Marina Rubicon, Lanzarote
Eigentlich wollten wir in Agadir pünktlich um 15 Uhr starten, denn der Wind sollte etwa zu dieser Zeit einsetzen und dann moderat bis zum folgenden Mittwoch wehen, gerade genug für uns um Lanzarote unter Segeln erreichen zu können. Die Vorhersage versprach eher weniger Wind, der gerade so ausreichen würde um die schwere Krassy voranzutreiben, also wollten wir auf keinen Fall etwas von unserem knappen Zeitfenster verschwenden.
Die marokkanische Gemütlichkeit hatte allerdings andere Pläne… Als wir direkt nach dem Frühstück beim Hafenmeister vorstellig werden wollten um unsere Liegegebühren zu entrichten, fanden wir sein Büro verschlossen vor. Wir warteten also erst mal ungeduldig, beobachteten ohne Unterlass den Eingang der Capitanerie und wurden immer nervöser. Für die Ausklarierung beim Zoll und der Polizei sollten wir uns ca. 3 Stunden im Voraus melden, es wurde also langsam Zeit. Um Auszuklarieren, wollte der Zoll aber natürlich auch einen Nachweis darüber sehen, dass wir den Hafen bezahlt hatten. Irgendwann sprachen wir einen Herren an, der zielstrebig auf das Büro zukam. Er stellte sich als Polizist heraus, war aber sehr freundlich und rief auf unsere Nachfrage, ob er zufällig wisse wann der Hafenmeister zurückkäme, diesen direkt an. In einer Stunde sollte der gute Mann wieder da sein. Alles klar, jetzt wussten wir zumindest Bescheid.
Da Zeitangaben in diesen Breiten allerdings eher als Schätzwerte zu betrachten sind, war natürlich nach einer Stunde noch immer niemand in Sicht. Wieder sprachen wir jemanden an, der scheinbar zum Team des Hafens gehörte. Auch dieser Herr war freundlich und rief ebenfalls beim Hafenmeister an. In 20 Minuten ist er da. Okay, wir werden sehen.
Die Uhr tickte, aber tatsächlich tauchte der Hafenmeister irgendwann endlich auf. Das Bezahlen zog sich in die Länge, denn Kartenzahlung war hier nicht möglich und so mussten wir noch mal zum Geldautomaten. In der Zwischenzeit hatten sich zwei sehr gelassene Engländer beim Hafenmeister eingefunden und diskutierten ewig rum, bevor wir endlich bezahlen konnten.
Wir beeilten uns beim Zoll vorstellig zu werden, damit uns nicht wieder die beiden Briten zuvorkämen.
Der Zollbeamte ließ uns wissen, dass er und der Kollege von der Polizei gleich an Bord kommen würden. Mittlerweile war 15 Uhr vergangen und wir saßen ein wenig auf heißen Kohlen, gaben uns aber Mühe uns das nicht anmerken zu lassen.
Die Beamten kamen an Bord, prüften noch mal ausgiebig unsere Papiere, kontrollierten und entfernten nach einigen Diskussionen, die wir nicht verstanden, das Siegel an der Sporttasche mit unserer Drohne und den Seenotsignalen und nahmen dann unsere Pässe zum Stempeln mit. In 15 Minuten würden sie uns die Pässe zurückbringen, die müssten jetzt nur noch gestempelt werden. Aus 15 Minuten wurden fast 2 Stunden und Christian war langsam richtig genervt. So würden wir unser Windfenster verpassen und wir wollten auf keinen Fall wieder motoren! Wie sich herausstellte, war in der Zwischenzeit ein Boot im Hafen angekommen und musste einklariert werden. Die beiden Beamten waren also gut beschäftigt und entschuldigten sich bei uns für die Verspätung. Der Zollbeamte schien hier der good cop zu sein, während der Polizist eher die Rolle des bad cop einnahm. Letzterer sprach kein Englisch und scheinbar auch nur wenig Französisch und machte auf uns einen eher feindseligen Eindruck. Der junge Mann vom Zoll kompensierte die schlechte Laune seines Kollegen aber indem er immer mal wieder Witzchen riss und scheinbar alle Bedenken von Sargent Grummel wegdiskutierte.
Ein letztes Mal wollten die Herren einen Blick ins Boot werfen, öffneten wahllos ein paar Schränke und stellten noch einige Fragen, dann bekamen wir endlich unsere gestempelten Pässe zurück und konnten los. Es war mittlerweile 18 Uhr und schon bald würde die Sonne untergehen.
Als die Beamten von Bord gingen, starteten wir direkt unseren Motor und beeilten uns loszufahren. Der Wind wehte bereits und so konnten wir noch im Hafen das Großsegel hochziehen und schnell den Motor wieder abstellen.
In der Bucht von Agadir wehte der Wind um die vorstehende Landspitze herum und bescherte uns für die ersten Stunden einen Am-Wind-Kurs, der uns schnell vorankommen ließ. Wir nutzen das letzte Sonnenlicht um schon mal den Genaubaum zu setzen, denn hinter der Landspitze sollte der Wind achterlich drehen und dann würden wir für die Nacht das Vorsegel ausbaumen müssen. So kam es auch und trotz der vorhergesagten 10 Knoten Wind bekamen wir eher 15 Knoten und freuten uns, schnell voran zu kommen.
In der ersten Nacht waren um uns herum noch überall die Lichter der vielen kleinen Fischerboote, die die Segler so sehr fürchten, da sie in der Regel ohne AIS unterwegs sind. Wir kamen aber keinem dieser Fischer nahe und konnten einigermaßen ruhig durch die Nacht segeln. Unser Tempo von teilweise über 7 Knoten Fahrt blieb uns erhalten und so hatten wir am folgenden Mittag bereits die Strecke zurückgelegt, für die wir normalerweise etwa 24 Stunden brauchen.
Neptun war richtig gut drauf und so bekamen wir nach der wilden Fahrt nach Marokko endlich eine gemütliche Segeletappe mit wenig Welle, genug Wind und lauen Temperaturen. Herrlich!
Nach einer weiteren, angenehm ereignislosen Nacht fuhren wir im Morgengrauen in den Windschatten von Lanzarote ein und mussten für die letzten 20 Meilen doch noch mal den Motor anwerfen. Das konnten wir verschmerzen, denn die vorangegangen ca. 200 Meilen hatten wir feinstes Segeln genießen können. Einzig nervig auf dieser Überfahrt war der Funkverkehr. Wir wissen nicht genau, woran es gelegen hat, aber aus irgendeinem Grund hatten wir auf dieser Etappe ungewöhnlich starke Funkreichweiten. Im AIS empfingen wir Schiffe, die bis zu 75 Meilen von uns entfernt waren und in der Hafeneinfahrt der Marina Rubicon auf Lanzarote plärrten immer noch die marokkanischen Fischer aus unserem Funkgerät. Normalerweise gilt international die Regel, dass man auf Kanal 16 Hörwache geht. Das ist der Notrufkanal auf dem man mithört und wenn man andere Schiffe anfunken muss, dann tut man das ebenso auf 16. Man sollte dann so schnell es geht auf einen anderen, privaten Kanal wechseln um Kanal 16 für mögliche Notrufe oder wichtige Informationen von Seefunkstellen freizuhalten. Wechselt man auf einen anderen Kanal um sozusagen privat mit einem anderen Boot zu funken, hat hier übrigens niemand mitzuhören. Offiziell gilt hier nämlich das Fernmeldegeheimnis. Lauschen ist also untersagt, allerdings hält sich da kaum jemand dran. Wir wurden sogar schon von anderen Seglern unterbrochen, die ganz offen einfach mitgehört hatten und auch noch mal ihren Senf zu unserem Gespräch dazugeben wollten…
Auch die Marokkaner nehmen die Regeln nicht allzu genau, denn Kanal 16 wurde als Plauderkanal missbraucht. Tag und Nacht war permanent jemand am plappern, sodass wir irgendwann die Lautstärke runterdrehen mussten um überhaupt schlafen zu können. So ist das nicht gedacht, aber zum Glück war das das erste Mal, dass wir so viel unsinniges Gerede im Funk hatten.
Als wir pünktlich um 12 Uhr in der Marina Rubicon ankamen war hier einiges los und auch hier dauerte es eine ganze Weile, bis wir endlich unseren Liegeplatz zugewiesen bekamen, getankt hatten und dann endlich in unserer Box festmachen konnten. Während die Temperaturen in der Heimat langsam einstellig werden empfing uns Lanzarote mit hochsommerlicher Hitze an die wir uns erst mal gewöhnen müssen. Müde, verschwitzt und hungrig gönnten wir uns also nur noch schnell eine ausgiebige Dusche und stiefelten dann sofort los um uns was zu Essen zu fangen. Rubicon ist kein richtiger Ort, hier ist eigentlich nur die Marina, die allerdings von einem gut gepflegten Resort eingerahmt ist. Hier reihen sich die Restaurants aneinander, man hat schön angelegte Bretterpfade und Teiche und es gibt sogar für die Segler einen Pool. Zum Einkaufen findet man dafür neben einigen sehr teuren Boutiquen allerdings nur ein paar winzige und ebenfalls teure Supermärkte.
Da Nachtfahrten immer interessante Gelüste entstehen lassen suchten wir uns ein Restaurant aus, in dem wir ein Schnitzel essen konnten. Lokale Spezialitäten waren uns heute egal, wir hatten richtig Hunger! In der gemütlichen Sailors Bar direkt am Tanksteg der Marina gelegen, wurden wir fündig und damit es nicht nur zünftig zuging bestellten wir uns als Vorspeise noch ein paar Garnelen in Knoblauchöl. Großartig!
Eine kleine, landestypische Spezialität wollten wir uns allerdings nicht entgehen lassen. Hier trinkt man nach dem Essen gern noch einen Barraquito, einen kunstvoll geschichteten Kaffee mit gezuckerter Kondesmilch, Milchschaum, Likör 43, Zimt und Limettenschale. Der sieht nicht nur funky aus, der schmeckt auch super lecker und zog uns beiden direkt die Schuhe aus. Danke nochmal an Martina, für den guten Hinweis! Barraquitos trinken wir hier bestimmt noch einige…








In Marokko waren wir mit Wasser so sparsam gewesen, dass wir in unserem Wassertank noch immer portugiesisches Wasser hatten und die Krassy von der wilden Fahrt von Lagos nach Agadir auch noch mit einem kleinen Salzpanzer bedeckt war. Sie hatte dringend eine Wäsche nötig und so verbrachten wir den folgenden Tag damit uns an die Hitze zu gewöhnen, die Krassy abzuspülen (sehr sparsam, denn Wasser ist hier eigentlich eher knapp) und viele lange Telefonate mit der Heimat zu führen. Auch das war nämlich in den letzten Wochen etwas kurz gekommen. Der Tag tröpfelte so vor sich hin, aber es ist auch mal schön kein Programm zu haben. Bei den erschreckenden Nachrichten, die aus der Welt gerade so hereinrauschen ist es vielleicht umso wichtiger einfach mal in den Genießermodus zu wechseln und alles andere kurzzeitig auszublenden.
In den nächsten Tagen soll es weiterhin sehr heiß bleiben und auch der gefürchtete Calima soll uns noch ereilen. Der Calima ist eine Art Sahara-Wind, der die Kanarischen Inseln regelmäßig einholt, heiße, trockene Luft und vor allem Sahara-Staub mitbringt. Viele der Boote hier im Hafen sind mit einer dicken, rötlich Staubschicht bedeckt und auch heute ist die Luft schon ziemlich trüb geworden. Der Wind ist aufgefrischt, aber immer noch wahnsinnig warm. Fast fühlt es sich so an als würde man von einem Fön angepustet. Allzu staubig ist es aber zum Glück noch nicht. Wir wollen uns vielleicht noch ein Auto mieten und in den nächsten Tagen die Insel ein wenig erkunden. Ich hab schon mal ein bisschen was gelesen und wie es scheint, hat Lanzarote ein paar interessante Ecken zu bieten. Wir werden sehen.
Moin,
na, da seid ihr ja doch noch prima ‚rüber gekommen. Aus eigener Erfahrung von Fuerte weiß ich, daß eine Calima leider sehr hartnäckig sein kann. Wenn ihr Euch ein Auto mietet, dann fahrt unbedingt zum Mirador del Rio: der Ausblick (hoffentlich ohne von der Calima getrübt zu sein!) ist grandios. Interessant sind auch die Technik des Weinanbaus und natürlich die Bauten von Cesar Manrique und, und , …
Euch einen schöne Zeit auf der Feuerinsel,
Jürgen
Moin Jürgen,
zum Glück hat es sich mit dem Staub in Grenzen gehalten. Hauptsächlich bringt uns der Calima diesmal heiße Luft, aber morgen soll es schon merklich abkühlen. Danke für die Tipps! Wie es scheint hat Lanzarote einiges zu bieten…
Viele Grüße nach Cux!