Vigo, Spanien
Wir verließen die Ruhe der Illa de Ons nur ungern, aber hier hatten wir alles gesehen und wir waren für den Abend in Vigo verabredet.
Der Wind war ziemlich mau und als wir den Anker hochgezogen hatten wurde es immer windstiller. Aber wir sind Segler und keine Motorbootfahrer und so zogen wir unsere Tücher hoch.
Schnell stellten wir allerdings fest, dass unsere Logge nicht lief. Ein Zustand, den wir eigentlich von unserer alten Logge schon gewohnt waren, der uns aber massiv störte. Kurz zur Erklärung: die Logge ist ein mechanischer Sensor, der unter dem Boot aus dem Rumpf herausschaut. Hier ist ein kleines Rädchen aus Kunststoff angebracht, das sich bei der Fahrt durchs Wasser dreht und so aufzeichnet, wie schnell wir unterwegs sind. Gleichzeitig merkt sich die Logge, wie weit wir schon gefahren sind. Zumindest durchs Wasser. Unser GPS zeichnet nämlich parallel auf, wie schnell und weit wir uns bewegen, allerdings über Grund. Aus der Differenz der beiden Anzeigen können wir ablesen, ob wir uns in Strömungsgebieten befinden und falls ja, ob uns die Strömung anschiebt oder ausbremst. Das ist wichtig zu wissen, insbesondere wenn man in unbekannte Häfen einfährt und die Strömung für das Anlegemanöver einkalkulieren muss.
Die mechanische Logge hat den großen Nachteil, dass sie nicht nur recht ungenau ist, sondern auch sehr, sehr anfällig gegen Störungen. Setzen sich beispielsweise Seepocken auf das kleine Rädchen, dann dreht sich da nix mehr und wir bekommen keine Werte und zeichnen keine Strecke mehr auf. Vor ein paar Jahren tauschten wir unsere alte, völlig blockierte Logge durch ein neues Modell aus, aber auch die stand jetzt still.
Da wir eh sehr, sehr langsam an der Insel vorbeidümpelten entschied Christian die Logge zu ziehen. Unter unserer Koje im Vorschiff kann man das Bodenbrett herausnehmen und den Geber der Logge herausziehen. Als Christian das zum ersten Mal machte schoss ihm dabei ein Wasserstrahl entgegen, so dick wie sein Unterarm. Es liegen geschmeidige 7-8 Tonnen auf der Öffnung in der die Logge steckt und so bekommt man ein sehr anschauliches Bild davon, was passiert, wenn man ein Loch im Boot hat…
Mittlerweile hat Christian die Logge schon ein paar Mal gezogen und unser neues Modell hat eine Rückschlagklappe. So kann man den Geber herausziehen und schnell einen Stopfen in die Öffnung stecken, dann säuft man auch nicht ab.
Nach einer kurzen Reinigung der Logge lief sie wieder wie gewohnt. Inzwischen war der Wind allerdings komplett eingeschlafen und so wurden wir kurzzeitig doch noch zu Motorbootfahrern. Zum Glück nicht für lang, denn der Rest des Tages schaffte es in die Top 10 unserer schönsten Segeltage auf dieser Reise. Die Sonne schien, die See war spiegelglatt und die leichte Brise schob uns Richtung Vigo.
Eine Gruppe Delfine besuchte uns unterwegs und bot uns ein unterhaltsames Schauspiel. Die Delfine sprangen wie wild aus dem Wasser und klatschten ihre Flossen beim Eintauchen auf die Wasseroberfläche. Eine Delfin-Mama schwamm dicht an ihr Kleines gedrängt neben uns her und die beiden sprangen sogar vollkommen synchron aus dem Wasser. Wie gesagt, hiervon kann man einfach niemals genug bekommen!





Um einem kleinen Verkehrstrennungsgebiet vor der Ría de Vigo auszuweichen fuhren wir dicht an den Islas Cies vorbei, die ebenfalls zum Naturschutzgebiet der Illas Altánticas gehören und die wir auf jeden Fall auch noch besuchen wollen. Viel zu schnell erreichten wir Vigo, wo wir direkt von einem netten Hafenmeister in Empfang genommen wurden. Der Hafen in Vigo ist uns schon bekannt, denn wir waren auf unserer letzten Reise bereits hier. Man liegt hier direkt an der Promenade und ist so auch gleich im Geschehen. Die Lage ist top, aber wie wir schon damals in unserem Blog bemerkt hatten sind die sanitären Anlagen unterirdisch und das hat sich in der Zwischenzeit leider auch nicht geändert.
Ich wollte trotzdem dringend duschen, unser kleiner, eiskalter Schwimmausflug war nämlich nicht geeignet gewesen um meine Haare zu waschen. Ich packte also meine Sachen und lief zu den Duschen hinüber. Die sanitären Anlagen, die der piekfeine Real Club Nautico de Vigo seinen Gästen zur Verfügung stellt gehören zur angegliederten Segelschule. In einem ziemlich heruntergekommenen Gebäude mitten im Hafen findet man also eine Art Umkleideraum mit zwei offenen Duschkabinen. Nicht gerade einladend, aber es half ja nichts…
Zum Glück war ich allein in dem gut einsehbaren Umkleideraum. Ich schloss also sorgfältig die Tür, zog mich aus und wollte gerade in die Dusche gehen, als die Tür weit aufflog und ein kleines Mädchen hereinkam. Offenbar war gerade der Segelunterricht für die Kinder beendet. Perfektes Timing! Wir schauten uns kurz gegenseitig etwas erschrocken an und ich stieg in die Dusche. Wir waren ja unter uns Mädels. Aber die Tür war weit offen stehen geblieben und während ich noch überlegte, ob ich der kleinen in meinem Anfänger-Spanisch nahelegen könnte doch bitte die Tür zu schließen, rauschte ein ganze Horde weiterer Kinder unter unfassbar lautem Gekreische in den Umkleideraum.
Derweil stand ich japsend unter der Dusche, die war nämlich ähnlich temperiert wie das Wasser der Ría und ich war nur froh, dass aus dem Duschkopf keine Eiswürfel auf mich herabregneten. Noch nie in meinem Leben habe ich so unentspannt geduscht! Die Umkleidekabine hatte die Akustik einer Turnhalle und so war die Lautstärke binnen Sekunden auf gefühlte 500 Dezibel angestiegen. Dazu das arktisch kalte Wasser, dass mir den Rücken herunterlief und mir den Atem raubte… Ich zog mich so schnell ich konnte wieder an und lief zurück zur Krassy, wo Christian schon grinsend auf mich wartete. Den Lärm der Kinder hatte er bis zum Boot gehört und schon geahnt, dass ich begeistert sein würde…
Da ich nach der Eisbehandlung völlig durchgefroren war kramte Christian mir das Stromkabel aus den Tiefen des Bootes und ich konnte zumindest am Steg meine Haare trocken föhnen. Dass mir dabei die ganze Promenade zuschaute war mir jetzt auch egal!



Für den Abend waren wir mit Ludger und Simone zum Essen verabredet. Wir spazierten also los um uns ein nettes Restaurant zu suchen, in dem wir Simones Abschied gebührend begehen konnten. In einem unscheinbar anmutenden Laden wurden wir fündig. Der Kellner führte uns in einen urig gemütlichen Speiseraum und wir bekamen einen Tisch direkt neben einem in die Wand eingelassenen Brunnen. Echt nett hier!
Am Nachbartisch hatte ein älteres spanisches Pärchen bereits eine große Platte mit Fleisch und einen kleinen Gasgrill auf dem Tisch stehen. Es roch phantastisch und so waren wir uns gleich einig, dass wir das gleiche wollten. Die Kellner freuten sich, dass wir in unserem gebrochenen Spanisch das Essen bestellten und wir genossen einen Teller Jakobsmuscheln und eine große Platte mit ausgezeichnetem Fleisch, das wir auf dem mit grobem Salz bestreuten Grill selbst brieten.
Wir hatten mal wieder einen tollen Abend zusammen, der von einem kleinen Highlight abgerundet wurde. Vielleicht erinnert ihr euch noch, dass wir in La Coruña einen ganzen Tag lang nach den kleinen Estrella Galicia Gläsern suchten, die Christian schon bei unserer letzten Reise so toll fand. Diese Gläser hatten wir zum Essen bekommen und als wir das Lokal verließen fragte ich einen der Kellner, ob er vielleicht wüsste, wo man die denn kaufen könnte (den Satz hatte ich mir vorsichtig zurechtgelegt und war begeistert, dass er mich auf Anhieb verstand). Kaufen könnte man die nicht, die gibt es nur in der Gastro, aber wir sollten mal mitkommen. Im vorderen Teil des Restaurants saß der Chef des Ladens und der freundliche Kellner gab unsere Frage an diesen weiter. „Wie viele wollt ihr denn?“ war seine Reaktion. Ohne viel Tam-Tam schenkte er uns 4 der kleinen Gläser und wir waren begeistert! Christian hörte gar nicht mehr auf zu grinsen. Seit 2017 hatten wir nicht nur La Coruña danach abgesucht, sondern auch das Internet. Die Gläser sind jetzt sehr sorgfältig verstaut und wir werden uns hoffentlich noch sehr lange darüber freuen.




Heute regnet es in Vigo. Zum Nachmittag soll es etwas aufklaren, aber da auch für die nächsten Tage schlechtes Wetter prophezeit ist, werden wir noch ein wenig hier bleiben. Duschen geh ich hier aber nicht noch mal, da müffel ich lieber ein bisschen…