13°24,0‘N, 056°46,2‘W
Die Freude darüber, dass wir endlich den eigentlichen Passat-Wind gefunden hatten, die ich noch im letzten Beitrag zum Ausdruck gebracht hatte, hielt leider nicht allzu lange an. Kaum war der Beitrag hochgeladen wurden aus unseren gemütlichen 15 Knoten Wind nur noch lahme 10 Knoten. Und so sollte es bleiben, der Wind briste ein bisschen auf und kaum fingen wir an es zu genießen, da schlief er auch schon wieder ein… In den letzten paar Tagen, von denen wir uns erhofft hatten endlich stramm aufs Ziel zuzufahren, hatten wir wieder mit jeder Menge Schwachwind zu kämpfen. Das zerrte auch ein bisschen an den Nerven, denn wir haben ein wenig die Zeit im Nacken. Unser Besuch auf Barbados wartet und wir kommen nur sehr ungern zu spät, ganz besonders bei guten alten Freunden! In der letzten Nacht waren besonders Christian‘s Wachen eine quälend langsame Dümpelei, bei denen unsere Geschwindigkeit zeitweise sogar unter 3 Knoten Fahrt fiel. Ich hatte in den letzten Nächten immer ausgerechnet die Wachzeiten erwischt in denen die Fronten durchzogen. Das hieß, zu Beginn meiner Wache regnete es kurz, sodass ich im nassen Cockpit nicht mehr sitzen konnte. Danach briste der Wind auf und bescherte mir eine rasante Fahrt und Christian eine ruhige Freiwache ohne schlagende Segel. Wir kamen mit dem Wind in den Fronten endlich richtig gut voran und meist war dieser noch nicht mal hoch genug, dass wir hätten reffen müssen. Großartiges Segeln also, nur leider mit nassen Bänken im Cockpit… Etwas nervig war vor allem nachts der Kampf mit unseren Autopiloten. Bei dem schwachen Hauch von Wind, den wir hatten, und noch dazu dem elendigen Saragossa-Gras, war unser treuer Windpilot nur sehr bedingt einsetzbar. Der braucht ein bisschen Wind um zuverlässig zu steuern und wenn das Pendelruder mit einem Büschel Kraut zugesetzt ist, dann steigt der Gute völlig aus. Unser Back-up, der elektronische Autopilot, hatte allerdings in den letzten Tag auch ein paar neue Allüren an den Tag gelegt. Manchmal steuerte er stundenlang zuverlässig seinen Kurs, nur um dann plötzlich gar nichts mehr zu machen oder auf einmal einen völlig falschen Kurs einzuschlagen. Das Ding raubte uns den letzten Nerv bis Christian gestern der Kragen platzte und er einfach mal kräftig mit der Hand auf die Steuereinheit einschlug. Das half erstaunlicherweise! Die gute alte Reparaturmethode des Handkantenschlags ist manchmal die effektivste… Irgendwie schien sich der Kompass im Inneren der Einheit zu verklemmen und da war eine ordentliche Watsche wohl die richtige Behandlungsmethode. Zumindest ist der Autopilot seit dem wieder ganz brav. Die Temperaturen fallen hier übrigens sogar nachts kaum noch unter 27°C, also ist Ölzeug keine Option. Seit wir in Mindelo losgefahren sind, habe ich keine lange Hose mehr getragen, selbst während meiner Nachtwachen draußen im Cockpit. Christian hat letzte Woche entschieden erst wieder ein T-Shirt anzuziehen, wenn er bei den Behörden auf Barbados einklarieren muss… Dementsprechend braun gebrannt ist er mittlerweile. Naja, aber wo war ich stehengeblieben? Der Wind, das leidige Thema. Heute früh hatte Christian nach seiner Wache die Nase voll. Die Segel schlugen, wir kamen einfach nicht voran. Also weckte er mich nach der Hälfte meiner Freiwache um meinen verschlafenen Segen einzuholen, dass wir jetzt endlich den Motor anmachen würden. Alles klar, lass mich nur weiterschlummern… Christian funkte also die Carinya an, hin und hergerissen zwischen dem Gefühl unserem treuen Buddy-Boat nun endgültig kurz vorm Ziel davon zu fahren und dem Wunsch, einen seiner ältesten Freunde aus der Heimat nicht noch einen weiteren Tag auf uns warten lassen zu müssen. Kurz darauf hörte ich das vertraute Piepsen der Ölwarnlampe und dann das tiefe Brummen des Motors. Dicht gefolgt von einem wilden Fluch und dann Stille. Der Motor war wieder aus und ich nun endgültig wach. Und was war los? Es kam kein Kühlwasser… Kurz zur Erklärung: unser Motor hat zwei Kühlkreisläufe, einen inneren mit Kühlflüssigkeit, der vollständig gekapselt ist und einen äußeren, bei dem der Motor mit Seewasser gekühlt wird. Letzterer saugt das Wasser einfach durch ein Seeventil an, pumpt es durch den Motor und spuckt es dann knapp über der Wasserlinie durch einen Auslass zurück in die See. Einfach gesagt. Tja, diesmal spuckte hier gar nichts und das ist nicht gut, denn so kann der Motor schnell überhitzen und Schaden nehmen. Es gibt verschiedene mögliche Ursachen für dieses Problem, die wir jetzt systematisch checkten: 1. der Impeller, eine Art kleines Gummi-Schaufelrad im Motor ist kaputt und fördert kein Wasser. Der war aber tippi toppi in Ordnung. Dann blieb Option Nummer 2: das Seeventil ist von außen blockiert. Das war unsere Vermutung, denn hier wir sind ja bereits durch eine Menge Seegras gefahren, das sich auch gern mal irgendwo festklammert. Um dies festzustellen blieb nur eine Möglichkeit: ein Ausflug ins Wasser. Toll, auf hoher See. Christian bekam ein Geschirr angelegt und ich sicherte ihn mit einer Schwimmleine, während die Krassy in den Wellen schaukelte. Mit einer Taucherbrille ausgerüstet drückte sich Christian, immer mit einer Hand fest an der Badeleiter weit genug unter Wasser um den Borddurchlass zu prüfen. Tauchen wäre bei diesen Bedingungen nicht möglich gewesen. Das Ventil war von außen frei, also blieb nur noch eine letzte Ursache: Es war bereits etwas im Schlauch, das das Ansaugen verhindert. Halbwegs abgetrocknet nach seinem frühmorgendlichen Badeausflug löste Christian also den Ansaugschlauch vom Seewasserfilter und blies diesen durch. Siehe da, Problem behoben! Das blöde Saragossa-Gras hat so komische kleine Samen, die offensichtlich auch gern mal einen Schlauch hoch schwimmen. In unserem Badezimmer hatten wir den Kram ein paar Tage lang sogar im Waschbecken, wenn in den Wellen Wasser hochgeschwappt war. Wirklich lästig dieses Zeug!
Nachdem also unser Schreck behoben war, konnten wir endlich den Motor starten. Wie immer beobachteten wir alles mit Argus-Augen, aber der Motor lief problemlos und die Temperatur war normal. Da der Wind mittlerweile komplett eingeschlafen war, startete die Carinya kurz darauf ebenso den Motor, natürlich erst mal vorsichtig, denn die Welle war ja frisch repariert und da geht man es verständlicherweise erst mal langsam an.
Wir hatten uns nach der morgendlichen Aufregung gerade hingesetzt um zu frühstücken, als sich hinter uns der eh schon graue Himmel verdunkelte. Statt Wind bekamen wir diesmal nur Regen, aber was für einen! Unser Frühstück schlangen wir eilig hinunter und beeilten uns alles wieder in den Schränken zu verstauen, als es auch schon anfing zu tropfen. Jetzt gab es zum ersten Mal einen richtigen Platzregen für uns, der die Krassy endgültig vom lästigen Sahara-Sand befreite. Wohl oder übel verzogen wir uns unter Deck um den Regen abzuwarten und bekamen als Entschädigung anschließend wieder etwas Wind. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon festgestellt, das es heute besser gewesen wäre einfach mal weiterzuschlafen… So viel Aufregung braucht doch niemand früh am Morgen!
Aufregung sollte es aber an diesem Tag noch viel mehr geben. Vielleicht habt ihr es schon geahnt, wir sind segeltechnisch ziemlich gut aufgestellt. Neben unserer brandneuen Segelgarnitur aus großer Genua und Großsegel, haben wir eine Stagreiterfock, eine kleine Arbeitsfock, Sturmfock und sogar ein extra angefertigtes Tri-Segel für richtig fiesen Sturm dabei (zum Glück noch nie gebraucht). Ein Ersatz-Großsegel haben wir natürlich auch dabei, nur der alte muffige und etwas zu klein geratene Blister musste zuhause bleiben. Und der aufmerksame Leser findet hier schon den Fehler: wir sind super aufgestellt für Starkwind, aber für Schwachwind haben wir eigentlich kein vernünftiges Segel dabei. Aber wisst ihr, wer sogar gleich zwei davon mit sich herumfährt? Richtig, die Carinya. Und weil es noch nicht verrückt genug ist in einem Segelboot den Atlantischen Ozean zu überqueren, entschieden wir, uns den Ersatz-Spinnaker der Carinya mal auszuleihen. Wir sind noch nie so ein Segel gefahren, das wäre also Neuland für uns. Wir vereinbarten also eine kleine Übergabe auf See. Wir sollten das Segel bekommen, der Carinya übergaben wir dafür einen Kanister Öl für ihre Welle (sicher ist sicher). Unter Motor banden wir also ein paar Fender an der achterlichen Reling fest und nahmen Fahrt raus. Von hinten kam nun die Carinya, ebenfalls gut abgefendert zu uns auf. Nicole stand gut angeleint vorne am Bug mit dem Segelsack in der Hand während Christian sich am Heck der Krassy eingeschäkelt hatte um den Kanister zu übergeben. Gerrit steuerte die Carinya vorsichtig auf uns zu, nah genug, dass der Austausch ohne Kontakt der Boote stattfinden konnte und ich hatte diesmal nichts zu tun außer Fotos zu machen. Ein völlig verrücktes Manöver in doch noch recht bewegter See, aber alles klappte reibungslos und wir freuten uns wie Bolle darüber uns endlich mal wieder gesehen zu haben!
Die dichte graue Bewölkung vom Vormittag hatte sich mittlerweile verzogen und es wurde immer wärmer. Nach diesem ereignisreichen Morgen und der kurzen Nacht wollten wir uns endlich mal fünf Minuten hinsetzen und uns erholen. Aber der Wind hatte andere Pläne und so verbrachten wir gefühlt den ganzen Tag damit ständig die Segel umzubauen. Von Am-Wind-Kursen über totale Flaute bis hin zur flotten Rauschefahrt war heute einfach alles dabei! Jedes Mal, wenn wir die Segel wieder rauf, runter, ausgebaumt, umgebaut und neu gestellt und kombiniert hatten, waren wir anschließend nass geschwitzt! Das Motto dieser Überfahrt ist wohl: Enjoy it while it lasts. Jedes Mal, wenn wir nach langem Ausharren im Schwachwind endlich gut voran kamen, war es eine Frage der Zeit, bis das wieder vorbei war. Wir lernen hier Geduld, eine Tugend von der wir nicht allzu viel besitzen… Als endlich der Wind wieder auf einen vernünftigen Vorwind-Kurs gedreht hatte, wollten wir natürlich noch den Spinnaker ausprobieren. Wie gesagt, wir sind beide noch nie ernsthaft so ein Segel gefahren, auch wenn wir die Theorie kennen. Was wir aber wissen, ist dass die Bergeschläuche ein bisschen tricky sein können. HIer muss man genau hinsehen, was man tut, damit sich nichts im Mast verheddert und man anschließend seine sämtlichen Segel nicht mehr rauf oder runter bekommt. Wir gingen es also sehr vorsichtig an, inspizierten das leicht muffige Tuch ganz genau um den Mechanismus zu verstehen. Unser alter Blister (der ja zuhause bleiben musste, weil er eh zu klein für die Krassy ist), hat ein ganz ähnliches System. Man zieht einen langen Schlauch mit dem Segel darin in den Mast hoch und kann dann über zwei Leinen den Schlauch nach oben ziehen und wieder herunterlassen. So lässt sich das riesige Tuch relativ leicht bergen, vorausgesetzt, alles ist gut klariert, ein wenig wie bei einem Fallschirm. Während wir also mit dem riesigen Segelsack an Deck hantierten, Schoten umlegten und die Wurst mit dem Segel darin vorsichtig in den Mast hochzogen, standen Gerrit und Nicole auf der Carinya schon mit Kameras bewaffnet bereit. Wir hängten das Segel ein und fingen ganz vorsichtig an, den Schlauch hoch zu ziehen um das große bunte Tuch zu befreien. Aber… es klemmte! Also Schlauch wieder runter, da war was verdreht. Als auch der zweite Versuch klemmte, entschieden wir es erst mal gut sein zu lassen. Wir bauten alles wieder zurück, zogen unser Groß, die Genau und die Stagreiterfock wieder hoch und segelten weiter. Neben uns auf der Carinya konnten wir dann kurze Zeit später beobachten, wie es richtig geht. Aber wir geben noch nicht auf, denn wir sind beide scharf drauf, das Segel zu testen. Nachmittags nahm ich mir noch mal den großen Sack mit aufs Vorschiff und breitete das Segel in seinem Schlauch vorsichtig aus. Wie es scheint war eine Leine des Bergeschlauchs innen um das Segel gewickelt. So gut es ging klarierte ich alles, aber da der Wind mittlerweile etwas aufgebrist und die Zeit langsam vorgerückt war, verschoben wir einen weiteren Versuch erst mal auf morgen. Aber wir sind gespannt, ob es diesmal klappt!
Jetzt gerade sitze ich übrigens in meiner ersten Nachtwache und der Mond scheint gerade so hell, dass er tatsächlich Schatten wirft. Dies ist wahrscheinlich unsere vorletzte Nacht auf dieser Überfahrt, denn am Samstag gegen Mittag sollten wir Barbados erreichen. Komisch, wie die Zeit hier auf See vergeht! Aber am meisten freue ich mich gerade darauf, endlich mal wieder eine ganze Nacht durchzuschlafen. Es sind die kleinen Dinge im Leben…
Steffi
Die Freude darüber, dass wir endlich den eigentlichen Passat-Wind gefunden hatten, die ich noch im letzten Beitrag zum Ausdruck gebracht hatte, hielt leider nicht allzu lange an. Kaum war der Beitrag hochgeladen wurden aus unseren gemütlichen 15 Knoten Wind nur noch lahme 10 Knoten. Und so sollte es bleiben, der Wind briste ein bisschen auf und kaum fingen wir an es zu genießen, da schlief er auch schon wieder ein… In den letzten paar Tagen, von denen wir uns erhofft hatten endlich stramm aufs Ziel zuzufahren, hatten wir wieder mit jeder Menge Schwachwind zu kämpfen. Das zerrte auch ein bisschen an den Nerven, denn wir haben ein wenig die Zeit im Nacken. Unser Besuch auf Barbados wartet und wir kommen nur sehr ungern zu spät, ganz besonders bei guten alten Freunden! In der letzten Nacht waren besonders Christian‘s Wachen eine quälend langsame Dümpelei, bei denen unsere Geschwindigkeit zeitweise sogar unter 3 Knoten Fahrt fiel. Ich hatte in den letzten Nächten immer ausgerechnet die Wachzeiten erwischt in denen die Fronten durchzogen. Das hieß, zu Beginn meiner Wache regnete es kurz, sodass ich im nassen Cockpit nicht mehr sitzen konnte. Danach briste der Wind auf und bescherte mir eine rasante Fahrt und Christian eine ruhige Freiwache ohne schlagende Segel. Wir kamen mit dem Wind in den Fronten endlich richtig gut voran und meist war dieser noch nicht mal hoch genug, dass wir hätten reffen müssen. Großartiges Segeln also, nur leider mit nassen Bänken im Cockpit… Etwas nervig war vor allem nachts der Kampf mit unseren Autopiloten. Bei dem schwachen Hauch von Wind, den wir hatten, und noch dazu dem elendigen Saragossa-Gras, war unser treuer Windpilot nur sehr bedingt einsetzbar. Der braucht ein bisschen Wind um zuverlässig zu steuern und wenn das Pendelruder mit einem Büschel Kraut zugesetzt ist, dann steigt der Gute völlig aus. Unser Back-up, der elektronische Autopilot, hatte allerdings in den letzten Tag auch ein paar neue Allüren an den Tag gelegt. Manchmal steuerte er stundenlang zuverlässig seinen Kurs, nur um dann plötzlich gar nichts mehr zu machen oder auf einmal einen völlig falschen Kurs einzuschlagen. Das Ding raubte uns den letzten Nerv bis Christian gestern der Kragen platzte und er einfach mal kräftig mit der Hand auf die Steuereinheit einschlug. Das half erstaunlicherweise! Die gute alte Reparaturmethode des Handkantenschlags ist manchmal die effektivste… Irgendwie schien sich der Kompass im Inneren der Einheit zu verklemmen und da war eine ordentliche Watsche wohl die richtige Behandlungsmethode. Zumindest ist der Autopilot seit dem wieder ganz brav. Die Temperaturen fallen hier übrigens sogar nachts kaum noch unter 27°C, also ist Ölzeug keine Option. Seit wir in Mindelo losgefahren sind, habe ich keine lange Hose mehr getragen, selbst während meiner Nachtwachen draußen im Cockpit. Christian hat letzte Woche entschieden erst wieder ein T-Shirt anzuziehen, wenn er bei den Behörden auf Barbados einklarieren muss… Dementsprechend braun gebrannt ist er mittlerweile. Naja, aber wo war ich stehengeblieben? Der Wind, das leidige Thema. Heute früh hatte Christian nach seiner Wache die Nase voll. Die Segel schlugen, wir kamen einfach nicht voran. Also weckte er mich nach der Hälfte meiner Freiwache um meinen verschlafenen Segen einzuholen, dass wir jetzt endlich den Motor anmachen würden. Alles klar, lass mich nur weiterschlummern… Christian funkte also die Carinya an, hin und hergerissen zwischen dem Gefühl unserem treuen Buddy-Boat nun endgültig kurz vorm Ziel davon zu fahren und dem Wunsch, einen seiner ältesten Freunde aus der Heimat nicht noch einen weiteren Tag auf uns warten lassen zu müssen. Kurz darauf hörte ich das vertraute Piepsen der Ölwarnlampe und dann das tiefe Brummen des Motors. Dicht gefolgt von einem wilden Fluch und dann Stille. Der Motor war wieder aus und ich nun endgültig wach. Und was war los? Es kam kein Kühlwasser… Kurz zur Erklärung: unser Motor hat zwei Kühlkreisläufe, einen inneren mit Kühlflüssigkeit, der vollständig gekapselt ist und einen äußeren, bei dem der Motor mit Seewasser gekühlt wird. Letzterer saugt das Wasser einfach durch ein Seeventil an, pumpt es durch den Motor und spuckt es dann knapp über der Wasserlinie durch einen Auslass zurück in die See. Einfach gesagt. Tja, diesmal spuckte hier gar nichts und das ist nicht gut, denn so kann der Motor schnell überhitzen und Schaden nehmen. Es gibt verschiedene mögliche Ursachen für dieses Problem, die wir jetzt systematisch checkten: 1. der Impeller, eine Art kleines Gummi-Schaufelrad im Motor ist kaputt und fördert kein Wasser. Der war aber tippi toppi in Ordnung. Dann blieb Option Nummer 2: das Seeventil ist von außen blockiert. Das war unsere Vermutung, denn hier wir sind ja bereits durch eine Menge Seegras gefahren, das sich auch gern mal irgendwo festklammert. Um dies festzustellen blieb nur eine Möglichkeit: ein Ausflug ins Wasser. Toll, auf hoher See. Christian bekam ein Geschirr angelegt und ich sicherte ihn mit einer Schwimmleine, während die Krassy in den Wellen schaukelte. Mit einer Taucherbrille ausgerüstet drückte sich Christian, immer mit einer Hand fest an der Badeleiter weit genug unter Wasser um den Borddurchlass zu prüfen. Tauchen wäre bei diesen Bedingungen nicht möglich gewesen. Das Ventil war von außen frei, also blieb nur noch eine letzte Ursache: Es war bereits etwas im Schlauch, das das Ansaugen verhindert. Halbwegs abgetrocknet nach seinem frühmorgendlichen Badeausflug löste Christian also den Ansaugschlauch vom Seewasserfilter und blies diesen durch. Siehe da, Problem behoben! Das blöde Saragossa-Gras hat so komische kleine Samen, die offensichtlich auch gern mal einen Schlauch hoch schwimmen. In unserem Badezimmer hatten wir den Kram ein paar Tage lang sogar im Waschbecken, wenn in den Wellen Wasser hochgeschwappt war. Wirklich lästig dieses Zeug!
Nachdem also unser Schreck behoben war, konnten wir endlich den Motor starten. Wie immer beobachteten wir alles mit Argus-Augen, aber der Motor lief problemlos und die Temperatur war normal. Da der Wind mittlerweile komplett eingeschlafen war, startete die Carinya kurz darauf ebenso den Motor, natürlich erst mal vorsichtig, denn die Welle war ja frisch repariert und da geht man es verständlicherweise erst mal langsam an.
Wir hatten uns nach der morgendlichen Aufregung gerade hingesetzt um zu frühstücken, als sich hinter uns der eh schon graue Himmel verdunkelte. Statt Wind bekamen wir diesmal nur Regen, aber was für einen! Unser Frühstück schlangen wir eilig hinunter und beeilten uns alles wieder in den Schränken zu verstauen, als es auch schon anfing zu tropfen. Jetzt gab es zum ersten Mal einen richtigen Platzregen für uns, der die Krassy endgültig vom lästigen Sahara-Sand befreite. Wohl oder übel verzogen wir uns unter Deck um den Regen abzuwarten und bekamen als Entschädigung anschließend wieder etwas Wind. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon festgestellt, das es heute besser gewesen wäre einfach mal weiterzuschlafen… So viel Aufregung braucht doch niemand früh am Morgen!
Aufregung sollte es aber an diesem Tag noch viel mehr geben. Vielleicht habt ihr es schon geahnt, wir sind segeltechnisch ziemlich gut aufgestellt. Neben unserer brandneuen Segelgarnitur aus großer Genua und Großsegel, haben wir eine Stagreiterfock, eine kleine Arbeitsfock, Sturmfock und sogar ein extra angefertigtes Tri-Segel für richtig fiesen Sturm dabei (zum Glück noch nie gebraucht). Ein Ersatz-Großsegel haben wir natürlich auch dabei, nur der alte muffige und etwas zu klein geratene Blister musste zuhause bleiben. Und der aufmerksame Leser findet hier schon den Fehler: wir sind super aufgestellt für Starkwind, aber für Schwachwind haben wir eigentlich kein vernünftiges Segel dabei. Aber wisst ihr, wer sogar gleich zwei davon mit sich herumfährt? Richtig, die Carinya. Und weil es noch nicht verrückt genug ist in einem Segelboot den Atlantischen Ozean zu überqueren, entschieden wir, uns den Ersatz-Spinnaker der Carinya mal auszuleihen. Wir sind noch nie so ein Segel gefahren, das wäre also Neuland für uns. Wir vereinbarten also eine kleine Übergabe auf See. Wir sollten das Segel bekommen, der Carinya übergaben wir dafür einen Kanister Öl für ihre Welle (sicher ist sicher). Unter Motor banden wir also ein paar Fender an der achterlichen Reling fest und nahmen Fahrt raus. Von hinten kam nun die Carinya, ebenfalls gut abgefendert zu uns auf. Nicole stand gut angeleint vorne am Bug mit dem Segelsack in der Hand während Christian sich am Heck der Krassy eingeschäkelt hatte um den Kanister zu übergeben. Gerrit steuerte die Carinya vorsichtig auf uns zu, nah genug, dass der Austausch ohne Kontakt der Boote stattfinden konnte und ich hatte diesmal nichts zu tun außer Fotos zu machen. Ein völlig verrücktes Manöver in doch noch recht bewegter See, aber alles klappte reibungslos und wir freuten uns wie Bolle darüber uns endlich mal wieder gesehen zu haben!
Die dichte graue Bewölkung vom Vormittag hatte sich mittlerweile verzogen und es wurde immer wärmer. Nach diesem ereignisreichen Morgen und der kurzen Nacht wollten wir uns endlich mal fünf Minuten hinsetzen und uns erholen. Aber der Wind hatte andere Pläne und so verbrachten wir gefühlt den ganzen Tag damit ständig die Segel umzubauen. Von Am-Wind-Kursen über totale Flaute bis hin zur flotten Rauschefahrt war heute einfach alles dabei! Jedes Mal, wenn wir die Segel wieder rauf, runter, ausgebaumt, umgebaut und neu gestellt und kombiniert hatten, waren wir anschließend nass geschwitzt! Das Motto dieser Überfahrt ist wohl: Enjoy it while it lasts. Jedes Mal, wenn wir nach langem Ausharren im Schwachwind endlich gut voran kamen, war es eine Frage der Zeit, bis das wieder vorbei war. Wir lernen hier Geduld, eine Tugend von der wir nicht allzu viel besitzen… Als endlich der Wind wieder auf einen vernünftigen Vorwind-Kurs gedreht hatte, wollten wir natürlich noch den Spinnaker ausprobieren. Wie gesagt, wir sind beide noch nie ernsthaft so ein Segel gefahren, auch wenn wir die Theorie kennen. Was wir aber wissen, ist dass die Bergeschläuche ein bisschen tricky sein können. HIer muss man genau hinsehen, was man tut, damit sich nichts im Mast verheddert und man anschließend seine sämtlichen Segel nicht mehr rauf oder runter bekommt. Wir gingen es also sehr vorsichtig an, inspizierten das leicht muffige Tuch ganz genau um den Mechanismus zu verstehen. Unser alter Blister (der ja zuhause bleiben musste, weil er eh zu klein für die Krassy ist), hat ein ganz ähnliches System. Man zieht einen langen Schlauch mit dem Segel darin in den Mast hoch und kann dann über zwei Leinen den Schlauch nach oben ziehen und wieder herunterlassen. So lässt sich das riesige Tuch relativ leicht bergen, vorausgesetzt, alles ist gut klariert, ein wenig wie bei einem Fallschirm. Während wir also mit dem riesigen Segelsack an Deck hantierten, Schoten umlegten und die Wurst mit dem Segel darin vorsichtig in den Mast hochzogen, standen Gerrit und Nicole auf der Carinya schon mit Kameras bewaffnet bereit. Wir hängten das Segel ein und fingen ganz vorsichtig an, den Schlauch hoch zu ziehen um das große bunte Tuch zu befreien. Aber… es klemmte! Also Schlauch wieder runter, da war was verdreht. Als auch der zweite Versuch klemmte, entschieden wir es erst mal gut sein zu lassen. Wir bauten alles wieder zurück, zogen unser Groß, die Genau und die Stagreiterfock wieder hoch und segelten weiter. Neben uns auf der Carinya konnten wir dann kurze Zeit später beobachten, wie es richtig geht. Aber wir geben noch nicht auf, denn wir sind beide scharf drauf, das Segel zu testen. Nachmittags nahm ich mir noch mal den großen Sack mit aufs Vorschiff und breitete das Segel in seinem Schlauch vorsichtig aus. Wie es scheint war eine Leine des Bergeschlauchs innen um das Segel gewickelt. So gut es ging klarierte ich alles, aber da der Wind mittlerweile etwas aufgebrist und die Zeit langsam vorgerückt war, verschoben wir einen weiteren Versuch erst mal auf morgen. Aber wir sind gespannt, ob es diesmal klappt!
Jetzt gerade sitze ich übrigens in meiner ersten Nachtwache und der Mond scheint gerade so hell, dass er tatsächlich Schatten wirft. Dies ist wahrscheinlich unsere vorletzte Nacht auf dieser Überfahrt, denn am Samstag gegen Mittag sollten wir Barbados erreichen. Komisch, wie die Zeit hier auf See vergeht! Aber am meisten freue ich mich gerade darauf, endlich mal wieder eine ganze Nacht durchzuschlafen. Es sind die kleinen Dinge im Leben…
Steffi
Moin,
super Eure Schilderung mit dem Motor- und Spiproblem – da finde ich mich dann doch glatt wieder.
Und ich bin schon auf die Bilder gespannt: der Begriff „Segelwechsel“ hat damit eine ganz neue Bedeutung gewonnen …
Wenn ihr die Möglichkeit habt, den Spi im Schlauch irgendwie längs an Deck zu legen, dann zieht mal den Schlauch vorsichtig nach „oben“ (Wahrschau, daß dabei das Segel nicht außenbords fliegt!) und klariert die Bergeleine. Mach‘ ich im Herbst immer zu Hause. Man glaubt gar nicht, wie sich das alles vertüddeln kann.
Für den Schlußspurt alles Gute,
Jürgen
Moin Jürgen,
so ähnlich hab ich es auch gemacht, allerdings ohne das Segel aus dem Schlauch zu befreien, das hätte sonst ne Katastrophe gegeben… Aber der Schlauch ist dünn genug, dass man die Leine auch gut durch den Stoff hindurch klarieren konnte.
Liebe Grüße von uns beiden!
Ihr Lieben! Endlich wieder Nachricht von Euch! Die Beschreibung des Segel Auf-, um- und Abbaus war auch für den Nicht-Segler absolut verständlich und anschaulich, so dass man eine Vorstellung von Euch auf See hat. Ich hoffe, ihr seid heute auf Barbados angekommen (allein der Name!) und trinkt einen Caipi auf die zurückgebliebenen! Statt Sonnenbad planen wir Schlitten fahren im Harz, hier ist so eine Art Winter.
Liebe Grüße von Armin und Anja
Hey ihr Lieben,
wir sind gut angekommen und schreiben schon fleißig am nächsten Beitrag mit vielen Fotos!
Wir schicken euch gern ein bisschen Sonne rüber, hier gibt’s jede Menge davon… heute hab ich mir auch meinen ersten Sonnenbrand geholt…
Liebe Grüße nach Bremen!