Socializing at it‘s best

Cascais, Portugal

Unsere letzte Nacht auf dem Bock war genau so schlecht wie die beiden vorangegangenen Nächte, aber jetzt war endlich – naja – Wasser in Sicht. Offenbar waren die Arbeiten an dem alten Fahrgastschiff noch längst nicht abgeschlossen und wir rätselten die gesamte Zeit über, warum man das Sandstrahlen wohl unbedingt nachts erledigen musste. Christian vertrat die Theorie, dass es an den Temperaturen lag, ich glaube eher dass da vielleicht was nicht ganz legal abgelaufen ist. Aber, alles nur Spekulation… 

Da wir mit unseren Arbeiten an der Krassy fertig waren gingen wir unseren letzten Tag am Bock gemächlich an. Wir sollten erst gegen Mittag gekrant werden, denn erst dann wäre das Wasser hoch genug. Sehnsüchtig warteten wir die letzten Stunden ab bis dann plötzlich alles ganz schnell ging. Pünktlich zur vereinbarten Zeit kam ein Mitarbeiter der Werft zu uns, wir nahmen die Leiter weg und schon hing die Krassy in der Luft. Keine 10 Minuten später war sie auch schon wieder im Wasser, wir hatten überprüft, dass das Seeventil auch wirklich dicht war und los ging es. 

Die Krassy wieder in ihrem Element zu wissen war ein echt gutes Gefühl! 

Wir zockelten also los an Lissabon vorbei und durch Schwärme von erschreckend großen und stabil aussehenden Quallen. Die Viecher waren da überall, groß wie Lampenschirme und mit Tentakeln, die aussahen wie Oma‘s Häkeldeckchen… 

Unser Ziel war Cascais und das aus gleich mehreren Gründen: erstens waren unsere Freunde von der Larossa und Carniya noch dort, zweitens war die Distanz nach Cascais überschaubar und drittens war mal wieder schlechtes Wetter für die nächsten Tage vorhergesagt. 

Die Etappe war langweilig, aber das war heute auch mal okay so. Aus irgendeinem Grund hatte ich allerdings ein Hungerloch. Kennt ihr das? Man ist die ganze Zeit auf der Suche nach Nahrung und hat nie so recht das Gefühl satt zu werden. Ganz schlecht, wenn man eine langweilige Motoretappe vor sich hat… 

Als wir in Cascais gerade an den Meldesteg fahren wollten, lag da vor uns ein bekanntes Boot. Die kleine Rassy der Finnen, mit denen wir auch schon in Muros zusammen essen waren. Getroffen haben wir die beiden im Hafen noch nicht, allerdings kann man in Cascais auch immer nur die Tore des eigenen Stegs öffnen, wir können also leider nicht einfach mal so bei den beiden vorbeischauen. Aber das ergibt sich sicher noch. 

Wir bekamen einen Platz am gleichen Steg wie die Carinya und als wir dort hin unterwegs waren kam Christian auf die Idee, wir könnten doch rückwärts anlegen. So, so, hat er sich mal so gedacht… Bisher haben wir nur ein einziges Mal mit der Krassy römisch-katholisch (wie man unter Seglern sagt) angelegt und das war an unserem Heimatliegeplatz, als wir die Aufschrift „Hamburg“ durch „Cuxhaven“ austauschen wollten. 

Da unsere Doppelbox komplett frei und auch gegenüber viel Platz war und natürlich, weil der Wind nur sehr schwach wehte, ließ ich mich darauf ein. Der letzte Versuch rückwärts anzulegen scheiterte erbärmlich, denn vor einigen Wochen in Nieuwpoort weigerte sich unser kleines Bötchen mit ihrem Allerwerten voran in die Box zu fahren. Diesmal lief es wie geschmiert! Als würden wir immer nur römisch-katholisch anlegen, fuhr die Krassy ganz brav mit dem Heck voran an ihren neuen Platz. Es klingt nicht nach viel, aber einen gemäßigten Langkieler rückwärts einzuparken kann man schon fast als Königsdisziplin des Manöverfahrens bezeichnen und ich bin sicher jeder Eigner eines Bootes mit ähnlicher Kielform wird das bestätigen können. 

Die Leinen waren noch nicht ganz fest, da kamen auch schon unsere Freunde von der Carinya vorbei. Wir verlegten die Plauderrunde ganz schnell an Bord und öffneten ein paar Kaltgetränke. Ein Anleger muss schließlich sein und mittlerweile war es auch schon nach vier… 

Es dauerte nicht lange, bis auch die gesamte Crew der Larossa mit Hund und Kind vorbeischneite und so wurde es mal wieder ein netter Nachmittag, der viel zu schnell verging. 

Mein Hungerproblem war allerdings immer noch da und nach der entbehrungsreichen Zeit in der Werft fanden wir, wir hätten uns ein leckeres Abendessen verdient. Die anderen verabschiedeten sich um an diesem Abend selbst zu kochen und wir beiden stiefelten los um uns in Cascais ein nettes Restaurant mit großen Portionen zu suchen. 

In der Nähe des Hafens wurden wir fündig. Hier wurde ein Fisch-Rodizio angeboten und das funktionierte so: man bekam eine Suppe vorweg und dann eine große Platte mit verschiedenen gegrillten Fisch-Filets und Tintenfischen mit ein paar leckeren Beilagen. Hatte man die Platte leer gefuttert konnte man nachbestellen, alles im Preis inklusive. Einen Nachtisch gab es auch noch und so waren wir piepesatt, als wir das Restaurant wieder verließen. Es war übrigens nicht nur viel, sondern auch richtig lecker! Perfekt für einen Nimmersatt-Tag und mit etwas über 30 € pro Person ein echtes Schnäppchen, wenn man sich überlegt, was man für einen Fischteller so in der Heimat los ist. 

Vollgefuttert und hundemüde schliefen wir an diesem wunderbar ruhigen Ort wie die Bären und wachten heute morgen zu einem grau-verregneten Tag auf. Nach einem sparsamen Frühstück waren wir auch gleich wieder mit unseren Freunden verabredet. Wir hatten ausgemacht heute mal einen Großeinkauf zu machen, denn wir alle brauchten dringend mal Vorräte in größeren Mengen. Also marschierten wir im Nieselregen zum Lidl, der eine gute halbe Stunde Fußweg entfernt war. Bewaffnet mit einer ellenlangen Einkaufsliste und jeder Menge großer Taschen füllten wir unsere Wagen und es dauerte bei allen erstaunlich lange einen Zustand von „wir sind jetzt fertig“ herzustellen. Die armen Leute, die hinter unserer ganzen Truppe an der einzig offenen Kasse warten mussten… 

Mit unseren vollen Taschen riefen wir ein Uber, denn mittlerweile hatte sich der Nieselregen in einen prasselnden Platzregen verwandelt. Der Fahrer holte uns in der Tiefgarage ab, wo wir die Einkäufe in den Kofferraum stopften und uns dann ganz trocken und gemütlich zum Hafen fahren ließen. Naja, außer Martin von der Larossa, der war mit dem Fahrrad da… 

Beim Ausladen erwischten wir zum Glück eine kleine Regenpause und verbrachten dann die nächsten beiden Stunden damit im Inneren der Krassy erst ein wahnsinniges Chaos und dann wieder Ordnung herzustellen. Anders als zuhause, wo man seine Einkäufe einfach in den Schrank räumt, wird an Bord fast alles umgefüllt. Für trockene Vorräte wie Nudeln, Mehl oder Reis haben wir große Vorratstrommeln, die luftdicht verschlossen werden können und so nicht nur Feuchtigkeit, sondern auch Ungeziefer draußen lassen. Für unsere Tagesbedarfe haben wir Kunststoffflaschen, die ebenfalls luftdicht verschlossen werden können und noch dazu perfekt in unseren Schrank passen. Alles in die Dosen umzufüllen, Verpackungen zu entsorgen, hier und da noch mal was umzuräumen und zu verstauen dauert eine ganze Weile, gehört aber nun mal zum Bordalltag dazu. 

Eigentlich wollten wir anschließend noch zu einem weiteren Supermarkt gehen, der eher die ausgefalleneren Sachen hätte, die wir bei Lidl nicht bekamen und wo wir dazu noch etwas Obst einkaufen wollten. Der Regen ließ aber einfach nicht nach und so haben wir beschlossen, diesen Ausflug auf morgen zu verschieben. Heute Abend sind wir nämlich, na wer hätte das gedacht, wieder mit unseren Freunden zum Abendessen verabredet. Socializing at it‘s best! So muss das sein. 

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4 thoughts on “Socializing at it‘s best

  1. Moin,

    ich hoffe Ihr habt Euch nach dem Werftaufenthalt mit den nevigen Begleitumständen wieder einigermaßen erholt.

    Immerhin ist die Baustelle jetzt perfekt – mit mehr Umdrehungen! – abgearbeitet und ihr könnt beruhigt die größeren Schläge angehen.
    2005 war ich mit der „Alexander von Humboldt“ auf dem Weg zu den Kanaren zuletzt in Lissabon mit Liegeplatz unterhalb der Alfama. Beeindruckt hat mich seinerzeit das oberhalb gelegene „Nationale Pantheon“ mit u.a. den Scheinsärgen der großen portugiesischen Seefahrer. Damals gab’s glücklicherweise noch nicht den von Euch beschriebenen Touristenrummel, sonst wäre ich da wohl in der knappen Zeit für den Landgang nicht ‚rauf gegangen. Und ja, für die Bestellung von Gambas mußten wir im „Restaurant“ auf die Speisen am Nebentisch verweisen. Portugiesisch konnte niemand und Bildchen auf den Speisekarten gab’s auch nicht. Muß man heutzutage schon suchen.

    Ich beneide Euch – am Wochenende ist bei mir Schleifen des Unterwasserschiffs angesagt …

    LG aus Cuxhaven,

    Jürgen („Reliance“ / D 13)

    1. Moin Jürgen,

      wir haben uns wieder vom Werft-Lärm erholt. In der Retrospektive ist das auch nur eine weitere witzige Erinnerung, und immerhin ist jetzt alles wieder tiptop.

      Wir hatten tatsächlich ein bisschen Saison-End-Feeling, als das Boot im Kran hing und haben dabei auch an unsere lieben Cuxhavener Vereinsfreunde gedacht.

      Zum Glück für uns durften wir dann drei Tage später aber schon wieder das Saison-Beginn-Feeling genießen 🙂

      LG aus Lagos!

  2. Wenn wir Lidl nicht hätten, in dem man sich blind zurecht findet, egal wo man ist…. Ich bin erst heute wieder dazu gekommen, mich in euer Abenteuer zu vertiefen und fand nicht nur den Reparaturbericht spannend, sondern es ist auch immer wieder beeindruckend, dass ihr immer wieder Bekannte und Freunde trefft. Ach übrigens, Weihnachts-Süßkram essen wir seit September, wir sind süchtig nach Herzen, Sterne, Brezeln 😄. Und noch was: seit heute Ischa Freimaak! Nächstes Jahr gehen wir zusammen! Liebe Grüße aus dem ungewöhnlich warmen Bremen

    1. Hey ihr beiden,

      das eine oder andere Marzipanbrot hat dann auch seinen Weg auf die Krassy gefunden 🙂

      Und wir nehmen euch beim Wort, nächstes Jahr gehen wir sehr gerne mit euch zusammen auf den Freimarkt!

      LG aus Lagos!

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