Falmouth, Antigua
Als wir uns in Basse-Terre auf Guadeloupe abends noch ein leckeres Essen suchen gingen, landeten wir am Ende in einem kleinen Restaurant an der Nordseite des Hafens. Wir bestellten aus der spärlichen Karten und merkten schon, dass die Bedienung sich irgendwie sowohl mit Englisch als auch mit Französisch schwer zu tun schien. Die offensichtliche Sprachbarriere hielt sie allerdings nicht davon ab, sich unbedingt mit uns unterhalten zu wollen. Mit einer wilden Mischung aus Französisch, Englisch und Zeichensprache kamen wir also ins Gespräch und sie erzählte uns enthusiastisch von den verschiedenen Dialekten in der Karibik. Warum ihr das Französisch so schwer fiel, erklärte sich uns erst, als sie erzählte, dass sie normalerweise Kreolisch spricht. Und das ist wohl auf den karibischen Inseln so unterschiedlich, dass sich die Kreolen auf Guadeloupe und Martinique kaum untereinander verstehen. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass doch beide Inseln letztenendes noch immer zu Frankreich gehören.
Im Laufe der Unterhaltung winkte sie einen Franzosen heran, der seit mehreren Jahren auf Guadeloupe lebt und sowohl ganz gut Englisch als auch ein paar Brocken Deutsch sprach. Er hatte vorher mit zwei jungen Deutschen zusammengesessen, die ihrer Tracht nach zu urteilen gerade auf Walz waren. Mit denen beiden kamen wir allerdings merkwürdigerweise nicht ins Gespräch… Der Franzose stellte sich als Seenotretter heraus und er gab uns ein paar Tipps, wo es auf der Insel besonders schön sein sollte und gab dann noch ein paar Schmankerln aus seinem Job zum Besten. Offenbar besteht seine Arbeit als Seenotretter hauptsächlich daraus besoffene Touristen aus den heißen Schwefelquellen im weiter nördlich gelegenen Bouillante zu retten. Da löten sich die Leute in der Hitze ein paar Rum Punches rein, setzen sich dann in die 40°C heißen Pools und klappen dann zusammen.
Am nächsten Morgen warfen wir noch schnell eine Maschine Wäsche an und machten uns dann gegen Mittag auf den Weg nach Norden. Unser Ziel war Deshaies – spricht sich übrigens Dä-häe oder so ähnlich. Französisch ist schon etwas seltsam…
Um nach Deshaies zu kommen mussten wir den Windschatten der Insel passieren, was uns einen etwas zähen Segeltag bescherte. Wir kamen mit Hilfe des Motors noch bei Helligkeit am frühen Nachmittag in der Bucht an um dann festzustellen, dass es dort unfassbar voll war. Im vorderen Teil der Bucht gibt es eine Reihe von Bojen, für die ein stolzer Tarif abgerufen wird, aber im hinteren Teil muss man den Anker auf 10-15 Meter Tiefe fallen lassen. Trotz des Preises wollten wir an eine Boje gehen, denn das Ankerfeld war schon gut voll. Tja, aber auch die Bojen waren alle bereits besetzt und so blieb uns nicht viel anderes übrig als uns ein halbwegs sinnvolles Plätzchen zum Ankern zu suchen. Der Wind weht konstant und nach ein paar Runden durchs Ankerfeld entschieden wir uns für einen scheinbar ganz passablen Ort um unseren Anker fallen zu lassen. Kaum war der unten, ließ der Wind immer mehr nach und statt den Ort zu erkunden, entschieden wir uns dafür lieber am Boot zu bleiben und die Situation zu beobachten. Es mag merkwürdig klingen, aber nichts ist schlimmer als ein Ankerfeld mit großer Wassertiefe und ohne Wind. Es dauerte nicht lange und alle Boote drehten sich wild um ihre Anker herum. Da alle um die 30-50 Meter Kette im Wasser hatten, herrschte schnell völliges Chaos und die Boote taumelten aufeinander zu. Auch wir kamen ein paar anderen Booten unangenehm nah und wurden im Laufe des Abends immer nervöser. Den Anker wieder zu lichten und woanders zu ankern, war keine Option, denn es war ja alles voll, sehr tief und vor allem war es mittlerweile dunkel. Der Abend wurde etwas unentspannt, denn besonders Christian war sich schon sicher, dass wir hier keine Minute würden schlafen können. Nervös beobachteten wir den Windmesser und die immer dichter kommenden Boote um uns herum bis gegen Mitternacht endlich wieder Wind einsetzte und die Boote in der Bucht wieder sortierte. Hallelujah!
Der Ort soll übrigens sehr schön sein und ist ganz besonders bekannt als Kulisse für die Serie „Death in Paradise“ in der ein englischer Polizist auf eine fiktive Karibikinsel versetzt wird und dort mit der karibischen Mentalität hadert. Deshaies ist hier der Ort, in dem ein Großteil der mittlerweile 14 Staffeln der Serie gedreht wurden. Gesehen haben wir die Serie übrigens nicht, aber wir werden definitiv nach der Reise mal rein schauen…

Nach der unruhigen Nacht vor Anker waren wir ehrlich gesagt heilfroh Guadeloupe endlich zu verlassen. Wir hatten etwas über 40 Seemeilen vor uns, aber die Vorhersagen versprachen uns perfekten Segelwind und wir freuten uns schon, endlich mal wieder richtig Segeln zu können.
Auf dem Weg aus der Bucht hinaus kam hinter uns eine nagelneue Hallberg-Rassy 44 auf. Das Boot hatten wir vorher schon bemerkt, denn so ein Schätzchen fällt natürlich auf. Wir fuhren quasi gleichzeitig los und als wir das größere und deutlich modernere Boot locker stehen ließen, freuten wir uns wie kleine Kinder. Wie Christian gern sagt: es reicht nicht einen Hammer zu haben, man muss ihn auch schwingen können!
Im zweiten Reff und mit einer halb eingerollten Genua flog die Krassy dahin, bis plötzlich der Wind einschlief. Wie bitte?! Wir refften aus, aber viel nützte es nicht. Hinter uns kam die neue Rassy auf, allerdings unter Motor, während wir uns noch weigerten schon wieder zu motoren. Aber es half nichts, bei nicht mal 8 Knoten Wind und mit Wellen bewegt sich die schwere Krassy nicht mehr vorwärts. Wild fluchend startete mein Captain den Motor und wir zockelten nach Norden. Im Lauf des Tages ging der Motor immer wieder an und aus, denn wir nutzten jeden kleinen Windhauch um doch noch ein bisschen segeln zu können, bis wir am Nachmittag endlich den versprochenen Wind für die letzten paar Meilen bekamen, der uns direkt nach Antigua schob.
An der Südseite Antiguas liegt das berühmte English Harbour, der wohl ultimative Hotspot für Segler in der Karibik. Direkt daneben liegt die deutlich größere Bucht von Falmouth und wir entschieden uns dafür, diesmal nicht wieder dicht auf dicht ankern zu müssen. Also fuhren wir in die Bucht von Falmouth und suchten uns dort einen schönen Ankerplatz direkt vorm Pigeon Beach. English Harbour und Falmouth sind voll von gigantischen Superyachten, ultra-schnellen Rennbooten und amerikanischen und kanadischen Langfahrtyachten.
Mit unserem Dinghy – das übrigens schon wieder einen platten Boden hat – müssen wir an den unvorstellbar großen Mega-Yachten vorbei tuckern und können dann in der Marina das Dinghy-Dock nutzen. Der Ort zwischen den beiden Buchten ist eine Mischung aus Karibik, englischem Dorf und ein kleines bisschen Disneyland, vor allem im Nelson‘s Dockyard, dem alten Teil des Hafens, der liebevoll hergerichtet und doch gleichzeitig ziemlich touristisch daher kommt. Nachdem Christian uns ordnungsgemäß einklariert hatte (ich musste an Bord bleiben, da ist man hier sehr streng!), gingen wir noch mal im Ort und in Nelson‘s Dockyard spazieren. Im Ort fanden wir einen tollen kleinen Roti-Laden, in dem die Fladen frisch ausgerollt und gebacken wurden. Frisch gestärkt wollten wir dann noch ein wenig die schicken Yachten bewundern und stießen dabei doch glatt wieder auf die schicke Rassy vom Vortag.















Wir kamen schnell mit dem amerikanischen Eigner namens Jared und seinem Mitsegler Locky aus Schweden ins Gespräch. Die beiden luden uns ein an Bord zu kommen und das schöne Boot auch von innen zu bewundern. Jared war sich sicher uns bereits in Europa schon mal gesehen zu haben, denn er hat sein Boot im letzten Sommer direkt auf der schwedischen Insel Ellös bei Hallberg-Rassy abgeholt und das gute Stück dann hier her gesegelt um sie in den nächsten Monaten noch in seine Heimat Philadelphia zu bringen. Wir plauderten eine ganze Weile lang und freuten uns natürlich ganz besonders, als Jared anerkennend zugab, dass wir ihm am Vortag ganz schön davon gefahren waren.
Da heute Sonntag ist, blieben wir den Tag über an Bord und beobachteten die immer wieder um uns herum auftauchenden Riesenschildkröten, die endlos vielen e-Foils und die ein- und ausfahrenden Mega-Yachten und Racer. Eine besonders hübsche und sehr klassische Superyacht hatte es Christian besonders angetan. Eine kurze Google-Recherche ergab, dass dieses Boot Lord und Lady Dyson gehört. Ja, richtig gelesen, Dyson, wie der Staubsauber! Christian war kurz versucht mit unserem Staubsauber rüber zu winken, aber zum Glück konnte er sich das gerade noch verkneifen…
Kurz danach startete hier in der Bucht eine Regatta, das Mini Globe Race, ein Rennen um die Welt in 5,8 Meter kleinen Segelbooten. Mit einer gleitfähigen Malizia um die Welt zu segeln ist beeindruckend, aber kein Vergleich zu der Leistung, die diese Männer und Frauen erbringen. Die Boote sind nach Schablonen gefertigte Selbstbauten und sie sehen nicht nur winzig aus, hier ist wirklich kein Platz für irgendetwas, das nicht lebensnotwendig ist! Insgesamt treten hier 15 Boote an, darunter auch ein Segler aus Deutschland. Wie es scheint, ist dies sogar das erste Mal, dass diese Regatta stattfindet und man kann nur hoffen, dass sie langfristig ähnlich viel Aufmerksamkeit erhält, wie The Ocean Race oder Vendée Globe. Wir werden das Rennen auf jeden Fall verfolgen!



























Nach einem faulen Tag vor Anker, an dem wir nur noch einen Rigg-Check machten, fuhren wir noch für einen Sundowner zum Pigeon Beach hinüber, wo wir den spektakulären Sonnenuntergang über den Hügeln beobachten konnten. Mit der Silhouette von Montserrat im Hintergrund bot sich dabei ein traumhaft schöner Anblick, der uns mal wieder daran erinnerte, wie gut es uns hier eigentlich geht.