Kamele und Esel in der Mini-Sahara

Agadir, Marokko

Vorgestern Nachmittag, als es endlich ein wenig kühler geworden war, zogen wir noch mal los. Wir wollten Essen gehen und nahmen uns mal wieder ein Taxi zu einem kleinen Restaurant, das ich herausgesucht hatte. Nach einer leckeren Tajine (ja, die essen wir hier wirklich oft), entschieden wir noch mal zu dem Anbieter für unsere Tour nach Essaouira zu laufen, denn wir wollten versuchen diese umzubuchen. Das Wetterfenster für Montag schien sich zu manifestieren und so fragten wir, ob wir nicht einfach von der Tour am Montag auf eine kleine Wüstensafari am Sonntag umbuchen könnten. Alles kein Problem! Statt also einen Städtetrip zu machen, würden wir am Folgetag mit einem Jeep mit Allrad-Antrieb abgeholt werden und es ging auf eine „Mini-Sahara“-Tour. Perfekt! 

Da es mittlerweile kurz vor Sonnenuntergang war, beeilten wir uns zur Talstation der neuen Telephérique, der Seilbahn zu kommen. Wir wollten den Sonnenuntergang von der Kasbah, der Festung auf dem Hügel neben der Marina sehen. Ein Plan, den wir übrigens schon von unserem ersten Tag in Marokko an hatten… 

Die Seilbahn ist tatsächlich gerade mal 2 Jahre alt und dementsprechend modern sieht es hier aus. Wie Christian übrigens nicht müde wurde mir zu erzählen, handelte es sich bei der Gondelbahn um ein Fabrikat der Firma Dopplmayr aus Österreich. Interessant. Warum Christian solch unwichtige Dinge weiß ist mir ein Rätsel… 

Oben angekommen waren wir direkt begeistert. Die Kasbah selbst war schon geschlossen, aber um die Festungsmauern herum befindet sich ein wunderschöner Rundweg und ein wirklich toll angelegter Vorplatz. Hier tummelten sich schon jede Menge Leute, Touristen wie Einheimische und machten sich im langsam schwindenden Licht bereit für den Sonnenuntergang. Agadir ist nach Westen hin zum Meer geöffnet, eine Position, die jeden Abend dazu einlädt, der Sonne dabei zuzusehen, wie sie rotgolden im Meer versinkt. Der in der Luft liegende Saharastaub sorgt hier mitunter für besonders spektakuläre Farbenspiele. Dass noch dazu die weiß getünchten Mauern der Festung von großen Strahlern erleuchtet werden ließ eine einmalige Stimmung aufkommen. 

Mein persönliches Highlight waren allerdings die Kamele. Die sind hier zwar ausschließlich dazu da, um dicke Touristen auf ihrem Rücken im Kreis reiten zu lassen – was ich ehrlich gesagt furchtbar finde – aber ich freute mich trotzdem sehr, dass es mir gelang ein paar schöne Fotos zu machen. Ein Kamelportrait zu fotografieren war hier in Marokko definitiv auf meiner Wunschliste! 

Am nächsten Morgen mussten wir mal wieder früh aufstehen, denn wir wurden pünktlich um 8:30 Uhr an der Marina abgeholt. Im Auto saß bereits eine etwas blutarm wirkende, französische Familie, die allerdings im Laufe des Tages noch auftauen sollten. Wir quetschten uns auf die Rückbank, quasi in den Kofferraum und Christian musste ein wenig die langen Beine anziehen, fand aber irgendwie Gefallen daran, hinten auf der „Lümmelbank“ zu sitzen. 

Da wir sehr spontan umgebucht hatten, wussten wir beide nur noch so ungefähr, was für Stopps eigentlich zu dieser Tour gehören sollten. Wir ließen uns einfach überraschen und das im positiven Sinne, denn wir sollten heute so einiges zu sehen bekommen. 

Unser erster größerer Halt war eine traditionelle marokkanische Töpferei. Oder sagen wir besser, ein großer Töpferwarenladen mit Showroom. Wir wurden professionell über das Gelände gelotst, sollten hier und da in die gut mit Töpferwaren gefüllten Lagerräume schauen, konnten einen sehr geschickten Herren dabei beobachten, wie er in Windeseile aus einem Klumpen Ton hübsche kleine Eierbecher, Kerzenständer und andere Stehrümchen zauberte (bei Instagram wäre er sicher ein echter Star, Töpfern ist aktuell hoch im Kurs…) und wurden dann nach einem Besuch der wirklich sauberen Toiletten in den nicht enden wollenden Verkaufsraum geschleust. Dass diese Massen an Töpfen, Tellern, Schüsselchen und anderem Klimbim tatsächlich alle hier gefertigt wurden fiel uns ehrlich gesagt etwas schwer zu glauben. Außer dem einen Typ, der zur Show getöpfert hat, sahen wir niemanden, der hier produktiv gearbeitet hätte und auch von einem Brennofen war keine Spur. Aber wer weiß, vielleicht waren diese Arbeiten ja anderswo auf dem Gelände ausgelagert… 

Für uns ging es also weiter in die Mini-Sahara. Wir sind hier zwar nah an der wirklichen Sahara dran, aber dort hin zu fahren würde deutlich mehr als einen Tag in Anspruch nehmen. Unsere Tour gab uns also nur einen kleinen Vorgeschmack auf die echte Wüste. Mit unserem geländegängigen Auto rumpelten wir also auf die Sandpisten und während unser Fahrer sichtlich Spaß daran hatte im weichen Sand herumzukurven, wurden wir beiden auf der Rückbank ordentlich durchgeschüttelt. Aber es machte Spaß und nach ein paar wilden Kurven hielten wir für ein paar Fotos an. Wir stapften ein wenig durch den Sand und verzichteten auch hier wieder auf einen Kamelritt. Dafür liefen wir zur Küste hinunter und bestaunten ein wenig die Brandung. 

Als nächstes ging es weiter in die Silber-Stadt Tiznit, südlich von Agadir. Auf dem Weg dort hin begegneten wir – ganz zufällig – ein paar Jungs auf Eseln. Unser Fahrer hielt an und natürlich wurden wir herzlich eingeladen auf den Eseln zu reiten. Auch hier: nein, danke! Aber dafür machte ich auch hier wieder ein paar Fotos, darunter mein ab jetzt liebstes Selfie mit einem der niedlichen Esel 🙂

Tiznit gefiel uns richtig gut! Wir fuhren auch hier durch die Stadt, die sich wohl deutlicher kaum von Agadir unterscheiden könnte. Die rötlich-braunen Häuser erinnern eher an die im Land liegenden Städte wie Marrakesch. An der Küste sind die Häuser eigentlich eher weiß, wie wir lernten. Tiznit war anders als Agadir nicht vom Tourismus beherrscht, sondern schien viel mehr das ursprünglichere Marokko zu zeigen. Nach einem kurzen Halt bei einem traditionellen Silberschmied, der natürlich auch ein gewisses Verkaufsinteresse hatte (es sei ihm gegönnt), baten unsere französischen Freunde darum, noch in eine Bäckerei zu gehen. Wie sie darauf kamen wussten wir nicht, aber es war eine großartige Idee! Wir betraten einen troubeligen kleinen Raum mit einem großen Steinofen an der rückwärtigen Wand. Hier wurden im Sekundentakt von einem Mitarbeiter die fertigen Brote aus dem Ofen geholt. Ein anderer deckte die großen, heißen Brotlaibe mit Tüchern ab und stapelte sie in einem großen Regal, wo sie scheinbar von den vielen Frauen abgeholt wurden, die im Laden ein und aus gingen. Wir bekamen ein Brot, frisch aus dem Ofen, noch heiß und lecker duftend. Ich glaube, das könnte an diesem Tag einer von Christian‘s Highlight-Momenten gewesen sein… 

Bevor wir anschließend zu unserem Mittags-Stopp für eine Tajine und Couscous in einer Berber-Hütte fuhren, gab es noch mal einen Halt in der Wüste, bei dem wieder Kamelritte angeboten wurden. Neben den ausgewachsenen, bunt geschmückten und mit schweren Sätteln behängten Kamelen für die Ausritte lief hier aber auch noch ein kleiner Star herum: ein Kamel-Jungtier, das neugierig auf die Touristen zulief und begeistert fotografiert und gestreichelt wurde. Was soll ich sagen, auch ich war dem Charme dieses Tieres erlegen und wurde für ein bisschen Geduld wieder mit wunderschönen Bildern des frechen Kerlchens belohnt. 

Beim Mittagessen, ohne Schuhe und auf dem Boden auf Kissen sitzend taute die französische Familie ein wenig auf und wir kamen ins Gespräch. Da Frau und Tochter eher schlecht als recht Englisch sprachen (naja, die Teenager-Tochter hatte vielleicht auch nur keine Lust sich mit uns zu unterhalten…), führte hauptsächlich der Papa das Gespräch. Als wir irgendwann erzählten, dass wir mit unserem Segelboot hier waren, war das Eis endgültig gebrochen. Er erzählte, das wäre auch sein Traum und er folgt jeder Menge YouTube-Kanäle, die genau solche Reisen unternahmen wie wir. Für den Rest des Tages kamen also immer mal wieder Gespräche auf und auch die Frau überwand ihre anfängliche Scheu und wurde immer interessierter. 

Bevor wir uns langsam wieder auf den Rückweg Richtung Agadir machten hielten wir noch an einem Aussichtspunkt über einem riesigen Staudamm. Genau wie auf dem Hügel über der Marina in Agadir ist auch hier der Wahlspruch des Landes auf Arabisch eingeschrieben: Allah, al-Watan, al-Malik – Gott, Vaterland, König. Da dieser Aussichtspunkt zwar einen tollen Blick auf die umliegenden Berge, die Wüste und den Stausee bot, dafür allerdings völlig vermüllt war, waren wir nicht traurig, von hier aus bald weiterzufahren. 

Letzter Halt vor Agadir war eine von Frauen geleitete Kooperative für die Herstellung von Argan-Öl. Diese Öl hat hier in der Region einen ganz besonderen Stellenwert, denn es wird ausschließlich hier in der Gegend um Agadir hergestellt. Die Landschaft ist hier gespickt von den markant aussehenden Argan-Bäumen und in gefühlt jedem Produkt, das man hier kaufen kann ist das kostbare Öl enthalten. Hauptsächlich wird Argan-Öl für Kosmetik verwendet, es gibt aber auch geröstetes Öl, das man essen kann. Die Kooperative war eher ein großes Ladengeschäft in dem allerhand Kosmetik-Produkte, Nussbutter und Honig angeboten wurden, aber eine junge Frau nahm sich sehr viel Zeit um uns den Prozess der Ölherstellung vom aufwändigen Knacken der kleinen Argan-Nüsse bis hin zum Rösten und Pressen zu zeigen und zu erklären. Ehrlich gesagt kann ich trotzdem nicht allzu viel mit Argan-Öl anfangen, interessant war es aber allemal. 

Wir hatten viel gesehen und erlebt und auch wenn diese Touren natürlich sehr touristisch ausgelegt sind, hatten wir doch einen schönen Einblick in die vielen Facetten Marokkos bekommen. Dieses Land ist nicht nur unglaublich groß, sondern auch wirklich interessant. Während der gesamten Tour hatte unser Fahrer uns viel über die Kultur, das politische System und die Veränderungen Marokkos in den letzten Jahren erzählt und alle unsere Fragen geduldig beantwortet. Schockiert lernten wir übrigens auch, dass der berühmte Marokkanische Pfefferminztee eigentlich ein grüner Tee mit Minze ist und nicht wie wir gedacht hatte rein aus den frischen Minzblättern aufgegossen wird. Skandal!  

Wir waren mehr als froh, dass wir diesen Ausflug so spontan noch machen konnten! 

Zurück in der Marina stellten wir nur kurz unsere Tasche ab und machten uns dann direkt wieder auf den Weg. Es war schon später Nachmittag, aber wir wollten noch mal zum Souk El-Had um noch einen Vorrat an Mandarinen, Oliven und ein paar anderen Leckereien einzukaufen. Nachdem uns der erste Taxifahrer einen unverschämt hohen Preis für die Fahrt angeboten hatte fanden wir ein „normales“ Taxi mit einem wahnsinnig netten Fahrer, der sich wie Bolle darüber freute mal mit einer Deutschen Französisch sprechen zu können. Ich komme nach der Woche hier in Marokko auch langsam wieder ganz gut zurecht und so plauderten wir die gesamte Fahrt über miteinander. Der Markt war deutlich voller als bei unserem letzten Besuch, aber wir hatten wieder genau so viel Spaß dabei unsere Einkäufe zu erledigen und fuhren voll bepackt nach Einbruch der Dunkelheit zurück zum Boot.

Heute Nachmittag werden wir das Wetterfenster nutzen um uns auf den Weg nach Lanzarote zu machen. Wir wollten eigentlich zuerst die kleine Insel La Graciosa nördlich von Lanzarote anlaufen, das scheint aber doch schwieriger zu sein als wir dachten. Hier braucht man eine Ankererlaubnis, die online schwierig zu bekommen ist. Zudem reisen wir ja aus dem Nicht-EU-Ausland ein und müssen deshalb erst mal einklarieren. Ob wir allerdings in Arrecife einen Liegeplatz im Hafen bekommen, wissen wir nicht. Die ARC (Atlantic Rally for Cruisers), eine große, internationale Transatlantik-Regatta für Jedermann belagert aktuell – wie jedes Jahr zu dieser Zeit – die kanarischen Inseln. Schon bei unserer letzten Reise hatten wir Schwierigkeiten Hafenplätze zu bekommen ohne Wochen vorher reserviert zu haben. Aber wir werden sehen. Wir müssen nur einklarieren und Wasser tanken, dann können wir uns auch eine schöne Ankerbucht suchen. 

Für die ca. 2-tägige Überfahrt ist diesmal deutlich freundlicheres Wetter vorhergesagt als für unsere letzte Fahrt und wir haben diesmal nicht nur zusätzlich die Gewitterwarnungen gecheckt, sondern auch unsere Schäkel, Splinte und alles andere an Bord noch mal gründlich durchkontrolliert. Nur noch ausklarieren und dann kann es losgehen! 

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2 thoughts on “Kamele und Esel in der Mini-Sahara

  1. Moin,

    wäre schade, wenn Ihr Gracisoa auslassen müsst. Ich war mal mit der „Alexander von Humboldt“ dort – wir hatten an der SW-Ecke geankert – und bin dann einen alten Vulkankegel (oder so) ‚rauf. Der Ausblick war gigantisch!

    Guten Wind + gute Ankunft,

    Jürgen

    1. Moin Jürgen, ja, wir sind auch ein bisschen traurig, dass das diesmal nicht geklappt hat, aber so haben wir noch was, worauf wir uns freuen können. Nach der Reise ist ja bekanntlich vor der Reise 😉
      Viele Grüße nach Cuxhaven!

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