La Coruña, Spanien
In den letzten Tagen sind wir hier in La Coruña so richtig im Urlaub angekommen. Der unterschwellige Zeitdruck die Biskaya rechtzeitig zu überqueren ist weg und wir haben jetzt ganz gemütlich Zeit um in aller Ruhe zu den Kanaren und dann auf die Kapverden weiter zu kommen. Von dort aus wollen wir im November oder Dezember über den Atlantik starten. Wir haben es also nicht mehr eilig.
La Coruña lädt so richtig zur Siesta ein. Wir haben hier mittlerweile eine echte kleine Segler-Community im Hafen, die Stadt ist nach wie vor wunderschön, das Essen ist erstklassig und auch das Wetter wir immer sommerlicher. In den letzten Tagen haben wir es uns also so richtig gut gehen lassen. Ausschlafen, Faulenzen, Stadtbummel, Tapas essen und mit den anderen Seglern rumhängen. Hier im Hafen liegen zur Zeit allein sechs Boote, die sich zu einer kleinen Gemeinschaft zusammengeschlossen haben. Da ist ein sympathisches Rentnerpärchen, die nicht nur einen Papagei, sondern auch eine Waschmaschine, einen Thermomix und eine Eismaschine dabei haben, das nette Pärchen aus Sylt, die uns gleich am ersten Morgen ein frisches Baguette vorbei gebracht haben, Ludger mit seiner „Anna“, den wir schon in Amsterdam auf dem Ij getroffen haben und der aktuell mit einer richtig coolen Mitseglerin unterwegs ist und noch eine junge Familie samt Kleinkind und Labrador, die in Kolonne mit einem weiteren sehr sympathischen Paar mit einer Ketsch umhersegeln. Mit diesem Trüppchen sind wir vorgestern Abend in einem gemütlichen Restaurant auf dem großen Hauptplatz von La Coruña essen gegangen. Unsere Gruppe füllte beinahe den ganzen Laden und wir waren die letzten Gäste, die die große Plaza spät am Abend verließen. Wir alle sind unterwegs Richtung Süden, die einen wollen ins Mittelmeer, andere liebäugeln mit der Überfahrt in die Karibik und wieder andere haben erst mal einen Winter an Land geplant. Wir verstehen und alle bestens und so ergibt es sich immer wieder, dass wir zusammenfinden und gemeinsam in der Stadt unterwegs sind.
Aus einem Spaziergang zum hiesigen Bootsausrüster wird so schnell mal eine kleine Klassenfahrt und zum nachmittäglichen Kaffeeklatsch oder abendlichen Bierchen trifft man sich gern auf einem der Boote.
Wir haben neben unserem aufgeblühten Sozialleben unsere Zeit damit verbracht die Stadt zu genießen, jede Menge Tapas zu futtern und ein paar Alltagsarbeiten wie Wäsche waschen zu erledigen.
Heute war endlich mal die Zeit unser Dinghy Krassimir startklar zu machen. Nachdem unser kleines dickes Beiboot die letzten 7 Jahre zusammengefaltet in unserem Keller verbracht hatte waren wir nicht ganz sicher, ob er noch in Ordnung ist. Als Christian den Hochdruckboden und die dicken Schläuche aufgepumpt hatte musste noch der alte Außenborder getestet werden. Auch der war im Keller eingemottet, allerdings nach einer fachkundigen Wartung und Konservierung. Um den 20kg schweren 4-Takter an unserem knubbeligen kleinen Dinghy anzubringen lassen wir diesen an einer Taille langsam vom Heck der Krassy herunter und können ihn so ganz leicht und kontrolliert ans Dinghy anbringen. Heute boten wir dem Hafen damit ein wenig Unterhaltung, denn um uns herum beobachteten die anderen Segler uns scheinbar sehr gespannt.
Krassimir ist immer noch tip-top in Ordnung und fährt sich ganz so als wäre er nie weg gewesen. Wir drehten eine Runde durch den Hafen und natürlich musste Christian anschließend noch mal testen, ob er unseren kleinen Freund noch immer in sportliche Gleitfahrt versetzen kann. Er kann.
Anschließend wollten wir uns ein wenig die Beine vertreten und Christian hatte auch noch eine kleine Mission auf seiner To Do Liste. In La Coruña befindet sich die Brauerei des lokalen Estrella Galicia Bieres, das man überall in dieser Region bekommt. Schon bei unserem letzten Besuch hatten wir uns in den Bars immer wieder über die außergewöhnlich hübschen Gläser gefreut, in denen das Bier üblicherweise serviert wird. Und auch schon damals hatten wir vergeblich versucht, diese Gläser käuflich zu erwerben. Wir wollten es also noch mal probieren und rechneten uns die besten Chancen direkt bei der Brauerei am anderen Ende der Stadt aus. Der Fußmarsch dort hin sollte schlappe 45 Minuten in Anspruch nehmen. Also doch lieber Bus fahren.









Tja, den richtigen Bus zu erwischen stellte sich aber als so gut wie unmöglich heraus. Wie Asterix und Obelix im verrückten Haus irrten wir von A nach B und wieder zurück um die richtige Haltestelle zu finden. Jedes Mal, wenn wir Google Maps nach unserem Standort fragten, stellten wir fest, dass wir wieder an der falschen Stelle standen. Wir gaben entnervt auf und entschieden auf die Gläser zu verzichten. Unser digitaler Stadtplan zeigte „ganz in der Nähe“ eine belebte Umgebung an. Klang gut, da wollten wir hin gehen und irgendwo unseren Durst stillen. Was unser Stadtplan nicht anzeigte, waren die Höhenunterschiede, also erklommen wir quasi La Coruñas höchsten Berg, liefen dann noch ein wenig weiter bergauf und dann ging es zur Abwechslung noch ein Stück nach oben. Die belebte Umgebung stellte sich als nicht so richtig einladender Stadtteil heraus, allerdings war es interessant mal wieder eine neue Ecke der Stadt erkunden zu können. Endlich konnten wir wieder bergab zurück in Richtung Strand laufen, setzten uns dort noch ein Weilchen ans Wasser um die müden Beine auszuruhen und suchten uns dann ein Restaurant, damit Christian endlich seinen lang ersehnten Pulpo a la Gallega (kleingeschnittener Krakenarm mit Paprika) essen konnte.
Christian hat übrigens auch wieder seine Zauberkraft walten lassen. Falls ihr das noch nicht wusstet, Christian kann nämlich ausgesprochen gut zaubern. Allerdings beherrscht er dabei er nur einen einzigen Trick: er kann Dinge verschwinden lassen. Während unserer Arbeit am Deck vor 3 Jahren hat er es beispielsweise geschafft einen Stechbeitel so effektiv aus der Welt zu zaubern, dass wir wochenlang danach suchten…
Diesmal war es aber ein anderes Kaliber als nur ein Stechbeitel, aber ich fange mal vorne an.
Vor unserer Abfahrt in Falmouth wollte Christian unser Iridium-Guthaben aktivieren, damit wir unser Satelliten-Telefon für die Überfahrt über die Biskaya bereit hätten. Das Guthaben ist unfassbar teuer und gilt für ein Jahr, der Zeitpunkt der Aktivierung will also wohl überlegt sein. Wie immer hatte mein Skipper alles genauestens durchdacht. Die SIM-Karte hatte er vor unserer Abreise schon bekommen und alles nötige lag in einem Karton in der Bugkajüte bereit. Für die Aktivierung brauchte es nur eine kurze Info an den Provider und schon konnte es losgehen.
Als er dann später am Nachmittag das Satellitentelefon bereit machen und die SIM-Karte einsetzen wollte erschallte ein wütender Schrei aus dem Inneren der Krassy. Die SIM-Karte war nicht da! Wir stellten das ganze Boot auf den Kopf, durchwühlten jede noch so kleine Ecke nach der winzigen Karte mit dem sau-teuren Guthaben. Nix. Die Karte war nicht da. Christian hatte wohl in der Hektik des Aufbruchs beim zusammensuchen des Zubehörs für das Satellitentelefon ein paar unnötige Dinge aussortiert. Wie genau es dazu kam, dass wir nun statt der SIM-Karte im Karton mit dem Zubehör eine CD-ROM mit der Bedienungsanleitung vorfanden bleibt ein Rätsel… Offenbar ist der Stapel mit den wichtigen Dingen zurück in unseren Keller – oder im schlimmsten Fall in den Müll – gewandert und so einiges an unwichtigem Kram blieb an Bord, zum Beispiel besagte CD-ROM (für die wir selbstverständlich kein passendes Laufwerk dabei haben…)
Nachdem einige Horror-Szenarien von Rückflügen nach Bremen zum Durchsuchen des vollgestopften Kellers durchgespielt waren, ergab ein Anruf bei unserem Provider, dass wir uns eine Ersatzkarte zuschicken und das aktivierte Guthaben übertragen lassen könnten. Die Karte ließen wir nach La Coruña schicken und über die Biskaya schafften wir es auch ohne Satellitentelefon. Das Lehrgeld tut ein bisschen weh, aber ein gutes hat diese Geschichte: ich darf sie Christian bis ans Ende unserer Tage aufs Brot schmieren 😀
Morgen sagen wir auf Wiedersehen zu dieser wunderschönen Stadt und machen uns auf den Weg in die Rías, die Flussmündungen ein Stück weiter südlich von hier. Um dort hin zu kommen müssen wir mal wieder ein Kap runden und dafür steht der Wind morgen ganz gut. Aber nicht nur wir ziehen morgen weiter, unser ganzes Grüppchen macht sich auf den Weg in diese Richtung. Ob wir uns alle wiedertrefffen wissen wir noch nicht, denn unterwegs gibt es mehrere Orte, die man gut anlaufen kann, sei es um in einen weiteren Hafen zu gehen oder in einer netten Bucht zu ankern. So ist das beim Segeln, aber wir würden uns sehr freuen, den ein anderen noch mal zu treffen.