Nachtfahrt nach Lissabon

Oeiras, Portugal

Der Rest unserer Nachtfahrt verlief relativ ruhig. Der Motor musste tatsächlich am Ende die gesamte Strecke bewältigen, auch wenn wir gehofft hatten zumindest die letzten Meilen noch segeln zu können. Stattliche 120 Liter Diesel verfuhren wir, aber angesichts dessen, was in den nächsten Tagen über Galizien herfallen soll, war es absolut die richtige Entscheidung schnell nach Süden zu fahren. Die Ausläufer eines Hurrikans werden wohl in den kommenden Tagen über Nordspanien und das nördliche Portugal hinwegfegen und dabei nicht nur heftigen Wind sondern auch extremen Seegang mitbringen. Hier unten bekommen wir zwar auch ordentlich Wind, der uns definitiv im Hafen bleiben lässt, aber es ist hier deutlich weniger zu erwarten, als im Norden. 

Wir erreichten Cascais vorgestern Abend bei Dunkelheit so gegen 22.30 Uhr. Nachdem wir kurz vor der Hafeneinfahrt noch beinahe ein kleines – erschreckenderweise sehr gut beleuchtetes – Fischerboot über den Haufen gefahren hätten, war es Zeit endlich anzukommen. 

Cascais war für uns eine gute Wahl, denn wir kannten den Hafen bereits von unserer letzten Reise und wussten, dass hier ein gut zugänglicher Tank- und Meldesteg ist, an dem man kurz anlegen kann um sich beim Hafenmeister zu melden. Nachdem wir in der uns zugewiesenen Box festgemacht hatten fielen wir auch direkt ins Bett. 

Als wir am nächsten Morgen auf dem Weg zu den dringend benötigten Duschen waren liefen wir direkt der Crew der Larossa in die Arme. Leonie und Martin mit ihrer kleinen Tochter und Labrador Archie kennen wir bereits aus La Coruña. Neben der Larossa waren auch Nicole und Gerrit mit der  Carinya in Cascais, die beiden Boote sind schon eine ganz Weile zusammen unterwegs und auch wir standen bereits seit La Coruña in Kontakt und freuten uns auf ein Wiedersehen. 

Nach unserer ausgiebigen Dusche wollten wir aber zuerst mal zum Markt. Es war Samstag und der große Fisch- und Gemüsemarkt in Cascais war nur bis 14 Uhr geöffnet. Als wir ins Duschgebäude hineingegangen waren, lag noch ein trüber Dunst über dem Ort, der eine graue Tristesse mit sich brachte. Als wir jedoch frisch geduscht wieder heraus kamen strahlte uns die Sonne entgegen. Endlich Sommer! 

Der Markt in Cascais war etwa 20 Gehminuten vom Hafen entfernt und als wir dort ankamen waren wir im Frucht-Himmel! Dicke, dunkelrote Mangos, nach Urlaub duftende Guaven, Avocados, Tomaten, Salate, Pfirsiche, Erdbeeren und alle anderen Obst- und Gemüsesorten, die man sich vorstellen kann wurden an etlichen bunten Marktständen angeboten. Vielleicht wären die Preise im Supermarkt günstiger gewesen, aber bei dieser Auswahl machte es uns großen Spaß uns die leckersten Sachen auszusuchen und so verließen wir den Markt mit einer prallgefüllten Tasche mit Artischoken, Guaven, Habaneros, Avocado, Oliven und noch einigem mehr. 

Auch der Fischmarkt war interessant, aber wir hatten schon beschlossen abends essen zu gehen, also schlenderten wir hier nur durch ohne etwas zu kaufen. 

Nach einem obligatorischen Portugiesengedeck, einem Espresso und Pastel de Nata, in einer unscheinbaren kleinen Bäckerei mit einer zornigen, kugelrunden Dame, die uns leicht angenervt unseren Kaffee kochte, liefen wir zurück zum Hafen. 

Wir klopften bei der Carinya an und nachdem wir auch dort noch mal einen Kaffee bekommen hatten kam auch die Crew die der Larossa dazu. Es wurde ein netter Nachmittag und schnell war beschlossen, dass wir abends alle zusammen essen gehen wollten. 

Wir verbummelten den Nachmittag also ein wenig und trafen uns dann abends mit den anderen beiden Crews um uns ein schönes Restaurant auszusuchen. Christian hakte gleich einen Punkt auf seiner Portugal-To-Do-Liste ab und bestellte sich einen Bacalhau à Bras, den berühmten portugiesischen Stockfisch in einer Art Bauernfrühstück mit Kartoffeln. Eine absolute Spezialität hier in Portugal, aber nicht jedermanns Sache. 

Heute sollte es dann für uns beiden weitergehen. Wir hatten schon im Voraus einen Liegeplatz in Oeiras reserviert, denn wir wollten ganz sicher gehen bei dem aufziehenden Wetter einen Platz im Hafen zu haben. Oeiras ist ein wenig dichter an Lissabon dran und wäre somit also ein guter Ort um die kommenden Tage abzuwettern. Auch die Carinya und Larossa hatten dort Liegeplätze angefragt, waren aber abgewiesen worden. Der Hafen sei voll. Puh, da hatten wir aber Glück gehabt! 

Wir freuten uns die kurze Strecke endlich mal wieder segeln zu können. Das Rumpeln des Motors hatten wir lange genug in den Ohren gehabt. Vor Oeiras wurde die See wegen der Strömung aus dem Tejo noch mal richtig kabbelig, aber jetzt liegen wir sicher vertäut im Hafen. Die Sonne hat sich heute leider noch nicht blicken lassen, aber es ist trotzdem angenehm warm. Wir wollen diesmal nicht mit der Krassy direkt nach Lissabon rein fahren, denn die Häfen dort sind alle nicht so richtig toll. Von Oeiras aus gibt es eine gute Verbindung mit der Straßenbahn, also lassen wir die Krassy lieber hier und erreichen die Hauptstadt Portugals auf dem Landweg.

Ein bisschen faul hocken wir heute an Bord rum. Ich habe einen leicht missglückten Kuchen gebacken und jetzt futtern wir noch unsere dicken Artischocken mit einer leckeren Knoblauch-Zitronen-Sauce. 

Artischocken sind schon seit meiner frühen Kindheit mein absolutes Lieblingsessen. Ja, ich weiß, ein bisschen komisch für ein Kind… Zu meinem 7. oder 8. Geburtstag hatte meine Mama mich gefragt, was ich mir zum Kindergeburtstag zu Essen wünsche. Sie hatte wahrscheinlich sowas wie Pizza oder Spaghetti erwartet, aber ich wünschte mir Artischocken. Wunsch ist Wunsch und so bereitete meine Mama tatsächlich für alle Kinder Artischocken zu. Da die außer mir natürlich niemand mochte, hatte meine weise Mama noch einen großen Topf Spaghetti in der Hinterhand. 

Mit absolutem Unverständnis darüber, wie die anderen das leckerste Essen der Welt verschmähen konnten, war ich stinksauer auf meine Mama. Wenn die anderen Kinder keine Artischocken mochten, dann sollten sie doch gefälligst hungrig nach hause gehen, die Banausen! Naja, am Ende blieb mehr für mich und so verflog der Ärger dann auch ziemlich schnell wieder… 

Wir werden uns gleich mal auf den Weg in den Ort und zum lokalen Supermarkt begeben. Mal sehen, was Oeiras so zu bieten hat. 

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