Lagos, Portugal
Den Tag nach unserer Ankunft nutzten wir mal wieder um uns ein bisschen von der Nachtfahrt zu erholen. Hier an der Algarve ist nun endlich ein echter Temperatursprung zu spüren. Hier ist es richtig sommerlich und die Sonne brät tagsüber ganz ordentlich vom Himmel. Wir bauten also unser Bimini auf und verkrochen uns ein wenig im Schatten.
Lagos ist ein richtiger Urlaubsort, das spürt man ganz besonders hier im Hafen. Eine der Hauptattraktionen sind die Bootstouren zu den Höhlen und Ausfahrten bei denen man Delfine beobachten kann. Am Steg direkt gegenüber von uns legen also in kurzer Taktung die Boote verschiedener Anbieter dieser Bootsfahrten an und ab. Von kleinen Dinghies mit 5-6 Personen über die gut motorisierten Rib-Boote bis hin zu größeren Ausflugsdampfern, von denen aus Kanutouren angeboten werden ist alles dabei. Das Treiben im Hafen zu beobachten macht dementsprechend viel Spaß!
Gegen Mittag holte uns aber unsere offene Baustelle ein. Wir mussten uns noch um unser kaputtes Fall kümmern. Da wir ja unterwegs das Drahtseil aus dem Mast gezogen hatten, wollten wir erst mal eine Sorgleine einfädeln, an der wir dann das Fall leichter wieder durch die Führung im Inneren des Masts würden hochziehen können. Eine nicht ganz leichte Aufgabe, denn dafür mussten wir von der Mastspitze aus eine dünne Leine mit einem kleinen Gewicht am Ende nach unten führen und dann am Mastfuß wieder herausziehen ohne unterwegs irgendwo hängen zu bleiben. Wir hatten eine stabile, geflochtene Angelschnur als Sorgleine auserkoren und am Ende den Bolzen eines kleinen Schäkels befestigt.
Wie sich herausstellte war aber die schwierigste Aufgabe Christian an die Mastspitze hochzuziehen. Normalerweise nutzen wir zum Hochziehen in den Mast unser Großfall, da das nunmal aus Stahl, sehr stabil und unten auf einer Winsch aufgerollt ist. Christian klettert quasi allein den Mast hoch und ich ziehe nur die Lose aus dem Fall. Zusätzlich nutzen wir immer auch noch eine Sicherung mit einem normalen Textilfall. Falls eine der Leinen aus irgendeinem Grund nachgeben sollte (was hoffentlich niemals passiert!!!), dann könnte Christian also nicht abstürzen.
Tja, das Großfall konnten wir diesmal allerdings nicht nutzen, das war ja kaputt. Wir nahmen also statt dessen ein stabiles Fall und unsere ebenfalls sehr stabile Dirk als Sicherung. Die Dirk hatte ziemlich viel Reck, das heißt sie wird unter Last länger, daher war sie als Hauptleine zum Hochziehen nicht so gut geeignet.
Soweit so gut, das Problem war allerdings, dass wir diese Leinen nicht wie üblich einfach über eine Winsch wickeln konnten. Ich musste das Fall an dem Christians Gewicht hing über eine Klampe führen und dort sichern. Der erste Versuch machte uns schnell klar, dass das so nicht gehen würde. Bis ich unten die Lose aus der Leine gezogen und sie auf der Klampe fest hatte war Christian schon wieder am Mast runtergerutscht. Ich legte die Leine also um eine Reffwisch am Mast und dann zurück auf die Klampe. So war die Leine gut genug gesichert, dass ich Zeit hatte, die Lose rauszunehmen während Christian stabil im Mast hing.
Es war trotzdem für uns beide ein echter Knochenjob und es dauerte ewig, bis Christian oben an der Mastspitze angekommen war. Wir sicherten viel öfter als üblich und mussten beide zwischendurch immer mal wieder Pausen einlegen. Die glühende Hitze half auch nicht gerade…
Oben angekommen fädelte Christian also unsere Angelschnur in den Mast ein. Und fädelte und fädelte und fädelte… Unten schien nichts anzukommen. Wir wunderten uns beide langsam, wie viel Leine in unserem Mast verschwand, bis ich endlich unten ein Ende der Schnur entdeckte. Es stellte sich als riesiger Knödel heraus, denn die Schnur hatte sich einfach unten im Mast angesammelt. Toll. Immerhin war die Leine unten angekommen, also ließ ich Christian erst mal langsam wieder herunter, was erstaunlich einfach war im Vergleich zu sonst. Danach fummelte ich den Garnknödel aus dem Mast und entwirrte alles, eine Aufgabe, die mir komischerweise sehr liegt.
Da sonntags die Segelmacher geschlossen hatten, konnten wir unser Fall noch nicht zur Reparatur abgeben, allerdings hatten wir schon vor unserer letzten Reise mit dem Gedanken gespielt, das Stahlseil durch eine Dyneema-Leine zu ersetzen. Dyneema ist ein hochfestes Polyester, das sogar eine höhere Bruchlast hat als ein Stahlseil mit gleicher Dicke und ist somit besonders gut für Leinen geeignet, die starke Kräfte aushalten müssen. Unser Riggbauer hatte uns damals schon bestätigt, dass der Austausch mit unserem System ganz einfach möglich wäre und wir hatten sogar schon eine Leine bestellt.
Nach kurzem Suchen fanden wir das gute Stück in einer Kiste und beschlossen es einfach mal auszuprobieren. Als wir nachgemessen hatten, dass die Länge ausreichen würde, hatte die blaue Leine unsere Hände allerdings komplett verfärbt. Die mussten wir erst mal entschlumpfen! Die Leine bekam also ein Bad in einem Wassereimer bevor wir sie in den Mast einfädelten. Ein paar Versuche das Segel hoch und runter zu ziehen funktionierten ausgezeichnet.
Wir lassen das Stahlfall trotzdem reparieren, aber fürs erste bleibt die Leine als neues Fall im Mast.
Irgendwann im Laufe des Nachmittags machten wir dann noch einen kleinen Spaziergang zu den hiesigen Autovermietungen um uns für den Folgetag ein Mietauto zu reservieren. Den Tag ließen wir dann mit einem sehr leckeren Abendessen an Bord ausklingen, denn heute mussten wir zeitig los um unser Auto abzuholen. Nach langer Zeit hatten wir endlich mal wieder unseren kleinen Gasgrill ausgepackt, in Joghurt marinierte Hähnchenspieße gegrillt und ich hatte dazu noch ein paar ganz einfache Fladenbrote gebacken. Einfach, aber super lecker!
Heute früh beeilten wir uns ein wenig um pünktlich um 10 Uhr an der Mietwagenstation zu sein, deutsch wie wir eben so sind. Dort warteten wir dann fast eine geschlagene Stunde, denn die Kartenleser waren kaputt und die beiden Damen hinter dem Tresen mussten ganz altmodisch die Verträge mit dreifachem Durchschlag per Hand ausfüllen…
Dafür bekamen wir ein Upgrade und fuhren einen schicken, aber ziemlich verkratzten VW T-Cross vom Hof.
Unser Ziel war das Cabo de São Vicente, der südwestlichste Punkt Europas. Wir hatten das Kap schon von See aus umrundet und es sah mit der senkrecht abfallenden Steilküste spektakulär aus. Aber nicht nur das war der Grund für unseren Besuch, es gibt an diesem Ort eine ganz besondere – und sehr deutsche – Attraktion: die letzte Bratwurst vor Amerika.
Auf der Landspitze, direkt vor dem Leuchtturm, der das Kap markiert und angeblich das leuchtstärkste Feuer Europas sein soll, steht tatsächlich eine Bratwurstbude. Betrieben von deutschen Auswanderern, die hier original Thüringer Bratwurst im Brötchen und den guten alten Bautz‘ner Senf anbieten, ist diese kleine Wurstbude auch in den Medien gelegentlich vertreten. Hier bekommt man neben der Wurst auch gleich ein Zertifikat, das bestätigt, dass man den südwestlichsten Punkt Europas erreicht hat. Wir nennen es das Wurstzertifikat und es wird einen ganz besonderen Platz auf der Krassy erhalten!

















Wie ihr euch vielleicht vorstellen könnt, war auf diesem Fleckchen portugiesischer Erde Deutsch die um Längen vorherrschende Sprache… Apropos, Portugal scheint langsam, ähnlich wie vor einigen Jahren noch Mallorca, als nächstes deutsches Bundesland ins Rennen zu gehen. Es wimmelt hier von Deutschen! Das ist uns schon in Lissabon aufgefallen, aber hier an der Algarve hört man schon fast mehr Deutsch als Portugiesisch.
Nach dem Kap besuchten wir noch Sagres, die kleine Küstenstadt am Südzipfel des Landes, direkt vor dem Kap. Wir hatten hier einen netten Ort erwartet, aber außer Surfern gab‘s hier nichts zu sehen. Hier wohnt man in Bullies, trägt Neo und hat als cooles Accessoire ein Surfboard unter dem Arm. So viel Coolness war kaum auszuhalten, die Strände waren aber spektakulär schön, eingerahmt von den Steilküsten und mit türkis-blauem Wasser.





Der Tag war noch jung und wir waren erst für den Abend mit Marko und Elina aus Finnland verabredet. Mit den beiden waren wir ja in Kolonne von Cascais nach Lagos gesegelt und die beiden waren mit ihrer Havfruen direkt hinter uns in Lagos angekommen.
Wir überlegten also, was wir mit dem halben Tag anfangen könnten und kamen zu dem Schluss mal nachzusehen, ob wir nicht irgendwo unsere beinahe leere Gasflasche füllen könnten. Die Camper-Foren haben hier immer die besten Tipps und tatsächlich sollte es hinter Portimão eine kleine Autowerkstatt geben, die auch deutsche Gasflasche füllt.
Wir fuhren also zurück zum Hafen um unsere Flasche zu holen und schauten auf dem Weg bei den Finnen vorbei. Vielleicht bräuchten die ja auch Gas.
Die zwei waren begeistert, bauten direkt ihre bereits leere Flasche aus und wir fuhren alle zusammen los. Unsere Gasflasche war übrigens tatsächlich so gut wie leer, der Zeitpunkt war also perfekt.
Der nette Herr in der Werkstatt bestätigte sofort, dass er die deutsche Flasche füllen könnte, bei der finnischen war er erst mal skeptisch, füllte aber auch diese. Nach wenigen Minuten verließen wir die Werkstatt mit zwei vollen Flaschen wieder und entschieden dann in Portimão gemeinsam essen zu gehen. Wir alle wollten das berühmte Piri-Piri Hähnchen probieren.
Portimão beherbergt eine riesige deutsche Segler-Community und wir bezeichneten diesen Ort stets als „Klebehafen“. Wie es schien blieben die meisten hier nämlich kleben, anstatt wie geplant weiter zu segeln. Ich war skeptisch, ob ich Portimão mit der Krassy besuchen wollte, denn es schien so als würde einen dieses Örtchen segelmüde machen. Wir kennen einige Segler, die dort ewig lange hängen geblieben sind…
Anders als erwartet ist Portimão aber kein nettes kleines Fischerdörfchen, sondern eine ausgewachsene Großstadt. Zunächst verirrten wir uns auf der Suche nach dem Ortskern ein wenig und waren uns alle schnell einig, das dies für uns sicher kein Klebehafen werden würde. Schön war es nicht gerade… Nach einer weiteren Google-Suche fanden wir die Uferpromenade mit einer Menge Restaurants, die ein wenig an die Urlaubsorte im Mittelmeer oder auf den Kanaren erinnerte. Es war eher eine Partymeile mit Souvenirshops, aber wir fanden ein Restaurant, das das bekannte Hähnchengericht anbot. Als wir anmerkten, dass wir normalerweise vermeiden in Restaurants mit deutscher Speisekarte zu essen, meinte Marko nur „alles gut, so lange es keine Karte auf Finnisch gibt!“. Kurze Zeit später schrie er entsetzt auf. Die Speisekarte war doch tatsächlich nicht nur auf Deutsch, Englisch und Spanisch, sondern unter anderem auch auf Finnisch übersetzt!
Das Essen war trotzdem gut und es wurde ein lustiger Abend mit den beiden, gespickt von Witzen über finnische Speisekarten…




Morgen früh lassen wir unsere Krassy allein zurück und machen uns mit unserem Auto auf den Weg nach Gibraltar. Wir mussten lernen, dass Gibraltar das einzige Land in Europa ist, das wir mit unserem Mietauto nicht befahren dürfen. Man kann aber offenbar vor der Grenze parken und zu Fuß auf den Affenfelsen laufen. Wir sind gespannt!