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Lagos, Portugal

Ich hatte euch ja erzählt, dass wir abends noch zum Essen verabredet waren. Es wurde eine richtig große Runde mit der Larossa, Carinya und der Saga, einem weiteren deutschen Pärchen aus Süddeutschland. Das Restaurant, einen Hähnchengrill, hatte Nicole von der Carinya gefunden und es war großartig! Wir alle futterten ganz ordentlich und zahlten am Ende einen Spottpreis. Ein großes Bier (0,5l) kostete in diesem Restaurant 2,60€, mein alkoholfreies Bier sogar nur unglaubliche 1,30€. Für diesen Preis bekommt man in Deutschland nicht mal ein Wasser… 

Weil wir die Preise auf der Rechnung kaum glauben konnten, hab ich sie einfach mal abfotografiert. Das war übrigens der Gesamtbetrag für 8 Erwachsene und ein Kind. 

In den nächsten beiden Tagen machten wir noch ein paar Einkaufstouren, gingen noch mal zu dem tollen Gemüsemarkt und besuchten den gigantisch großen Supermarkt im Ort. 

Der Wind der letzten Tage hatte mal wieder ein paar kompetente Wellen mitgebracht, die spektakulär gegen die Felsen entlang der Küste krachten. Ein beeindruckendes Schauspiel, das einen eindrucksvoll daran erinnert, wie viel Kraft die Ozeane haben können. 

Währenddessen bereitete sich Cascais auf ein riesiges Event vor: den Ironman Portugal. In der Stadt wimmelte es nur so von Läufern, Radfahrern und Schwimmern und überall sah man in den Restaurants und Cafés die Teams, die sich auf die Mammutaufgabe, die vor ihnen lag, vorbereiteten. Ein Ironman ist eigentlich ein Triathlon, allerdings mit härteren Bedingungen. Der Begriff ist übrigens ein Markenname, das war mir bisher auch nicht so bewusst. Der erste Ironman fand bereits 1978 auf Hawaii statt, 1990 wurde der Markenname verkauft und so findet dieses Sportevent mittlerweile überall auf der Welt statt. Seit dem ersten Ironman 1978 gab es bereits 154 Rennen in 53 Ländern. 

Schaut man sich an, was die Athleten hier leisten müssen, kann man schon mal demütig werden. Der Ironman besteht aus ca. 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und dann noch einem Marathon mit ca. 42 km Länge. Eine dieser Disziplinen zu schaffen ist schon eine echte Leistung, alle drei quasi ohne Verschnaufpause hintereinander abzureißen erscheint zumindest mir untrainierter Wurst völlig unmöglich… Respekt, wer hier mitmacht! 

Der Ironman fand übrigens heute statt, also verpassten wir leider die eigentliche Veranstaltung und bekamen nur die Vorbereitungen mit, gekrönt von einem Feuerwerk am Donnerstag Abend, das nicht nur die Veranstaltung eröffnete, sondern uns auch gleich würdig aus Cascais verabschiedete. 

Die Larossa startete einen Tag vor uns nach Madeira und auch die Saga wollte weiterziehen. Unser kleines Grüppchen löste sich also langsam auf. Unsere beiden Finnen hatten allerdings ähnliche Pläne wie wir und so verabredeten wir uns zum gemeinsamen Aufbruch nach Lagos am Freitag Vormittag. In Kolonne zu fahren hatte einige Vorteile, denn so ganz raus dem Orca-Gebiet sind wir noch nicht und auf dem Weg zur Algarve gibt es nur einen einzigen Hafen und ansonsten nur ein paar kleine Ankerbuchten, die aber bei der aktuellen Windrichtung ziemlich ungeschützt wären. Wir wollten etwas weiter draußen bleiben und etwa auf der 500 Meter Tiefenlinie nach Süden fahren. In diesen Tiefen jagen die Orcas nicht mehr und hier wären auch ganz sicher keine Fischerfähnchen, die sich im Propeller verheddern könnten. Zudem ist in tiefem Wasser der Schwell etwas angenehmer und da der Wind leicht auflandig wehte bliebe uns im Zweifelsfall noch genug Raum zum Land. 

Eigentlich wollten wir am Freitag gegen 11 Uhr starten. Die Rezeption der Marina hatte aber andere Pläne… Falls ihr die Szene mit dem Faultier und dem Hasen aus Zoomania kennt, dann könnt ihr euch jetzt vielleicht vorstellen, wie schnell die Dame im Hafenbüro arbeitete. Es dauerte eine geschlagene Stunde, bis Christian endlich unsere Zugangskarten zurückgeben und ausklarieren konnte. Mit dicken Wutbeulen am Hals kam er erst gegen kurz vor 12 aus dem Hafenbüro zurück. Wir verabschiedeten uns noch schnell bei Nicole und Gerrit, die mit ihrer Carinya noch ein paar Tage bleiben wollten und dann ging es endlich los. 

In den vorherigen Tagen hatten wir ein bisschen mit uns gekämpft, was der schlauste Tag für die Abfahrt wäre. Viel Wind war insgesamt nicht vorhergesagt, Donnerstag war es noch ein Hauch mehr als Freitag, dafür waren für Donnerstag noch ca. 4 Meter Welle prophezeit, das sollte Freitag etwas weniger werden. Wir entschieden uns also für Freitag und segelten optimistisch los. Der Schwell war immer noch ziemlich hoch und kam schräg von hinten. Die Krassy rollte also in den Wellen hin und her. Der Wind hätte bei ruhiger See allemal gereicht um gut voran zu kommen, aber durch das Rollen des Bootes standen die Segel einfach nicht stabil. Es schlug und knallte in den Segeln und wir kamen elend langsam voran. Als wir etwa auf Höhe Sétubal gerade beschlossen, den Motor anzuwerfen rauschte es einmal und unser Großsegel lag in seiner Maindrop-Tasche. Nach kurzer Verwirrung war klar: das Großfall war gebrochen. 

Kurz zur Erklärung für unsere Nicht-Segler-Leser: Das Großfall ist die Leine, mit der man das Großsegel am Mast hochzieht und wieder herunterlässt. In unserem Fall ist es allerdings keine Leine, sondern ein Drahtseil. Der Baum wird bei uns zusätzlich noch von einer sogenannten Dirk gehalten, einer Leine, die von der Mastspitze aus ans hintere Ende des Baums verläuft und dafür sorgt, dass einem der Baum nicht auf den Kopf fällt. Das nur so ganz grob zum Hintergrund. 

Bei uns war das Stahlseil direkt hinter der Pressung für den Schäkel abgebrochen. Wir bargen das Segel also erst mal und zogen den Draht aus dem Mast, damit er keinen Schaden verursachen konnte. Das alles klingt jetzt ganz schön gefährlich, war es aber nicht. Das Segel hat nicht mal einen Kratzer abbekommen und auch wir waren die ganze Zeit über nicht Gefahr. Der Baum war nach vorne gesichert, konnte also nicht um sich schlagen.

Nach kurzem Überlegen kamen wir beide gleichzeitig zu dem Schluss, dass man das Groß auch mit der Dirk hochziehen könnte und statt dieser einfach ein freies Fall den Baum halten konnte. Das machten wir kurze Zeit später auch so und es funktionierte einwandfrei. 

Wir wollten unsere Überfahrt auch nur sehr ungern abkürzen und in Sétubal reinfahren, denn wir waren nicht ganz sicher, ob wir das beschädigte Fall dort reparieren lassen konnten. In Lagos ist die Infrastruktur viel besser, also werden wir hier morgen das Drahtseil wieder in den Mast fummeln und uns ein neues Auge ins Ende pressen lassen. Bootsarbeiten hören niemals auf! Aber es ist gut zu wissen, dass uns ein gerissenes Fall keine allzu großen Kopfschmerzen bereiten muss. So lernt man sein Boot auch nach über 10 Jahren immer noch ein bisschen besser kennen…

Wir bauten immer wieder um, zogen die Segel hoch und rollten sie wieder ein, aber so richtig klappte es einfach nicht mit dem Segeln. Als der Schwell endlich nachließ verabschiedete sich auch noch das letzte bisschen Wind und wir fügten uns unserem Schicksal und motorten bis nach Lagos. Da bald Halloween ist, hat sich die Krassy ein extra gruseliges Kostüm ausgedacht und verkleidete sich einfach mal als Motorboot… 

Portugal war seglerisch bisher echt kein Highlight. Insgesamt sind wir beinahe die gesamte portugiesische Küste entlang nur mit Motor unterwegs gewesen. Entweder hatten wir hier Sturm mit üblem Schwell oder gar keinen Wind. Portugal, das kannst du doch besser! Wo ist bloß der portugiesische Norder geblieben?! 

Da wir unter Motor allerdings etwas schneller waren als geplant holten wir irgendwann unsere finnischen Freunde ein, die ja mit ca. 2 Stunden Vorsprung vor uns gestartet waren. Gesehen haben wir uns allerdings nur im AIS. Auch ein paar andere Segler waren auf dem Weg nach Süden und so entspannen sich im Laufe des Tages und der Nacht immer mal wieder kleine Funkrunden, da jeder beim anderen zu lauschen schien. Es war für alle gut zu wissen, dass niemand allein unterwegs war. 

Ich hatte diesmal die Morgen-Wache von 6 bis 9 Uhr und genau dieser Zeit rundeten wir das Cabo de São Vicente, den westlichsten Punkt Portugals und eine beeindruckende Felsformation die senkrecht zum Atlantik abfällt. Die Nachtfahrt war diesmal ganz angenehm, denn es war deutlich wärmer als bisher und so reichte ein warmer Pulli um draußen zu sitzen. Außerdem gab es einen Supermond, der die Nacht erstrahlen ließ. Es ist unglaublich viel angenehmer, wenn man nachts nicht in völliger Schwärze unterwegs ist. 

Orcas sind uns übrigens keine begegnet. Die App, mit der man die Sichtungen und Interaktionen mit den Orcas verfolgen und melden kann, ist seit Anfang des Monats besonders im Süden sehr ruhig geworden. Ob das nun daran liegt, dass die Orcas keine Lust mehr auf Ruderblätter haben oder die Thunfische dem zu warmen Wasser nach Norden entflohen sind, gefolgt von ihren Jägern, den Orcas oder ob einfach weniger Boote unterwegs waren, können wir nicht wissen. Während unserer Zeit in Galizien waren die Rías ein absoluter Hotspot für die Wale, aber auch dort kamen wir problemlos um eine Begegnung herum. Wir hatten einmal in der Ría de Arousa sehr dicht neben unserem Boot eine kleine Gruppe Wale, die vielleicht Orcas waren, vielleicht aber auch nicht. Möglicherweise waren es auch nur sehr große Delfine, jedenfalls interessierten sie sich nicht die Bohne für uns. 

Direkt vor der Einfahrt nach Lagos zeigt sich die Algarve von See aus in all ihrer Pracht. Zwischen riesigen Felsen findet man hier überall Sandstrände und die zahllosen Höhlen in den Felsen locken jede Menge Ausflugsboote an, die in diese Höhlen hineinfahren.

Mein Papa hat uns für Lagos ein super Restaurant empfohlen, das wir heute nachmittag auch gleich aufsuchten. Ein echt toller Laden in dem man allerlei gegrillten Fisch bestellen konnte, so natürlich auch die in Portugal berühmten Sardinen, die als ganzes gegrillt werden. Wie für Portugal üblich waren auch hier die Preise mehr als moderat. Nach der langen Nachtfahrt eine perfekte Stärkung! Danke noch mal für den super Tipp! ❤️

Nach dem Essen spazierten wir noch ein bisschen durch die Altstadt von Lagos. Auf einem großen Platz hatte dort doch tatsächlich eine deutsche Blaskapelle in grell-pinken Outfits Stellung bezogen. Was genau der Wülfersberger Blasmusik 1972 e.V. hier in Südportugal macht ist uns ein Rätsel, aber die Leute fanden‘s toll. Es wurde überall auf dem Platz zu Michael Jacksons Thriller und anderen Popsongs auf Trompete getanzt und geschwoft. Herrlich!

Wir haben eine ganze Weile überlegt, wie wir jetzt weitermachen. Eigentlich wollten wir gern an der Südküste Portugals und Spaniens bis nach Cádiz weitersegeln und von dort aus nach Marokko rüber fahren, aber es ist hier für die ganz nächste Woche kaum Wind vorhergesagt und schon wieder zu motoren widerstrebt uns zutiefst. Wir lassen also wahrscheinlich einfach die Krassy in Lagos und mieten uns für ein paar Tage ein Auto um diesen Küstenabschnitt zu erkunden. Von Lagos aus ist auch der Absprung auf den afrikanischen Kontinent einfacher, denn dort wollen wir möglichst weit südlich anlanden. Zuerst kümmern wir uns morgen aber um unser kaputtes Fall.  

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