Egg Island, Eleuthera, Bahamas
Von Rock Sound aus machten wir uns in kleinen Schritten auf den Weg Richtung Norden. Unser erster Stop, eine Bucht mit dem wunderbaren Namen Pau Pau Bay, war nicht so besonders, wie es ihr klangvoller Name vermuten lässt. Wir ankerten hier ganz allein zwischen ein paar Felsen, den Pineapple Cays (in Namensgebung sind die Bahamas Weltmeister!) und verbrachten hier einen gemütlichen Abend. Christian paddelte im Dinghy um den nächstgelegenen Felsen herum, aber ansonsten blieb es unspektakulär in Pau Pau Bay.



Aufregender sollte unser nächster Halt werden. Christian hatte während seiner Recherchen über Ankerplätze die sogenannte Glass Mirror Bridge an der schmalsten Stelle der Insel gefunden. Hier sollte man auf der Brücke stehend auf einer Seite den Atlantik in tiefem Blau und auf der anderen Seite die Bahama Bank in leuchtendem Türkis sehen können. Klang super! Wie in der Badewanne segelten wir also in spiegelglatter See los. Wir konnten kaum glauben, was für einen tollen Segeltag wir hier bekamen! Mit knapp 6 Knoten flogen wir durch das kristallklare, flache Wasser und konnten uns an der leuchtenden Farbe kaum sattsehen. Noch dazu besuchte uns nach einer Ewigkeit endlich mal wieder eine Gruppe großer Tümmler. Es gibt so Segeltage, da will man gar nicht ankommen und dies war definitiv einer davon.


Den Ankerplatz, den wir uns für die Nacht auserkoren hatten, fanden wir dann – quasi als Sahnehäubchen – komplett leer vor. Sowas gab es in der Karibik kaum mal, aber hier auf den Bahamas haben wir den Luxus immer wieder einsame Buchten zu finden. Und häufig sind das nicht mal irgendwelche versteckten Plätzchen, sondern die Orte, an denen auch wirklich was zu sehen ist.
Da wir deutlich schneller unterwegs gewesen waren als gedacht, blieb uns nun noch der ganze Nachmittag, um die verheißene Brücke zu besichtigen. Neben der Brücke sollte es auch noch ein paar weitere sehenswerte Orte um diesen Ankerplatz herum geben, darunter das „Queen‘s Bath“ sowie eine Felsformation namens „Cow and Bull“. Gespannt machten wir also unser Dinghy bereit und packten auch endlich mal wieder unsere bisher kaum genutzte Drohne ein. Da die Krassy völlig allein in der wunderschönen Bucht lag, wollten wir mal wieder ein paar Fotos aus der Luft machen.
Am Strand zogen wir unser Dinghy den Sand hinauf – diesmal weit genug, damit es sich nicht wie in Spanien heimlich davonmachen konnte – und flogen mit unserem Mini-Helikopter zur Krassy. Die Bilder sahen atemberaubend aus, aber nach unserer Erfahrung mit den Fregatt-Vögeln, wo wir alle Bilder verloren, weil die Speicherkarte rumzickte, war es mir ein Anliegen, die neuen Fotos direkt zu sichern. Ich verband mein Telefon als mit der Drohne und lud gleich alle Bilder herunter.






Die Drohne packten wir erst mal wieder ein und liefen dann vom Strand aus zur Straße hinauf. Direkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite wies uns ein großes Schild auf den Zugang zum „Queen‘s Bath“ hin. Hier wollten wir also anfangen. Durch einen kleinen Wald liefen wir über einen weichen Teppich aus Kiefernadeln zur atlantischen Seite hinüber. Nach und nach wurde es felsiger und dann plötzlich immer schroffer. Was uns erwartete, war eine Landschaft, wie man sie sich auf einem fremden Planeten vorstellt. Die Steine unter unseren Füßen hatten spitze Zacken und schichteten sich buchstäblich in dünnen Lagen übereinander. Die ganze Landschaft sah aus, als wäre sie irgendwann mal nach rechts hochgedrückt worden, denn hier lagen ganze Felsplatten aus dem aufgeschichteten Gestein. Neben der scharfkantigen Oberfläche hatten sich überall flache Kuhlen gebildet. Die vom Atlantik aufbrandenden Wellen hatten diese offenbar immer wieder mit Salzwasser gefüllt, das dann wieder in der Hitze verdunstet ist. So blieben kleinen Salinen zurück, in denen große Placken von Salzkristallen glitzerten. Je weiter wir kamen, desto unwirklicher wurde es. Die wild aufschlagenden Wellen des Atlantiks brachen sich spektakulär an den Felsen und füllten dabei eine Reihe von natürlichen Pools, die sich weiter hinten im Gestein gebildet hatten. Hier konnte man tatsächlich in absolut klarem und stillen Meerwasser zusammen mit ein paar kleinen Fischen baden, während nur wenige Meter weiter eine tödliche Brandung rauschte. Wir badeten hier nicht und zudem hielten wir einen respektvollen Abstand zu den Wellen, während wir die außerirdische Landschaft erkundeten. Wir haben schon einiges gesehen, auf unserer Reise, aber so ein Ort war bisher noch nicht dabei.












Besonders freute uns, dass wir das „Queen‘s Bath“ eher zufällig entdeckt hatten. Eigentlich waren wir ja wegen der Brücke hier her gekommen!
Dort hin wollten wir nun auch noch laufen, denn den Anblick zweier Meere zur gleichen Zeit bekommt man sonst wohl nur im Holland auf dem berühmten Moskito-Highway, der das Marker und das Ijsselmeer voneinander trennt. Der ist auch cool, aber bei weitem nicht so farbenfroh wie es hier auf den Bahamas zu erwarten war.
Um zur Brücke zu gelangen mussten wir an einer recht viel befahrenen Straße ohne Bürgersteig entlanglaufen. Die Autos bretterten im Affenzahn an uns vorbei und wir wechselten ständig die Straßenseite, damit man uns auch aus der Ferne gut erkennen konnte. Dazu kam der mittlerweile wieder ungewohnte Linksverkehr, der uns jedes Mal aufs neue überlegen ließ, von wo denn nun die Autos kämen. Der Weg war trotzdem gut zu bewältigen, denn trotz ihrer Geschwindigkeit waren die Fahrer meist aufmerksam und wichen uns in weitem Bogen aus.
Als wir dann die kleine Brücke erreichten, war unsere Enttäuschung erstmal groß. Sooo toll sah das hier aber nicht aus… Und auch hier mussten wir erst über eine Balustrade klettern um uns von der Straße in Sicherheit zu bringen. Von der Brücke aus vernünftige Fotos zu machen, auf denen beide Seiten erkennbar waren stellte sich als beinahe unmöglich heraus. Aber wir hatten ja noch die Drohne dabei! Also packten wir das Ding wieder aus, machten alles startklar und los ging‘s. Die Drohne hob ab, flog ein paar Meter in die Höhe, blieb plötzlich in der Luft stehen und begann dann zu piepsen „Maximale Flughöhe erreicht!“. Wie bitte? Das war gerade mal 30 Meter hoch. Vorhin war sie doch noch deutlich höher geflogen. Wir flogen ein Stück weiter raus und auch diesmal kam wieder ein warnendes Piepsen aus der Fernsteuerung „Maximale Entfernung erreicht!“
Bei Christian bildeten sich an diesem Punkt schon wieder die ersten Wutbeulen am Hals. Nach ein paar weiteren Versuchen mit gleichem Ergebnis gaben wir also erst mal auf, holten das bockige Fluggerät zurück und Christian verstaute alles mit wildem Schimpfen auf die ganze bürokratische Scheiße wieder in der Tasche. Dann halt keine Fotos. Da ich mich ja nach dem ersten Flug an diesem Tag direkt mit der Drohne verbunden hatte, vermutete ich, dass diese Verbindung möglicherweise dazu geführt haben könnte, dass sich die Position nun auf die Bahamas upgedated haben könnte und hier vielleicht eine Flughöhenbeschränkung in Kraft ist. Alternativ spekulierten wir, dass vielleicht genau über dieser Brücke eine Zone eingerichtet wäre, damit man hier nicht so hoch fliegen kann.
Wir liefen jedenfalls erst mal wieder zurück zum Strand und machten unterwegs noch einen kurzen Stop an der „Cow and Bull“-Felsformation, die allerdings aus nicht viel mehr als zwei dicken Felsbrocken bestand, die sich gegenüber stehen. Nett anzusehen, aber nicht allzu spektakulär.




Da die Sonne mittlerweile etwas tiefer stand wollten wir am Strand noch mal einen Versuch mit der Drohne wagen und Fotos von weiter oben machen. Hier waren wir ja vorhin schon mal höher geflogen, das müsste jetzt doch wieder funktionieren. Tja, nix da. Die Drohne meckerte wieder rum, als hätte sie plötzlich Flugangst bekommen. Zu hoch, zu weit. Wir drückten alle erdenklichen Knöpfe auf der Fernbedienung um die Ursache herauszufinden und bekamen immer nur wieder einen Hinweis, dass wir uns anmelden sollten um die Flughöhe freizuschalten. Ganz was neues! Um sich anzumelden wollte das blöde Ding aber eine Internetverbindung haben und wir bekamen an diesem kleinen, traumhaft schönen Strand einfach nicht heraus, wie wir die herstellen sollten. Entnervt packten wir schließlich alles zusammen und fuhren erst mal zurück zur Krassy. Ein paar schöne Bilder hatten wir ja schon gemacht.
Den Rest des Abends verbrachte Christian dann mit der verflixten Fernbedienung, bis er endlich herausfand, dass man einfach – wie bei jedem Handy – von oben nach unten übers Display wischen musste, um die W-LAN-Verbindung zu öffnen. Echt mal, wer soll denn bitte auf sowas Naheliegendes kommen?! Das Problem war gelöst und so entschieden wir uns am folgenden Morgen noch mal zu der Brücke rüber zu stiefeln. Sollte doch gelacht sein, wenn wir unser Foto nicht bekämen!
Am kommenden Morgen machten wir also noch mal ein paar tolle Bilder von der Krassy und von der Brücke. Die Drohne war geheilt und unsere Bilder sahen jetzt so aus, wie wir uns das vorgestellt hatten. Wir konnten also weiter und langsam mussten wir uns beeilen, denn für heute gab es einen Zeitplan. Unsere nächste Etappe sollte uns durch den berüchtigten „Current Cut“, eine schmale Durchfahrt in der Insel führen. Der Name ist hier nicht ganz zufällig, denn in der Durchfahrt kann die Strömung auf bis zu 5 Knoten beschleunigen. Wir sind hier wieder im Gezeitenrevier, für uns alte Elbsegler nichts ungewöhnliches, aber in diesem Fall war es doch ein bisschen spannend. Vor der Durchfahrt ist das Wasser recht flach und rechts und links liegen viele große Steine unter Wasser, auf die man tunlichst nicht drauf treiben sollte. Umso wichtiger ist hier also gute Planung, denn wenn die Strömung kippt, zur sogenannten Slack Tide, kann man die Engstelle ganz gemütlich passieren. Kommt man aber zur falschen Zeit an, dann kann es ungemütlich werden. Strömung ist an sich nichts schlimmes, denn wenn man weiß, wo sie herkommt, kann man gegensteuern. Kommt allerdings mehr Strömung von vorne als man Motorleistung hat, dann kann man in Schwierigkeiten geraten. Im besten Fall steht man auf der Stelle, im schlimmsten Fall treibt man unkontrolliert weg.

Wir erreichten die Stelle ein bisschen früher als geplant und verfolgten über Funk einige andere Boote, die gerade aus der Gegenrichtung den Cut passierten. Alles ganz entspannt. Klang super. Für uns sollte der perfekte Zeitpunkt – also Slack Tide – um 14 Uhr sein, entsprechend waren wir also auch losgefahren, natürlich mit ein bisschen Puffer, falls wir doch nicht so gut voran kämen wie geplant. Während wir also dem Funk lauschten und während der ganzen Überfahrt über den perfekten Zeitpunkt fachsimpelten, verschob sich in unseren Köpfen irgendwie die Slack Tide von 14 Uhr auf 13.30 Uhr und plötzlich waren wir uns absolut sicher, dass dies die richtige Zeit wäre. Wie genau wir dazu kamen, wissen wir nicht mehr… geistige Umnachtung.
Erst als wir auf 2 Knoten Gegenströmung kurz vor der Engstelle trafen, fiel uns auf, dass wir uns selbst in die falsche Zeit reingeredet hatten. Alles nicht so schlimm. Unser Motor ist kräftig genug und so fuhren wir eben statt mit 6 nur mit 4 Knoten hindurch und lachten uns dabei über uns selbst kaputt. Von wegen erfahrene Elbsegler!
An unserem Ankerplatz vor Egg Island liegen wir nun in guter Gesellschaft. So viele Boote – 7 Stück – haben wir schon eine ganze Weile nicht mehr auf einem Haufen gesehen. Mir machten hier noch einen kurzen Dinghy-Ausflug zu einer nahegelegenen Sandbank und Christian ließ es sich nicht nehmen ums Boot herum auf Schnorcheltour zu gehen, wobei er Rochen, Barracudas, einen Feuerfisch und sogar einen kleinen Hai entdeckte. Ich alter Schisser war dabei ganz froh, dass ich es mir mit einem gänzlich ungefährlichen Buch an Bord gemütlich gemacht hatte!








Eigentlich wollten wir diesen Beitrag gestern schon hochladen, aber leider war unser Internet vor Egg Island so schlecht, dass wir die Bilder nicht einfügen konnten. Deshalb gibt es für euch diesmal etwas verspätet was zu lesen. Wir sind in der Zwischenzeit übrigens schon mal zu den nördlich gelegenen Abaco Islands weitergesegelt. Zu nachtschlafender Zeit ging es heute für uns aus den Federn und Anker auf um die 50 Seemeilen bei Helligkeit bewältigen zu können und einen weiteren Cut zu überwinden. Jetzt liegen wir vor Lynyard Cay und werden morgen mal die Gegend erkunden.
Moin ihr beiden,
wenn ich mir das Bild „dji_fly_20250501_155552_0002_1746128319779_photo-1152×2048.jpeg“ so ansehe, kann ich mir auch gut der Herkunft eines geflügelten Wortes vorstellen. Und mir kommt auch gleich die Abwandlung in den Sinn: „die fliegenden Deutschländer“ 😎😄
Fantastische Bilder der „schwebenden“ Krassy!
Liebe Grüße Peter Drieschner
Moin Peter,
ja, es ist wirklich so, als würde die Krassy schweben. Wir haben die Drohne viel zu selten benutzt…
Liebe Grüße!