Kearton’s Bay, St. Vincent
Jetzt haben wir mal wieder eine ganze Weile lang nichts von uns hören lassen. Hoffentlich seid ihr trotzdem noch dabei und lest fleißig mit!
In der letzten Woche war bei uns viel los und gleichzeitig ist irgendwie nicht viel zu erzählen gewesen. Klingt ein bisschen komisch, aber anders kann ich es nicht ausdrücken.
Aber ich fange mal vorne an:
Von Grenada machten wir uns mal wieder mit einem weinenden Auge auf. Unsere Zeit dort war wieder großartig und unsere Befürchtung wegen der außergewöhnlich schönen Erinnerungen, die wir noch von unserem ersten Besuch dort hatten, diesmal ernüchtert zu werden, bewahrheiteten sich keineswegs. Grenada ist und bleibt unser Happy Place!
Zum Abschied gab‘s für uns noch eine letzte Ölung, oder besser gesagt, das Nationalgericht von Grenada namens Oildown. Das ist ein super leckerer, deftiger Eintopf mit jeder Menge Fleisch, Brotfrucht, Platanen und einer Art Schupfnudeln in einer würzigen Soße. Ein Oildown gehört unbedingt zu einem Besuch auf Grenada dazu!
Unser Plan war, von St. George aus eine kurze Etappe zur Nachbarinsel Carriacou zu machen und dort eine Nacht zu ankern, bevor wir die etwas längere Strecke von 35 Meilen nach Bequia angehen wollten. In Bequia waren wir nämlich verabredet und zwar mit unseren Freunden Gerrit und Nicole von der Carinya! Wir hatten beim Ausklarieren auf Grenada schon geprüft, dass wir eine weitere Nacht im Land bleiben dürften und so schien unser Plan perfekt. Aber ein Plan ist ein Plan ist ein Plan und meistens kommt es eben doch ein bisschen anders…
Unser erster Stop war soweit so gut. Wir ergatterten vor der wunderschönen kleinen Insel namens Sandy Island noch eine Boje für die Nacht und lagen so gut geschützt vor dem winzigen Eiland aus Sand und Palmen. Auf unserer letzten Reise hatte uns dieser Ort regelrecht verzaubert, denn allein die Vorstellung so einer unbewohnten Sandinsel mit lediglich ein paar Palmen darauf ist schon enorm reizvoll. Hurrikan Beryl hatte auch auf Sandy Island seine Spuren hinterlassen und da sich mittlerweile herumgesprochen hat, wie schön es dort ist, ist die Insel auch nicht mehr ganz so einsam wie noch bei unserem letzten Besuch. Im kristallklaren Wasser vor dem Strand entdeckten wir diesmal bei einem kleinen Schnorchelausflug keine Fischschwärme mehr, sondern viel mehr einige ganze Bäume, die hier vom Sturm ins Wasser geweht worden waren. Schön war es trotzdem und für unseren Übernachtungsstop war Sandy Island die perfekte Wahl!










Am nächsten Tag wollten wir weiter und zwar direkt nach Bequia. Hier hatte unser Kurs eine kleine Ost-Komponente und wie sich herausstellen sollte, sorgte diese dafür, dass unser Plan in Schall und Rauch aufging. Das war mal ein Segeltag zum Abgewöhnen! Der Wind war unstet und so nördlich, dass wir unseren Kurs unmöglich halten konnten. Die Krassy kämpfte tapfer gegen die heranrollenden Wellen an, wollte aber einfach keine richtige Fahrt aufnehmen. Es war wie verhext und schnell war klar, Bequia schaffen wir nicht. Wir steuerten also statt dessen die Insel Canouan an, eine kleine Luxus-Insel, die ebenfalls schon zu den Grenadinen gehört. Hier wollten wir die Nacht wieder vor Anker verbringen, am nächsten Morgen einklarieren und dann die letzten Meilen ganz in Ruhe nach Bequia weiter segeln. Um Canouan zu erreichen mussten wir noch 7 Seemeilen aufkreuzen. Das dauerte geschlagene 4 Stunden und direkt vor der Ankerbucht erwischte uns noch ein epischer Regenschauer mit wilden Böen! Was für ein Nervkram!
Als wir in der großen Bucht mit angenehm flachem Wasser und schönem sandigen Grund fest lagen, ließ der Regen endlich nach, aber in der Nacht knallten die Fallböen eine nach der anderen an den Hügeln der Insel herunter und pfiffen über uns hinweg. Nicht schlimm, aber nervig und vor allem nicht gerade förderlich für einen guten Schlaf… Eine wage Erinnerung beschlich uns und als wir noch mal unseren Blogbeitrag der letzten Reise zu Canouan lasen, da fiel uns wieder ein, dass wir schon mal eine sehr ähnliche Nacht dort verbracht hatten. Damals war es allerdings noch viel ungemütlicher, denn der örtliche Bootsdieb war gerade aus dem Gefängnis entlassen worden und so hatten wir uns in der Krassy verbarrikadiert und waren in der Hitze beinahe weggeschmolzen…
Unser kurzer Ausflug an Land am nächsten Morgen offenbarte uns eine ebenfalls ziemlich vom Hurrikan Beryl zerstörte Infrastruktur, aber zum ersten Mal sahen wir an jeder Ecke Leute, die die Gebäude und Straßen wieder reparierten. Uns begegnete man hauptsächlich mit Desinteresse und da Canouan ohnehin nicht gerade einladend ist, wollten wir nur schnell einklarieren und dann weiter. Die Behörden waren allerdings nicht da und so musste Christian bei einem zweiten Ausflug zum Land letztenendes noch zum 20 Minuten Fußweg entfernten Flughafen laufen um dort die Beamten aufzusuchen. Ein bisschen genervt und reichlich verschwitzt kam er dann ca. eine Stunde später zurück an Bord und wir konnten endlich los. Zumindest sah Christian unterwegs noch eine unfassbar niedliche Landschildkröte, die übrigens auch der Namensgeber für die Insel ist. Gerrit und Nicole warteten schon, denn unser ungeplanter Abstecher hatte uns einen Tag gekostet.





Die Überfahrt von Canouan nach Bequia war dann eine angemessene Entschädigung, denn wir bekamen endlich das Karibik-Segeln, das wir uns vorgestellt hatten! Nicht mehr ganz so hart am Wind wie am Vortag pflügte die Krassy durch die Wellen wie ein alter Eisbrecher. Die Düse zwischen den Insel machte ordentlich Wind und so war unsere wilde Fahrt fast schon ein bisschen zu schnell wieder vorbei. Wir kreuzten uns bis in die Ankerbucht von Port Elisabeth hinein und flogen dabei mit sagenhaften 7 Knoten direkt auf ein ankerndes Kreuzfahrtschiff zu, als wir schließlich die Segel einholten und den Motor starteten um uns einen Ankerplatz zu suchen.
Kaum war der Anker auf 3 Meter tiefem Grund im Sand gefallen, da kamen Nicole und Gerrit auch schon mit ihrem Dinghy und einer Tasche voll eiskaltem Carib-Bier angerauscht. Wir stießen auf unser Wiedersehen an und machten gleich Pläne für die nächsten Tage. Die beiden waren schon über eine Woche in Bequia und genossen es sichtlich, einfach nur an diesem tollen Ort zu sein.
Wir verbrachten also zwei gemeinsame Tage in Bequia, gingen abends nett essen, bummelten durch den Ort und tranken leckere Cocktails in der berühmten Floating Bar One, einer winzigen Bar, die mitten im Ankerfeld (und direkt neben der Krassy) auf einem Holzfloß aufgebaut ist. Um den kleinen Tresen herum kann man entweder auf Schaukel sitzen, die von der Decke hängen oder sich lässig auf dem umlaufenden Geländer fläzen. Es gibt sogar eine Toilette auf der kleinen Plattform und die beiden jungen Mädels, die die Bar betreiben mixen liebevoll zusammengestellte Cocktails. Neben einigen Seglern trifft man hier besonders die einheimischen Boat Boys, die Wassertaxis betreiben und die Wartezeit in der Bar verbringen, was dazu führt, dass gelegentlich auch mal der süßliche Geruch von Marihuana durch die Luft weht.
Da wir nun wieder auf gut eingelaufenen Pfaden unterwegs waren und in den letzten Tagen nur Orte besucht hatten, die wir eigentlich schon kannten, war es langsam Zeit mal wieder was neues zu entdecken. Wir entschieden also als nächsten Stop St. Vincent anzulaufen. Die Insel hatten wir während unserer letzten Reise ausgelassen, denn die Sicherheitslage war damals – sagen wir mal – problematisch. Jetzt, sieben Jahre später sieht die Sache anders aus und es gibt keinerlei Warnungen mehr für St. Vincent. Ganz im Gegenteil, denn offenbar hat man hier gelernt, dass die Segler eine gute Einkommensquelle sind und dafür gesorgt, dass Kriminalität gegenüber Seglern kein Thema mehr ist. Die Insel ist sicher und so wollten wir sie endlich mal besuchen.
In einer kleinen Bucht an der Westseite von St. Vincent sollte es einen jungen Boat Boy geben, der ein paar Bojen betreibt und sich, wie man so hörte, sehr gut um seine Gäste kümmert ohne dabei allzu aufdringlich zu sein. Wir schrieben Zico, wie der gute Mann heißt, also an und reservierten bei ihm zwei Bojen. Gerrit und Nicole waren vor langer Zeit schon mal auf St. Vincent und wollten uns begleiten.
Nach einer kurzen, rasanten Überfahrt erreichten wir die Bucht und wurden wie von Zico angekündigt in Empfang genommen. Hier liegt man ein bisschen seltsam mit dem Bug an der Boje oder vor Anker und bringt dann nach achtern noch mal eine Leine zu einer weiteren Boje oder direkt zum Land aus. So liegt man mit dem Heck im Wind, gehalten von einer ellenlangen Leine zwischen den Bojen. Merkwürdig, aber es funktioniert.
Zico betreibt nicht nur die Bojen, sondern hat seine ganz Familie in sein Business einbezogen. Er organisiert auf Wunsch Ausflüge und abends kann man ein leckeres, von seiner Mama frisch gekochtes Essen im Haus der Familie genießen. Das taten wir und es war wirklich tolles Essen, das wir dort bekamen!
St. Vincent ist unfassbar grün und hügelig. Die Insel sieht von weitem schon interessant aus, da sie so zerklüftet ist und zwischen dem satten Grün überall kleine bunte Hütten an den Berghängen hervorschauen. Die kleine Bucht in der wir liegen kann man nur als malerisch beschreiben. Umgeben von hohen Berghängen, die in allen erdenklichen Grüntönen leuchten und mit den vielen bunten Häuschen um uns herum ist die Bucht gesäumt von einem schwarzen Sandstrand auf dem in improvisierten Garagen bunte Fischerboote liegen. Es ist ruhig und wunderbar geschützt hier, auch wenn man beim Schnorcheln im glasklaren Wasser doch eher Müll am Meeresgrund findet, anstatt Korallenriffe. Alles ist hier irgendwie ursprünglicher und so karibisch, wie man es sich nur vorstellen kann.
Gestern machten wir gemeinsam mit Gerrit und Nicole einen kleinen Ausflug in die Hauptstadt Kingstown. Wir nahmen einen der Busse, der uns für einen schmalen Taler auf eine unvergessliche Fahrt mitnahm. Ganz ähnlich wie auf Grenada ist man auch hier mit Kleinbussen unterwegs, allerdings waren hier die Soundsysteme deutlich mehr aufgedreht und da die Fahrt durch die Berge führte, machte es umso mehr Spaß. Gerrit und Nicole konnten gar nicht mehr aufhören zu grinsen!
In Kingstown fanden wir einen riesigen Markt und jede Menge Gassen und Plätze, auf denen Waren oder Essen angeboten wurden. Wir stellten schnell fest, dass wir hier scheinbar die einzigen Weißen waren, aber überall begegnete man uns freundlich und unaufdringlich. Eine alte Frau in einem Buchladen fragte uns, ob wir das erste Mal auf St. Vincent wären und als wir das bestätigten, meinte sie nur: „Schaut euch ruhig die ganze Karibik an, aber am Ende werdet ihr hier her zurückkehren, denn das hier ist die echte Karibik!“ Uns beschlich so eine Ahnung, dass sie damit Recht haben könnte…


























Nach einer weiteren rasanten und wiedermal großartigen Busfahrt zurück zu den Booten stiegen wir absichtlich einen Stop hinter der Kearton‘s Bay aus. Hier liegt die berühmte Wallilabou Bay, die Gerrit und Nicole bei ihrem letzten Aufenthalt auf der Insel besucht hatten. Die Bucht ist hauptsächlich deshalb so bekannt, weil hier einige Teile des Films „Fluch der Karibik“ gedreht wurden. Die Bucht diente damals als Kulisse für die Stadt Port Royal in der der Film beginnt. Heute findet man dort einige Requisiten und kann tatsächlich hier und da noch ein paar Szenen des Films wiedererkennen. Leider ist alles schon ein wenig verfallen, aber immerhin ist der erste Film auch schon sagenhafte 22 Jahre alt…
Da Christian und ich im Gegensatz zu Nicole und Gerrit den Film schon lange nicht mehr gesehen hatten, beschlossen wir abends gemeinsam einen kleinen Kino-Abend zu veranstalten. Wir fahren schließlich einen Mini-Beamer und eine Leinwand durch die Gegend, warum also nicht auch mal einen Film schauen, besonders, wenn man quasi in der Kulisse ist. Während ich eine Schüssel frisches Popcorn machte und Nicole leckeren Rum Punch mixte bauten also Gerrit und Christian die Leinwand am rückwärtigen Ende des Cockpits auf und stellten den kleinen Beamer hinten auf die Luke. Wir beschallten die Bucht mit der berühmten Titelmusik und der Wind, der gelegentlich die Leinwand flattern ließ tat sein Übriges um den Film perfekt zu untermalen. Man hätte fast meinen können, selbst in der Karibik zu sein…
Was für eine coole Idee mit dem Kinoabend am Original-Schauplatz.
Habt ihr ein Foto davon?
Ansonsten lese ich weiter fleißig mit und habe diesen Eintrag glatt vergessen zu lesen, was ich heute nachgeholt habe.
Man kriegt echt Fernweh, wenn man mitliest. Tolle Erlebnisse und ein weiterhin spannender Blog.
Da entflieht man gedanklich dem gegenwärtigen grau im grau im Rheinland.
Viel Spaß weiterhin und grüße
Thomas
Moin Thomas,
wir haben versucht, ein Foto zu machen, so richtig geklappt hat das aber leider nicht. Es war dann doch zu dunkel.
Es freut uns sehr, dass wir dir mit unserem Blog eine gedankliche Flucht aus dem winterlichen Grau bieten. Wir würden gerne etwas Sonne nach Köln schicken, davon haben wir hier genug. 🙂
Liebe Grüße und bis demnächst!