältig auszuwählen. Die meisten Ankerplätze sind ausgerechnet nach Süden eher ungeschützt, da das hier nicht die vorherrschende Windrichtung ist. Wir suchten uns die kleine, unbewohnte Insel Little Sale Cay für die erste Nacht aus. Von hier aus hätten wir einen super Absprungort, der Ankerplatz war durch das kleine Eiland gut geschützt und das Beste war: wir waren mal wieder ganz für uns allein! Als am folgenden Morgen langsam mehr Wind aufzog, wurde es allerdings etwas ungemütlich und so bogen wir um die Ecke zur ebenfalls unbewohnten, großen Schwester Great Sale Cay, wo wir noch etwas besser geschützt liegen würden. Hier waren wir nicht mehr allein, aber damit kann man klar kommen. Ganz im Gegenteil wurde dieser Ankerplatz langsam sogar immer voller. Wie es schien waren wir nicht die einzigen, die auf ein Wetterfenster für die Überfahrt warteten. Obwohl unser Mobilfunknetz hier nur funktionierte, wenn wir aus dem Cockpit aufstanden und unsere Telefone möglichst hoch in die Luft hielten – ein kleines post-modernes Drama, könnte man fast sagen – riefen wir immer wieder neue Wetterdaten ab. Erst schien es so als könnten wir am Samstag starten, dann schob sich unser Start auf Sonntag, dann auf Montag. Da könnte es noch mal kurz ein bisschen wilder werden, aber danach sah es gut aus. Als Christian dann jedoch zusätzlich auf Regen und Gewitter schaute, war der Montag-Plan auch wieder ganz schnell gestorben. Alle Modelle zeigten eine epische Gewitterfront, die literweise Regen mitbringen sollte. Wenn wir auf eine Sache auf See verzichten können, dann sind es Blitz und Donner… Grummelig entschieden wir also doch noch eine weitere Nacht zu bleiben und da es bereits am Abend anfing zu regnen, waren wir einigermaßen versöhnt mit unserer Entscheidung, noch eine weitere Nacht am Anker zu hängen. Es war in den letzten Tagen immer grauer geworden und mittlerweile hatten wir seit einer guten Woche keinen Fuß mehr an Land gesetzt. Das Leben vor Anker auf den Bahamas ist schön, aber irgendwann reichte es uns auch, vor allem, wenn es um einen herum eher nach einem Herbst-Tag auf der Nordsee aussieht, als nach sonniger Idylle. Wir wollten endlich weiter!
In der folgenden Nacht walzte dann auch die versprochene Gewitterfront über uns hinweg. Es wehte und klapperte, das ganze Rigg schüttelte sich in Böen von über 30 Knoten und der Regen prasselte unablässig aufs Deck, wo er zumindest endlich das festgetrocknete Salz aus jeder noch so kleinen Ritze herausspülte. Und dann, ganz plötzlich, als hätte jemand einen Schalter umgelegt, kehrte Stille ein. Das wilde Getöse des Windes brach so abrupt ab, dass es schien als hätte der Wind in diesem Moment entschieden, dass er jetzt genug hätte. Wie Forest Gump, der quer durch Amerika rennt, bis er einfach eines Tages stehen bleibt, weil er keine Lust mehr hat zu laufen. Was blieb, war eine unheimliche Stille, untermalt nur noch von einem leisen Prasseln der letzten Regentropfen, die der Front hinterherhechelten. Der Rest der Nacht war kurz, denn auf den Sturm folgte eine stickige Wärme. Aber jetzt konnte es endlich los gehen. Wir sprangen noch ein letztes Mal ins Wasser und dann ging der Anker auf. Eigentlich war sehr wenig Wind vorhergesagt gewesen, aber die Front hatte uns zum Glück genug da gelassen, dass wir rasant schnell über die Bahama-Bank flogen. Geschwindigkeits- und Tiefenmesser zeigten an diesem Tag den gleichen Wert an: 6 Meter Tiefe, 6 Knoten Fahrt. Es gibt nicht allzu viele Orte auf der Welt, an dem das passiert, ohne dass man als Segler nervös wird… Als wir den Schutz der Bank verließen und ins tiefe Wasser des Atlantiks kamen gesellte sich eine stabile Welle zum Wind, aber wir kamen super voran. Am ersten Tag – und vor allem in der ersten Nacht – auf See muss man sich ohnehin erst mal eingewöhnen. Das gilt ganz besonders dann, wenn man die letzten Wochen komplett ohne Wellen in der Bahama-Badewanne verbracht hat. Erst am nächsten Tag ließ der Wind dann tatsächlich nach und gegen Nachmittag mussten wir unseren treulosen Motor einschalten. Der lief einwandfrei, auch wenn wir – immer noch ein bisschen misstrauisch – deutlich häufiger Motorkontrollen machten und die Instrumente kaum aus den Augen ließen. Ich nehme einfach mal an, dass das wohl jedem so gehen würde… Der Wind hatte uns in der Nacht ein wenig aus dem Golfstrom herausgeschoben und nun fehlte uns der Strömungsturbo. Zudem mussten wir ein Sperrgebiet vor Cape Canaveral umfahren, das vor herabfallenden Trümmerteilen von Raketenstarts warnt. Zu der Zeit, als wir hier durch kamen, waren zwar offenbar keine Starts geplant, aber wir wollten möglichst trotzdem darauf verzichten, von Elon‘s Weltraumschrott erschlagen zu werden… Wir wägte also ab, was uns weniger Zeit kosten würde und beschlossen, eine Weile lang zurück Richtung Golfstrom und weniger auf unser Ziel zu zu fahren. Als der Wind wieder einsetzte flogen also wieder mit 8-9 Knoten an der amerikanischen Ostküste entlang. Ein paar Meilen haben wir noch vor uns und wo genau wir ankommen werden, wissen wir noch nicht. Zur Auswahl stehen Beaufort, North Carolina oder, wenn möglich, Norfolk, Virginia. Um nach Norfolk zu kommen, müssten wir allerdings das gefürchtete Cape Hatteras umrunden und das wollen wir nur tun, wenn der Wind nicht allzu sehr verrückt spielt. Von Beaufort aus könnten wir auch über den ICW (Intracoastal Waterway), also im geschützten Kanal nach Norfolk weiter fahren, das würde uns allerdings ein paar Tage kosten. Mal sehen, wie sich die Vorhersagen entwickeln, bisher genießen wir aber eine herrliche Überfahrt. So dürften die Seeetappen ab jetzt gerne immer aussehen!
Steffi
Als wir den Schreck mit unserem Motor verarbeitet hatten, wollten wir eigentlich schnellstmöglich in die USA aufbrechen. Unser Wassertank war randvoll, wir hatten frisches Obst und Gemüse eingekauft und der Motor schnurrte wieder wie ein besonders braves Kätzchen. Was allerdings nicht mitspielte, war der Wind. Wir beobachteten die Vorhersagen und sahen zu, wie sich ein riesiges Windfeld mit einer Front langsam über den Golfstrom schob. Alles noch ein paar Tage in der Zukunft, aber wir mussten ohnehin noch ein paar Meilen weiter nach Westen, damit wir einen möglichst guten Absprung von den Bahamas hätten. Wir nutzten also erst mal die Zeit und fuhren innerhalb der Bahamas noch ein Stück weiter. Das komische Wetter in Florida sollte auch uns nicht ganz unberührt lassen und bescherte uns einen ungewöhnlichen Südwind, der uns zwang, unseren nächsten Ankerplatz sorgfältig auszuwählen. Die meisten Ankerplätze sind ausgerechnet nach Süden eher ungeschützt, da das hier nicht die vorherrschende Windrichtung ist. Wir suchten uns die kleine, unbewohnte Insel Little Sale Cay für die erste Nacht aus. Von hier aus hätten wir einen super Absprungort, der Ankerplatz war durch das kleine Eiland gut geschützt und das Beste war: wir waren mal wieder ganz für uns allein! Als am folgenden Morgen langsam mehr Wind aufzog, wurde es allerdings etwas ungemütlich und so bogen wir um die Ecke zur ebenfalls unbewohnten, großen Schwester Great Sale Cay, wo wir noch etwas besser geschützt liegen würden. Hier waren wir nicht mehr allein, aber damit kann man klar kommen. Ganz im Gegenteil wurde dieser Ankerplatz langsam sogar immer voller. Wie es schien waren wir nicht die einzigen, die auf ein Wetterfenster für die Überfahrt warteten. Obwohl unser Mobilfunknetz hier nur funktionierte, wenn wir aus dem Cockpit aufstanden und unsere Telefone möglichst hoch in die Luft hielten – ein kleines post-modernes Drama, könnte man fast sagen – riefen wir immer wieder neue Wetterdaten ab. Erst schien es so als könnten wir am Samstag starten, dann schob sich unser Start auf Sonntag, dann auf Montag. Da könnte es noch mal kurz ein bisschen wilder werden, aber danach sah es gut aus. Als Christian dann jedoch zusätzlich auf Regen und Gewitter schaute, war der Montag-Plan auch wieder ganz schnell gestorben. Alle Modelle zeigten eine epische Gewitterfront, die literweise Regen mitbringen sollte. Wenn wir auf eine Sache auf See verzichten können, dann sind es Blitz und Donner… Grummelig entschieden wir also doch noch eine weitere Nacht zu bleiben und da es bereits am Abend anfing zu regnen, waren wir einigermaßen versöhnt mit unserer Entscheidung, noch eine weitere Nacht am Anker zu hängen. Es war in den letzten Tagen immer grauer geworden und mittlerweile hatten wir seit einer guten Woche keinen Fuß mehr an Land gesetzt. Das Leben vor Anker auf den Bahamas ist schön, aber irgendwann reichte es uns auch, vor allem, wenn es um einen herum eher nach einem Herbst-Tag auf der Nordsee aussieht, als nach sonniger Idylle. Wir wollten endlich weiter!
In der folgenden Nacht walzte dann auch die versprochene Gewitterfront über uns hinweg. Es wehte und klapperte, das ganze Rigg schüttelte sich in Böen von über 30 Knoten und der Regen prasselte unablässig aufs Deck, wo er zumindest endlich das festgetrocknete Salz aus jeder noch so kleinen Ritze herausspülte. Und dann, ganz plötzlich, als hätte jemand einen Schalter umgelegt, kehrte Stille ein. Das wilde Getöse des Windes brach so abrupt ab, dass es schien als hätte der Wind in diesem Moment entschieden, dass er jetzt genug hätte. Wie Forest Gump, der quer durch Amerika rennt, bis er einfach eines Tages stehen bleibt, weil er keine Lust mehr hat zu laufen. Was blieb, war eine unheimliche Stille, untermalt nur noch von einem leisen Prasseln der letzten Regentropfen, die der Front hinterherhechelten. Der Rest der Nacht war kurz, denn auf den Sturm folgte eine stickige Wärme. Aber jetzt konnte es endlich los gehen. Wir sprangen noch ein letztes Mal ins Wasser und dann ging der Anker auf. Eigentlich war sehr wenig Wind vorhergesagt gewesen, aber die Front hatte uns zum Glück genug da gelassen, dass wir rasant schnell über die Bahama-Bank flogen. Geschwindigkeits- und Tiefenmesser zeigten an diesem Tag den gleichen Wert an: 6 Meter Tiefe, 6 Knoten Fahrt. Es gibt nicht allzu viele Orte auf der Welt, an dem das passiert, ohne dass man als Segler nervös wird… Als wir den Schutz der Bank verließen und ins tiefe Wasser des Atlantiks kamen gesellte sich eine stabile Welle zum Wind, aber wir kamen super voran. Am ersten Tag – und vor allem in der ersten Nacht – auf See muss man sich ohnehin erst mal eingewöhnen. Das gilt ganz besonders dann, wenn man die letzten Wochen komplett ohne Wellen in der Bahama-Badewanne verbracht hat. Erst am nächsten Tag ließ der Wind dann tatsächlich nach und gegen Nachmittag mussten wir unseren treulosen Motor einschalten. Der lief einwandfrei, auch wenn wir – immer noch ein bisschen misstrauisch – deutlich häufiger Motorkontrollen machten und die Instrumente kaum aus den Augen ließen. Ich nehme einfach mal an, dass das wohl jedem so gehen würde… Der Wind hatte uns in der Nacht ein wenig aus dem Golfstrom herausgeschoben und nun fehlte uns der Strömungsturbo. Zudem mussten wir ein Sperrgebiet vor Cape Canaveral umfahren, das vor herabfallenden Trümmerteilen von Raketenstarts warnt. Zu der Zeit, als wir hier durch kamen, waren zwar offenbar keine Starts geplant, aber wir wollten möglichst trotzdem darauf verzichten, von Elon‘s Weltraumschrott erschlagen zu werden… Wir wägte also ab, was uns weniger Zeit kosten würde und beschlossen, eine Weile lang zurück Richtung Golfstrom und weniger auf unser Ziel zu zu fahren. Als der Wind wieder einsetzte flogen also wieder mit 8-9 Knoten an der amerikanischen Ostküste entlang. Ein paar Meilen haben wir noch vor uns und wo genau wir ankommen werden, wissen wir noch nicht. Zur Auswahl stehen Beaufort, North Carolina oder, wenn möglich, Norfolk, Virginia. Um nach Norfolk zu kommen, müssten wir allerdings das gefürchtete Cape Hatteras umrunden und das wollen wir nur tun, wenn der Wind nicht allzu sehr verrückt spielt. Von Beaufort aus könnten wir auch über den ICW (Intracoastal Waterway), also im geschützten Kanal nach Norfolk weiter fahren, das würde uns allerdings ein paar Tage kosten. Mal sehen, wie sich die Vorhersagen entwickeln, bisher genießen wir aber eine herrliche Überfahrt. So dürften die Seeetappen ab jetzt gerne immer aussehen!
Steffi
Hallo aus Bremen, endlich wieder Nordderby, wenigstens für eine Saison (sorry, bin Werderfan)! Wir sind gespannt, wo ihr in den USA ankommt, aber es scheint ja herrliches Segelwetter zu sein. Drückt heute die Daumen, heute Abend ist ESC. Wir haben Interpreten aus Österreich, vielleicht gibt’s da ja mal Punkte für die ESC-Parias. Euren Regen hätten wir gerne mal, hier hat es seit Wochen nicht geregnet und dann noch tüchtig geweht. Im Rhododendronpark sind die Teiche fast ausgetrocknet, wir schleppen fleißig Gießkanne.
Liebe Grüße von Anja und Armin
Hey ihr beiden,
ja, viel ist passiert in den paar Tagen. Neben dem HSV ist ja auch Köln aufgestiegen, und das ist mir altem Kölner natürlich viel wichtiger 🙂
Und euer Favorit hat ja auch scheinbar den ESC gerockt.
Wir haben uns weiter den ICW hochgehangelt und sind heute in Portsmouth bzw. Norfolk angekommen. Schweinekalt ist das hier! Und ordentlich Regen hatten wir heute auch. Bevor das zurück geht, muss es aber wieder sommerlicher werden! 😂
LG!