Vigo, Spanien
Vigo ist die größte Stadt in Galizien und wir verbrachten hier ein paar Tage um dem angekündigten, schlechten Wetter aus dem Weg zu gehen. Der Hafen ist toll zentral gelegen und so kann man es hier trotz der katastrophalen sanitären Anlagen ganz gut aushalten.
Wir verbrachten unsere Zeit in Vigo damit durch die Stadt zu bummeln, ein paar weitere spanische Spezialitäten zu probieren und vor allem mit der Suche nach Bootsteilen bei verschiedenen Ausrüstern. Da Vigo einen der größten natürlichen Häfen Spaniens hat ist hier die auch größte Fischereiflotte des Landes stationiert. Die will versorgt werden und so findet man hier jede Menge Läden, die Ersatzteile für Boote verkaufen.
Wir benötigten ganz speziell ein Reduzierstück und einen dicken Schlauch für unser Waschbecken in der Pantry. Das Seeventil ist dort ein kleines bisschen undicht, ein Problem um das wir uns kümmern müssen. Ganz leicht tröpfelt es hier, nichts was uns absaufen lässt, aber auch nichts, was wir für ein größeres Seestück so lassen würden. Wir werden also in den nächsten Tagen die Krassy mal aus dem Wasser heben müssen um das Seeventil auszutauschen. Deshalb haben wir uns heute auch in einen anderen Hafen in Vigo verholt, der an eine Werft angeschlossen ist und über einen Travellift verfügt. Morgen können wir hoffentlich klären, ob es dort möglich ist uns kurzfristig für ein paar Tage an Land zu holen.
Bevor wir die Krassy aus dem Wasser holen wollten wir aber alle Ersatzteile zusammen haben, damit die ganze Aktion möglichst schnell geht. Ein neues Seeventil hatten wir schon, aber der Schlauch stellte eine kleine Herausforderung dar. Hallberg-Rassy hat hier wieder ein ganz merkwürdige Konstruktion zusammengezimmert, denn der Anschluss vom Waschbecken hat einen Durchmesser von 48 mm. Von hier aus ist ein Stück Schlauch zum Seeventil geführt, das allerdings nur einen Durchmesser von 38 mm hat. Wie zur Hölle die den Schlauch oben wie unten auf die Flansche gewürgt haben ist uns ein Rätsel! Wir brauchten also ein Reduzierstück um von 48 auf 38 mm zu verjüngen. Klingt einfach, ist es aber nicht.
Wir klapperten verschiedene Läden ab, die Bootsbedarf verkauften und erklärten dabei verschiedenen Leuten unser Problem. In den Läden hier ist es nämlich oft so, dass man bei einer freundlichen Person an einem Tresen bestellt, was man braucht. Der läuft dann in ein rückwärtig gelegenes, meist ziemlich chaotisches, Lager und holt die gesuchten Teile. In unserem Fall waren die Verkäufer aber meist ratlos. Englisch spricht hier übrigens so gut wie niemand.
Endlich stießen wir auf einen super freundlichen Herren, der zwar zunächst sagte, sowas gäbe es nicht, dann aber noch mal überlegte. Er hatte das gesuchte Teil nicht, aber eine Klempnerei könnte weiterhelfen (wir wissen jetzt auch, dass diese auf Spanisch den schönen Namen „fontanería“ trägt). Er rief prompt in einem anderen Laden an um dort für uns nachzufragen und erklärte am Telefon er hätte hier zwei Franzosen, die ein bestimmtes Teil suchten. Also bitte! Franzosen?!
Da der andere Laden auch nicht helfen konnte schickte er uns weiter zu einem etwa 20 Minuten entfernten Händler für Industriebedarf. Wir bedankten uns herzlich für den ungewöhnlich freundlichen Einsatz des Herren und liefen los. Er hatte während wir unterwegs waren bereits angerufen und so standen die benötigten Teile für das Reduzierstück schon bereit. Wir waren begeistert, wie toll man uns half obwohl wir hier nicht nur als Privatpersonen im Industriebereich unterwegs waren, sondern dazu auch noch mit Händen und Füßen kommunizierten.
Jetzt fehlte uns nur noch der passende Schlauch und der war ebenfalls schwer zu bekommen. Da konnte uns nur noch Jesus helfen und das ist ernst gemeint. Jesús Betanzos hieß nämlich ein großer Bootsausrüster am anderen Ende der Stadt. Mit dem Bus fuhren wir dort hin und bekamen tatsächlich unseren 50 mm dicken Schlauch. Danke, Jesus! Endlich haben wir also alles zusammen und können hoffentlich bald die Krassy rauskranen und das blöde Ventil austauschen.






Apropos Jesus. Ich habe bei unserer Ankunft in Vigo etwas herausgefunden, das ich gern früher gewusst hätte. Da auch Vigo ein Halt auf dem Jakobsweg ist, sieht man hier sehr viele Pilger in der Stadt. Meist erkennt man sie leicht an ihrer bunten Funktionskleidung und den riesigen Rucksäcken. Das Thema Jakobsweg ließ mich also nicht so richtig los und so stieß ich beim googlen auf eine interessante Info: man kann den Jakobsweg auch per Segelboot begehen. Ach was? Hierzu kann man entweder in Vigo oder Baiona im Süden oder von Ribadeo im Norden starten und nach Boiro oder Portosín segeln. Unterwegs muss man in verschiedenen Häfen halten und sich dort einen Stempel im Pilgerpass holen. Die zu segelnde Strecke beträgt dabei etwa 90 Seemeilen. Von Boiro (oder Portosín) aus läuft man dann die letzten Kilometer nach Santiago de Compostela. Der Weg ist dann noch ca. 60 km lang führt dabei durch das schöne Padrón und auch hier holt man sich unterwegs seine Stempel. Hätten wir das früher gewusst, dann wären wir sicher mit der Krassy gepilgert. Übrigens bekommt man als Segelpilger in den Häfen auch ordentliche Rabatte, aber das sollte natürlich nicht der Anreiz sein. Naja, wir hoffen mal, das dies nicht unser letzter Besuch in den Rías war, also gibt es vielleicht ja noch mal eine Gelegenheit.
Vigo hat aber auch sonst einiges zu bieten. Wir genossen eine tolle Paella, tranken Kaffee und aßen Kuchen und bei einem Stadtbummel fand ich das coolste Geschäft, das ich je gesehen hatte. Ein unscheinbares Schild mit der Aufschrift „Papelaría Gourmet“ lockte mich herein und mir fiel gleich die Kinnlade herunter. Der Name hätte kaum passender sein können, denn in diesem Laden gab es die schönsten Schreibwaren, die ich je gesehen hatte. Bücher über Bücher, die darauf warteten mit Kritzeleien und Gedanken gefüllt zu werden, Stifte, Tinten und alles, was der geneigte Tagebuchschreiber sonst noch so braucht. Hier hätte ich einfach versinken können, denn es war kaum möglich all die tollen Dinge in diesem Geschäft zu erkunden. Und sagen wir mal so, ich hab mir selbst schon mal ein verfrühtes Geburtstagsgeschenk gemacht…
Die Nächte im Hafen von Vigo waren so ok, denn in der ersten Nacht plagten uns die Mücken. Diese blöden Viecher sind meine natürlichen Fressfeinde! Wenn ihr mal einen Mückenableiter braucht, dann müsst ihr mich nur mitnehmen, denn ich ziehe diese kleinen Monster offenbar magisch an. Trotz Mückenspray war ich am Morgen völlig zerstochen und die Stiche jucken wie die Hölle. Selbst der Hitzestift hilft diesmal irgendwie nicht, außerdem hab ich die meisten Stiche an den Ellenbogen, also schön fies direkt auf den Knochen…
Bevor wir gestern schlafen gingen veranstalteten wir also noch einen kleinen Massenmord und jagten die verdammten Mücken im Boot. Sagen wir mal so, es klebte anschließend so einiges Blut an unseren Händen, aber ich fürchte das meiste davon war meins…
In der zweiten Nacht zog der versprochene Sturm durch den Hafen. Wir waren gestern Abend schon ordentlich nass geworden und zur Nacht setzte dann auch der Wind ein, der den Regen gegen die Krassy peitschte. Obwohl unser Dinghy über der Vorschiffluke vertäut ist regnete es in unser Bett und wir mussten die Luke für die Nacht schließen. Heute scheint aber wieder die Sonne und als wir heute aufwachten sah die Welt aus, als wäre nie was gewesen.
Gegen Mittag war der Wind wieder weitestgehend eingeschlafen und so legten wir die spektakulär lange Etappe von 1,5 Seemeilen zurück um in die Marina Punta Lagoa rüber zu fahren. Technisch gesehen sind wir immer noch in Vigo, aber hier liegen wir mitten im Grünen. Hier wollen wir morgen klären, ob wir hier kranen können und für spätestens nächste Woche einen Termin vereinbaren. Aber der Hafen hat auch noch einen anderen kleinen Vorteil, er hat nämlich sehr saubere, heiße und vor allem abschließbare Duschen!













Da auch Ludger von der Anna mit uns hier herübergefahren ist, machten wir nach unserer Ankunft noch einen kleinen Ausflug auf den angrenzenden Hügel. Dort steht eine kleine Kirche in der uns eine winzig kleine spanische Oma begrüßte. Die alte Dame war nur etwa halb so groß wie Christian und freute sich sichtlich, dass wir die kleine Kirche besuchten und vor allem, dass wir ein wenig Spanisch verstehen konnten. Wir ließen es uns nicht nehmen auch noch den Kirchturm über eine nicht enden wollende Wendeltreppe zu erklimmen und wurden für den Aufstieg mal wieder mit einer spektakulären Aussicht über die Ría belohnt.
Hallo ihr Beiden, das Reduzierstück-Abenteuer ist ja schon ordensverdächtig. Ich halte mich schon für findig, aber ich glaube, ich hätte aufgegeben. Wir drücken die Daumen, dass die Reparatur ruckzuck klappt.
Habt ihr ein Foto von der winzigen Oma, die hätten wir zu gerne gesehen. Heute könnten wir euch übrigens einiges an Wind überlassen, es sind Orkanböen über der Nordsee angesagt.
Liebe Grüße von Anja und Armin
Die alte Dame haben wir leider nicht fotografiert, aber sie war echt zuckersüß 🥰
Ach, Sturmböen brauchen wir nicht unbedingt 😅 Dann lieber ein bisschen weniger Wind…
Liebe Grüße von uns beiden!