Steinalte Steine, Spione und englische Palmen

Falmouth, Großbritannien

Christian startete heute mit einem etwas widerwilligen Tauchgang in den Tag. Die Sonne schien heute ganz unerwartet kräftig und so war die Luft angenehm warm. Auch das Wasser hat hier schon seine 23°C, also immer noch deutlich unter Körpertemperatur, aber auszuhalten. Für die Engländer ist alles ab 15°C Hochsommer und ab dieser Temperatur werden nur noch kurze Hosen und Flip Flops getragen bzw. erschreckend oft auch die hässlichen Crocs (bitte tragt sowas nicht!).

Für Christian, der auch hart im Nehmen ist, was kaltes Wasser angeht, war der Sprung heute trotzdem eine kleine Überwindung. Er wollte aber unbedingt mal den Propeller und das Unterwasserschiff kontrollieren und dabei auch gleich noch ein paar hässliche Flecken vom Rumpf wischen, deren Ursprung uns nicht ganz klar ist. Dafür, dass wir erst seit 4 Wochen unterwegs sind sieht der Rumpf der Krassy schon ganz schön mitgenommen aus. Der Gelcoat ist alt, da perlt der Schmutz leider nicht mehr so leicht ab wie bei moderneren Schiffen… 

Nach dem Badespaß wärmte sich Christian in der Sonne noch ein wenig auf und dann machten wir uns auf den Weg uns die Festung mit dem großartigen Namen Pendennis Castle anzusehen. Und ja, wir sind infantil genug, dass wir uns heute den ganzen Tag über diesen Namen kaputtlachten..

Die Festung liegt auf einem Hügel direkt in der Mündung des River Fal und diente seit Mitte des 16. Jahrhunderts als Verteidigung gegen die Franzosen, Spanier und später auch die Deutschen. Strategisch war diese Festung besonders im 2. Weltkrieg unheimlich wichtig, als die Wehrmacht mit ihrem U-Boot-Krieg reihenweise Handelsschiffe der Briten angriff. In unseren Seekarten sind direkt vor der Einfahrt nach Falmouth unzählige Wracks markiert. Die meisten davon stammen wahrscheinlich aus der Zeit der Weltkriege. 

Zunächst mussten wir aber natürlich den Hügel hoch spazieren um die Festungsanlage zu erreichen. Der steile Weg belohnte uns mit einem wunderschönen Aussichtspunkt, von dem aus man in eine große Bucht blicken konnte. 

Wir ließen uns dort auf einer Parkbank nieder und verputzten unseren mitgebrachten Snack: Cornish Pasties. Die Menschen in Cornwall sind sehr stolz auf ihre Grafschaft und so bekommt man hier überall lokale Spezialitäten. Cornish Ice-Cream, Cornish Cola und natürlich die berühmten Cornish Pasties. Bei den Pasties handelt es sich im Prinzip um eine Art Blätterteigtaschen. In der traditionellen Variante sind diese mit einer Menge Fleisch gefüllt. Eigentlich ganz lecker, aber ein echter Fleisch-Hammer… Wir haben ein paar andere Varianten mit Gemüse oder sogar mit süßer Pudding-Füllung probiert und die sind echt gut und deutlich leichter bekömmlich.

Für das Pendennis Castle wurde ein ordentlicher Eintrittspreis abgerufen, dafür konnten wir den gesamten, interessanten Komplex erkunden. Das Gelände ist erstaunlich groß und besteht aus verschiedenen alten Gebäuden, die über viele Jahre aktiv als Festung genutzt wurden. 

Aber ich fange besser mal vorne an. Erbaut wurde das Castle zwischen 1539 und 1545 durch Heinrich VIII. Der Grund für den Bau ist ein wenig kurios, denn Heinrich VIII. hatte sich vom katholischen Glauben abgewandt und war protestantisch geworden. Daraufhin erteilte der damalige Pabst den Franzosen und Spaniern den Auftrag, England zu besetzen und zum Katholizismus zurückzuführen. Gegen diese Bedrohung mussten die offenen Flanken geschlossen werden und so entstanden Pendennis Castle sowie die Schwester-Festung auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses in St. Mawes.  Zusammen waren die beiden Festungen in der Lage den Fluss abzusichern, denn beide konnten etwa bis zur Mitte des Flusses ihre Geschütze abfeuern und boten so eine effektive Verteidigung. 

Die Herzstücke der Festung bilden der Waffenturm und das große Barracken-Gebäude, in dem heute eine Ausstellung untergebracht ist. Ergänzt wurde die sternförmig angelegte Festung zu Beginn des 20. Jahrhunderts und vor allem durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges um weitere Verteidigungsanlagen. Sowohl im ersten, wie auch später im 2. Weltkrieg war das Pendennis Castle ungemein wichtig. Wie schon anfangs erwähnt war es besonders der U-Boot-Krieg, der der Festung wieder eine zentrale Verteidigungsrolle verlieh. Im 2. Weltkrieg wurde die Festung insbesondere durch zwei 152mm-Geschütze mit besonders hoher Treffsicherheit erweitert. Diese Geschütze wurden durch getarnte Dachkonstrukte gegen Aufklärung aus der Luft geschützt und waren durch eine dickwandige Waffenkammer verbunden, in der die hochempfindlichen Patronen gelagert wurden. 

Wenn man diese Geschütze aus der Nähe sieht kann man nur inständig hoffen, dass sich die Geschichte niemals wiederholt…  

Eine kleine, aber interessante Nebengeschichte erzählte die Ausstellung in der alten Barracke. Die exotische Tänzerin Mata Hari, eine Niederländerin (geboren in Leeuwarden), die als Spionin des Deutschen Nachrichtendienstes tätig war, war zuvor auf der SS Hollandia festgenommen und über Falmouth nach London gebracht worden, wo man sie vor Gericht stellte. Damals hatte man sie mit einer anderen Spionin verwechselt und musste sie aus Mangel an Beweisen wieder gehen lassen. Abermals wurde Mata Hari über Falmouth nach Frankreich gebracht, wo sie infolge ihrer Spionage-Tätigkeit doch noch verurteilt und 1917 erschossen wurde.   

Wir machten uns langsam wieder auf den Rückweg und spazierten (diesmal bergab) zurück in Richtung Falmouth. Wir liefen an einem wunderschönen, hoch gelegenen Küstenweg entlang und genossen die traumhafte Aussicht auf die Bucht. Mit einem Kaffee ruhten wir uns noch ein Weilchen an einem kleinen Strand am Ende des Weges aus und beobachteten die Leute und vor allem die sehr aggressiven Möwen. 

Cornwall gefällt uns richtig gut. Der Golfstrom sorgt hier für ein fast mediterranes Klima (auch wenn es in den letzten Tagen eher kühl war…) und beschert dieser Grafschaft eine Fauna, die man im sonst so verregneten Großbritannien kaum erwarten würden. Überall wachsen hier Palmen, Sukkulenten und andere exotische Pflanzen. Gelegentlich findet man sogar kleine Pinienwäldchen, die einem den Eindruck verleihen, einige hundert Kilometer weiter südlich auf der Landkarte zu sein, als man tatsächlich ist. Man kann gut verstehen, dass die Cornishmen stolz auf ihre Heimat sind und dass viele Briten gern hier her kommen um ihren Sommerurlaub in Cornwall zu verbringen. 

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