Licht und Schatten

Basseterre, St. Kitts

Wir verließen Nevis um nun auch die zweite Insel des kleinen Staates zu besuchen. St. Kitts liegt direkt neben Nevis im Norden und vom Hauptteil der Insel streckt sich ein kleiner Ausläufer Richtung Süden. Hier findet man einige schöne Ankerbuchten und die waren zunächst auch unser Ziel. Als erstes steuerten wir die Cockleshell Bay an. Zugegeben, ausschlaggebend für unsere Wahl war unter anderem, dass wir Hunger hatten und in dieser Bucht sollte es eine nette Strandbar geben. Tja, auch wir sind eben manchmal einfach gestrickt… 

Die Bucht war trotz des sehr menschlichen Auswahlkriteriums eine gute Entscheidung. Hier lagen nur wenige Boote und wir ankerten in sehr klarem Wasser auf ca. 3 Meter Wassertiefe. Man musste ein bisschen genauer hinsehen, denn der Meeresgrund ist hier großflächig mit Seegras bewachsen und so sollte man sich möglichst einen hellen, sandigen Flecken aussuchen auf dem der Anker landet, denn einerseits hält er so besser und andererseits mampfen die Schildkröten nun mal gerne Seegras. Wenn es geht ist es also gut, den Grund hier nicht unnötig mit dem Anker umzugraben. Wir trafen den ausgesuchten Sandflecken nicht ganz, aber Christian sprang einfach mit Schnorchel und Flossen bewaffnet ins Wasser und hob wie der unglaubliche Hulk den Anker an und schleppte ihn ein paar Meter über den Meeresgrund, wo ich ihn im Sand dann noch mal richtig einfahren konnte. Sowas geht nur in glasklarem, flachen Wasser und wenn man einen so muskelbepackten Captain hat wie ich, ansonsten kann man solche Aktionen vergessen! 

Da uns ganz profaner Hunger ja schon in die Bucht getrieben hatte, beeilten wir uns mit Krassimir am Strand anzulanden und uns in der Strandbar niederzulassen. So gemütlich hatten wir die Bar gar nicht erwartet und so gönnten wir uns ein leckeres Essen und blieben dann noch eine ganze Weile an unserem Tisch mit Aussicht auf die Krassy sitzen. Die Cockleshell Bay ist tagsüber zwar ziemlich touristisch, aber zum Abend hin wurde es hier wunderbar ruhig, auch wenn wir genau in der Einfahrtschneise eines kleinen Highspeed-Shuttles lagen, dass im 5-Minuten-Takt zwischen St. Kitts und Nevis hin und her fährt. 

Die Nacht hielt noch ein kleines Naturereignis bereit, das ihr daheim vielleicht auch beobachtet habt: die totale Mondfinsternis und den Blutmond. Bei uns fand das Ganze gegen 3 Uhr morgens statt, sodass ich zugeben muss, die totale Mondfinsternis verschlafen und nur eine Teilverfinsterung gesehen zu haben, aber Christian war tatsächlich aufgewacht und konnte ein paar Fotos machen. Der wolkenlose Nachthimmel kam ihm dabei natürlich sehr entgegen. Von einem schaukelnden Boot aus den Nachthimmel zu fotografieren ist fast unmöglich, vor allem wenn man noch dazu mit einem Teleobjektiv den Mond heranzoomen muss, aber die Bilder sind gar nicht schlecht geworden. 

Am folgenden Morgen segelten wir wieder eine Mini-Distanz zur nächsten Bucht weiter. Diesmal wollten wir in die South Friars Bay, nur wenige Meilen weiter nördlich. Hier ankerten wir völlig allein im flachen Wasser vor einer weiteren Gastronomie an einem weitläufigen Strand. Es war wenig Wind und so entschieden wir uns als erstes dazu uns ein bisschen abzukühlen. Wir schnorchelten also los und erkundeten die Gegend. Viel zu sehen gab es zwar nicht, aber das Schnorcheln war im klaren, türkis schimmernden Wasser herrlich! Ein kleiner Rochen schwamm unter uns hindurch und ansonsten lagen nur hier und da ein paar fette Seesterne im Sand herum. 

Auch hier fuhren wir wieder zum Strand um uns ein kleines Mittagessen zu gönnen und wie schon am Vortag hatten wir auch hier wieder eine unbezahlbare Aussicht auf die Bucht mit der Krassy als einzigem Boot, das an seinem Anker schaukelte. An solchen Orten kann man leicht versumpfen, wenn man nicht aufpasst. Man sitzt im Schatten, hat einen kalten Drink vor sich stehen, es läuft Musik im Hintergrund und man kann die Zeit damit verbringen den Leuten am Strand beim Schnorcheln und Schwimmen zuzusehen. Herrlich! 

Als wir uns endlich losreißen konnten, drehten wir noch eine kurze Runde um die Bar und entdeckten dabei, dass vor dem Eingang eine kleine Futterstelle aufgebaut war. Hier huschten jede Menge Frettchen durchs Gebüsch und es dauerte nicht lange, bis der erste Affe auftauchte. Christian hat ja schon von den Green Vervet Monkeys berichtet. Hier kamen sie jetzt ganz nah an uns heran und schienen dabei völlig entspannt zu sein. So eine Gelegenheit um tolle Fotos von freilebenden Affen zu machen, bekommt man wohl nur selten! Wir verbrachten eine ganze Weile an der Futterstelle bis schließlich ein kleiner, frecher Hund auch mal auschecken wollte, was die Affen da eigentlich so treiben. Das fanden letztere natürlich nicht so toll und verzogen sich schnell in die Hügel. Der kleine Störenfried wurde von seiner Besitzerin resolut in den Büschen eingesammelt und zurück zum Strand geschleppt. Auch für uns wurde es Zeit zur Krassy zurückzukehren und es uns für den Abend gemütlich zu machen. 

Die Nacht wurde unerwartet unruhig. Obwohl so gut wie gar kein Wind wehte, rollte ein leichter Schwell in die Bucht und brachte die Krassy ordentlich zum Tanzen. Wir rollten in unseren Betten hin und her und waren am nächsten Morgen entsprechend groggy… Schön, wenn man an solchen Tagen einfach zum wach werden ins kühle Wasser springen und eine Runde ums Boot schwimmen kann! 

Unser nächstes Ziel war nun Basseterre, die Hauptstadt von St. Kitts. Hier wollten wir endlich mal wieder in einen richtigen Hafen gehen (der letzte zählt nicht, der hatte keine Duschen!). Wir mussten Wasser tanken und dringend Wäsche waschen und außerdem sehnte ich mich nach einer anständigen Dusche mit Frischwasser. Zudem hatten wir gelesen, dass die Ankerbucht vor Basseterre nicht so toll und der Hafen spottbillig sein sollte. Klang gut! 

Obwohl alle Hafenführer behaupteten, der Hafen sei am Wochenende nicht besetzt, wurde unser Funkspruch prompt beantwortet und wir wurden von einem freundlichen Hafenmeister in Empfang genommen. Außer uns liegen nur noch 2 andere Segelboote im Hafen und die scheinen hier Dauerlieger zu sein. Warum hier sonst niemand her kommt ist uns ehrlich gesagt ein Rätsel, denn der Hafen ist wirklich angenehm und mit 17,50 USD pro Nacht tatsächlich ein echtes Schnäppchen. 

Vielleicht liegt es an Basseterre selbst. Als wir den Hafen Richtung Stadt verließen um uns die Gegend anzusehen, waren wir ehrlich gesagt ein bisschen schockiert. Direkt neben uns ist das Kreuzfahrtterminal, wo allerdings gerade nur einer der vier Liegeplätze von einem Kreuzfahrtschiff besetzt ist. Vom Terminal aus, werden die Leute direkt in eine Art Souvenier-Laden-Disneyland geschleust. Hier ist alles ein bisschen bunter als anderswo und es reihen sich Geschäfte voller T-Shirts, Becher und anderem Klimbim aneinander. Alle Geschäfte werden scheinbar von Indern geführt, was hier in der Karibik besonders befremdlich wirkt, denn man könnte ja denken, dass die Einheimischen zumindest diese Einnahmequelle für sich selbst nutzen könnten. Hier werden übrigens auch gern Baby-Affen mit Windeln oder in „lustigen“ Kostümchen herumgetragen und den Touristen für ein Foto auf den Arm gesetzt. Die Fotos lassen sich die findigen Wilderer natürlich fürstlich bezahlen. Auch wenn die Affen hier eine Plage sein mögen, so etwas geht doch deutlich zu weit! Manche Äffchen sehen so aus als wären sie gerade mal ein paar Wochen alt und von den Müttern der Tiere ist natürlich keine Spur zu sehen.

Verlässt man das künstlich angelegte Kreuzfahrerdorf, schlägt einem eine ungewohnt präsente Armut entgegen. Obdachlose und wirklich bemitleidenswerte Gestalten lungern in den Straßen herum, gelegentlich wird sogar gebettelt. Armut gibt es natürlich überall, aber selbst auf den strukturschwächeren Inseln wie St. Vincent ist uns nicht annähernd so viel Elend aufgefallen. 

Wir erkundeten den Ort außerhalb der Souvenir-Meile und entschieden schnell, dass Basseterre sicher nicht unter unsere Highlights fallen würde. Es ist alles ein wenig heruntergekommen und scheinbar werden die Abwässer aus der Stadt über offene Kanäle in den Straßen direkt ins Meer geleitet. Es riecht nicht gerade frühlingsfrisch, wenn man sich dem Ufer nähert und auch sonst hat der Ort nicht viel zu bieten. Das karibische Flair der anderen Inseln geht hier in Schäbbigkeit unter. 

Zurück im Hafen machten wir es uns an Bord gemütlich. Wir wollten mal wieder einen Filmeabend machen und die Bedingungen boten sich dafür geradezu an. Rund um den Hafen wohnt niemand, hier ist nur das Cruise-Terminal und zudem war es völlig windstill. Wir hängten also die Leinwand hinten ans Bimini, stellten den kleinen Beamer auf und schauten uns einen alten Guy-Ritchie-Film an, während wir dazu Tortilla-Chips mit selbstgemachter Guacamole futterten. Besser kann Kino kaum sein! 

Heute ist Sonntag, also ist in der Stadt nicht viel los. Wir hatten aber noch ein paar Erledigungen auf dem Plan und stiefelten direkt nach dem Frühstück und einer herrlichen Frischwasserdusche mit ein paar großen Tasche voll Schmutzwäsche los. Wäscheservice ist hier auch sonntags verfügbar. Vorbei an einigen kleinen Kirchen aus denen lautstarke Gospelmusik dröhnte, fanden wir schließlich eine kleine Wäscherei, die unsere müffelnden Klamotten gern annahm. Wir hinterließen unsere Telefonnummer und man versprach uns, die Sachen heute noch fertig zu bekommen. Perfekt! 

Am Boot war dann auch für die Krassy Waschtag angesagt, denn auch unser kleines Boot hatte eine Dusche mal wieder dringend nötig. Da Christian von plötzlicher Migräne heimgesucht wurde, als er gerade einen Brotteig zusammenrührte, spülte ich das Boot allein ab und gerade als ich fertig war, klingelte auch schon das Telefon. Die Wäsche war fertig und konnte in der Stadt abgeholt werden. Das lief ja heute wie am Schnürchen. 

Als Christian wieder auf dem Damm war, schrubbte er auch noch unser schmutziges kleines Dinghy ab, das uns übrigens immer noch Kopfschmerzen bereitet, denn egal wie oft wir das Leck im Boden zu flicken versuchen, es tritt nach kurzer Zeit doch immer wieder Luft aus und der Boden ist ruck-zuck wieder platt. Da muss demnächst mal ein Profi ran, wir hoffen, dass wir auf Sint Maarten jemanden finden, der das Leck vernünftig gestopft bekommt. So lange fahren wir nicht mehr ohne unsere Luftpumpe los… 

Als wir heute früh beim Frühstück saßen, beobachteten wir auf der anderen Seite des Hafens übrigens ein beeindruckendes Schauspiel. Jemand hatte mit seinem erstaunlich kleinen Angelboot einen gigantischen Marlin gefangen. Der geschätzt 4 Meter lange Fisch hing an einem extra herbeigeholten Autokran und der stolze Angler posierte mit seinen Helfern drum herum für Fotos. So einen Fisch zu fangen ist schon ziemlich beeindruckend, denn das muss ein wahnsinniges Kraftpaket sein. Selbst unsere vergleichsweise kleinen Fische sind gelegentlich schon herausfordernd, so ein Monster wie diesen Schwertfisch wollen wir ganz sicher nicht am Haken haben… 

Das Spektakel rund um den Fisch dauerte eine ganze Weile an und erst als wir aus der Stadt zurück kamen, sah der Steg wieder begehbar aus. Die Jungs hatten den riesigen Fisch an Ort und Stelle auseinander genommen und alles sauber gemacht. Jetzt standen nur noch zwei große Kühlboxen am Steg und als wir vorbei gingen, beglückwünschten wir den erfolgreichen Angler und kamen kurz ins Gespräch. Als ich fragte, was sie denn nun mit so viel Fisch vor hätten, bekam ich die Antwort „es ist kaum noch was da, ist schon fast alles verkauft“. Ach was! Schnell erkundigten wir uns, ob sie vielleicht noch ein kleines Stück für uns übrig hätten und so bekamen wir für umgerechnet knapp 15 Euro ein riesiges Filet von 3 Pfund aus der Kühlbox. Unser Abendessen ist für heute also gesichert und vielleicht gönnen wir uns auch gleich noch mal einen Kinoabend dazu. Verdient hätten wir es uns nach der Plackerei heute… 

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2 thoughts on “Licht und Schatten

  1. Hallo ihr Beiden, heute Abend habe ich endlich mal wieder Muße, Euren Blog zu lesen und mich auf die Krassy zu träumen. Schade, dass Basseterre nicht so schön ist, aber ich bin gespannt am auf euer nächstes Ziel. Soweit ich weiß, ist Sint Maarten zwar eigentlich Niederländisch, aber trotzdem mehr ein Amerikanisches Urlaubsziel, aber auf der Insel könnt ihr ja wieder in die EU einreisen. Plant ihr auch, Saint Martin zu besuchen? Ich bin gespannt auf Euren Bericht.
    Liebe Grüße aus good ol‘ Germany

    1. Hey Anja,

      wir sind mit unserer Antwort etwas spät dran, hatten die letzten Tage auch nur hin und wieder mal Internet. Mittlerweile gibt es ja schon neuen Lesestoff von unseren Zielen nach St Kitts und viele Infos zum Thema niederländische Karibik und EU. Viel Spaß damit. 🙂

      Liebe Grüße von Sint Maarten!

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