Falmouth, Großbritannien
Wie Christian gestern angekündigt hat stand heute für uns neben der Erkundung von Falmouth auch ein bisschen Alltag auf dem Plan.
Da Nachtfahrten, vor allem bei nur einer Nacht auf See, den Schlafrhythmus ganz schön durcheinander bringen können, schliefen wir heute etwas länger. Ihr habt euch vielleicht schon gefragt habt, wie wir die Nächte auf See verbringen. Nach unserer ersten Nachtfahrt zu zweit, damals auf der ersten Reise von Cuxhaven nach Lauwersoog, bei der wir nach dem Prinzip, jeder bleibt wach, so lange er kann und legt sich dann für ein Nickerchen in den Salon, wie die Zombies aus der Nacht kamen, überlegten wir uns eine Strategie. Und die sieht folgendermaßen aus: wir teilen die Nacht in 4 Wachen aus je 3 Stunden auf. Die erste Wache beginnt um 21 Uhr und die letzte endet um 9 Uhr morgens. Drei Stunden kann man einigermaßen am Stück wach bleiben und sie reichen auch aus um ein wenig Erholung zu bekommen, wenn man seine Freiwache hat. Nachts auf See ist es relativ laut, die Wellen rauschen, manchmal klappern oder schlagen die Segel und wenn es dumm läuft brummt der Motor. Es kann also ein Weilchen dauern, bis man eingeschlafen ist. Auf unserer ersten Nachtfahrt auf dieser Reise hatten wir übrigens ausprobiert zwei 4-Stunden-Wachen zu fahren, da wir relativ früh morgens ankommen sollten. Das war nicht so gut, denn 4 Stunden am Stück Wache zu halten war extrem anstrengend und jeder bekam auch nur eine Gelegenheit zum Schlafen.
Die Regel ist bei uns, wer Freiwache hat, der legt sich eben nicht in seinem Ölzeug und mit Rettungsweste in den Salon, sondern zieht sich seinen Schlafanzug an, putzt die Zähne und ab ins Bett. So schläft man wesentlich besser und ist auch nicht unbedingt immer mit einem Ohr am Geschehen. Das kann man nämlich nicht lange durchhalten. Derjenige, der Wache hält bekommt auch ein paar Regeln. Die wichtigste ist: Das Cockpit wird nicht verlassen! Man bleibt mit einer Sicherungsleine im Cockpit angeschäkelt oder geht unter Deck, falls es draußen zu kalt ist. Jede Stunde wird ein Logbucheintrag gemacht und man sollte die Segelstellung, den Kurs und natürlich die AIS-Lage gut im Auge behalten. Da Fischerboote gern mal das AIS ausschalten um ihre Fanggründe nicht preiszugeben, sollte man auch den Horizont immer im Blick behalten.
Aktuell sind wir nah an der Küste unterwegs, hier ist also ein bisschen mehr los, aber draußen auf hoher See ist es nicht unwahrscheinlich, dass man die ganz Nacht über kein einziges anderes Schiff in AIS-Reichweite hat. Besonders im sehr stabilen Passat-Wind kann man sich also ganz entspannt für 20 Minuten ein Power-Nap gönnen. Das ist erstaunlich erholsam und lässt einen gut durch die Nacht kommen.
Und was macht man sonst so, wenn man allein draußen im Dunklen sitzt? Ich höre gerne Podcasts oder Hörbücher, wenn es ruhig genug war habe ich mir auch schon mal einen Film auf meinem Tablet angesehen oder eben Power-Naps gemacht. Oft ist man aber damit ausgelastet den Windpiloten auf Kurs zu halten und den Horizont abzuscannnen.
Falls irgendwas ist, kann man den anderen natürlich wecken, aber das passiert zum Glück selten und wir versuchen immer dem anderen seinen Schlaf zu gönnen.
Wie gesagt, Nachtfahrten können sehr anstrengend sein, sie können aber, besonders wenn es schön warm ist und der Himmel klar ist, auch echt schön sein. Ich garantiere euch, ihr könnt wahrscheinlich nirgendwo so viele Sterne sehen, wie in einer wolkenlosen Nacht mitten auf dem Ozean.
Wie fast jeden Morgen stiefelte Christian heute nach dem Aufstehen los um Brötchen und (ganz wichtig!) Croissants zu besorgen. Das Frühstück ist für Christian ungemein wichtig und ohne Croissant und Nutella fehlt ihm was.
Die Krassy war inzwischen mit einer neuen Baustelle aufgewartet und wir brauchten ein paar Teile. Bei den unfassbar vielen Booten, die hier die ganze Flussmündung füllen gingen wir etwas naiv davon aus, dass es hier doch wohl einen Bootsausrüster geben müsste. Direkt am Hafen gab es tatsächlich einen Laden, der sich selbst als „Chandlery“ bezeichnete. Als wir dort hin gingen, stellten wir allerdings fest, dass es eher eine Art Baumarkt war, der auch ein paar Fender verkaufte… Außer ein paar neuen Angelködern fanden wir dort nichts brauchbares.
Wir gingen also erst mal durch den Ort und der stellte sich wieder mal als wirklich schön heraus. Wie überall in England spürt man auch hier das Alter, aber auf eine gediegene Art und Weise. Nicht nur die Häuser und Straßen sind alt, hier in Falmouth haben wir ungewöhnlich viele, wunderschöne Oldtimer gesehen. Und noch etwas ist uns aufgefallen, seit wir in Großbritannien angekommen sind: die Briten sind ausnahmslos wahnsinnig freundliche Menschen. Egal, wo man hin kommt, man wird höflich und zuvorkommend behandelt. Es ist hier üblich sich beim Aussteigen aus einem Linienbus beim Fahrer zu bedanken. Jeder wünscht einem einen „lovely day“ und niemand kommt einem blöd. Vielleicht ist es genau das, was den Aufenthalt in diesem Land so angenehm macht.
Nachdem wir ein wenig durch den Ort gebummelt waren entschieden wir noch ein Stück weiter Richtung Norden zu laufen, denn dort sollte ein weiterer Ausrüster sein. Ca. 20 Minuten Fußmarsch über einen erstaunlich steilen Hügel später kamen wir am Ziel an. Naja, zumindest fast, denn wir irrten noch mal ca. 20 Minuten herum, bis wir den Ausrüster fanden. Anders als erwartet, fanden wir nämlich keinen gut sortierten, großen Laden, sondern einen winzigen und völlig zugekramten Container auf dem Gelände einer Werft. Ein uralter Herr betrieb diesen kleinen Kramladen und schien sein Sortiment ziemlich gut zu kennen. Auch er war ausgesprochen freundlich und obwohl er die Teile, die wir eigentlich brauchten nicht hatte, gab er uns den Tipp noch ein wenig weiter zu laufen. Da wäre noch eine Werft, vielleicht könnten die ja helfen.













Wir liefen also weiter, fanden die Werft und wurden dort wieder weitergeschickt. Mittlerweile waren wir schon im Nachbarort angekommen und vor allem kam langsam Hunger auf. Jetzt fanden wir aber eine Chandlery, wie wir sie gesucht hatten. Gut sortiert und recht groß. Wir bekamen, was wir brauchten (oder zumindest fast) und suchten uns dann schleunigst ein Café, in dem wir einen Happen zu Essen bekamen.
Da wir auf unserem Weg an einem großen Lidl vorbeigekommen waren kauften wir noch ein paar Vorräte ein und setzten uns dann in den Bus zurück zum Hafen. Die Wäsche wollte noch gewaschen werden und so verbrachten wir den Abend damit unsere Angel für die nächste Überfahrt bereit zu machen, den Wäschetrockner mit Münzen zu füttern und Christian verbrachte eine geschlagene Stunde damit eine widerspenstige, dicke Angelschnur zu enttüdeln und neu aufzuwickeln.
Wir haben entschieden morgen auf jeden Fall noch hier in Falmouth zu bleiben. Danach haben wir verschiedene Optionen, eine davon sind die Isles of Scilly, die wir uns eigentlich nicht entgehen lassen wollen, wenn wir schon mal in der Nähe sind. Aber wie immer beim Segeln hängt es vom Wetter ab.