The sea is calling and we must go

Lauwersoog, Niederlande

Nach ein paar sehr anstrengenden Wochen der Vorbereitung in denen noch einiges zu tun war gingen wir beide langsam auf dem Zahnfleisch. Von morgens bis abends wirbelten wir herum, räumten, putzten, bauten und organisierten, damit wir noch rechtzeitig mit allem fertig würden.

Ein plötzlicher Krankheitsfall in Christians Familie machte alles noch ein wenig unentspannter. Christian fuhr also noch mal ganz kurzfristig in die Heimat. An dieser Stelle noch mal ganz herzliche Grüße und gute Besserung, liebe Brigitte!

Am Freitag werkelte ich noch bis spät in die Nacht, nahm die letzten Sachen aus der Wohnung in Bremen mit an Bord und versuchte einen Zustand herzustellen, den man guten Gewissens als „klar Schiff“ bezeichnen könnte. Ich verlegte noch schnell unseren neuen Teppich und verstaute alles, was nicht niet- und nagelfest war.

Für Samstag hatten wir unseren offiziellen Abschied geplant und dafür Freunde und Familie zum Grillen im Hafen eingeladen. Dafür sollte die Krassy vorzeigbar sein! Gegen Mittag trudelten dann auch meine Familie und ein paar Freunde aus Hamburg ein und wir verbrachten einen wunderschönen Nachmittag zusammen an Bord. Am frühen Abend schmissen wir dann den Grill an unserer Vereinshütte an und die Gruppe wuchs weiter. Wir fühlen uns mittlerweile pudelwohl in unserem Segelverein und freuten uns umso mehr, dass wir uns von einigen Vereinsfreunden verabschieden konnten. Ganz vielen lieben Dank an alle die dabei waren um auf Wiedersehen zu sagen und ganz besonders natürlich an diejenigen, die von weit weg nach Cuxhaven angereist sind! Es war richtig toll mit euch allen noch mal zu feiern!

Der Abend wurde übrigens dadurch perfekt abgerundet, dass in der Grimmershörner Bucht (direkt neben unserem Hafen) der „Sommerabend am Meer“ stattfand und mit einem spektakulären Feuerwerk ausklang. Wir nehmen das als Zeichen, dass Cuxhaven uns einen gebührenden Abschied beschert hat.

Eigentlich hatten wir geplant am Montag zu starten, sowohl die Wettervorhersage als auch unser Gefühl sagte uns aber, dass wir lieber Dienstag losfahren sollten. Der Stress der letzten Woche lag uns noch in den Knochen und wir hatten die Krassy erschreckenderweise in dieser Saison erst 2x bewegt. Unsere brandneue Genua hatten wir hochgezogen und eingerollt, aber bisher noch nicht gesegelt und das Unterwasserschiff hatte schon einen ansehnlichen Bart.

Wir wollten den Montag also nutzen um noch mal etwas runterzukommen, die letzten Vorbereitungen in Ruhe zu erledigen und dann zumindest für eine kurze Runde noch mal auf die Elbe rauszufahren. Gesagt, getan. Die Schmiere am Rumpf hatte sich schnell runter gesegelt, unsere Genua funktionierte einwandfrei und auch der Motor war absolut in Ordnung. Wir konnten also guten Gewissens am nächsten Morgen auf unsere Reise starten.

Die Gnadenlosigkeit des Gezeitenreviers schlug am folgenden Morgen direkt zu. Der Wecker klingelte erbärmlich früh und um 05:30 Uhr waren wir draußen auf der Elbe und wurden von der Strömung raus auf die Nordsee geschoben. Das Wetterfenster war perfekt. 3-4 Windstärken von achtern, so gut wie keine See und den ganzen Tag Sonnenschein und warme Temperaturen. Es war so ruhig, dass wir zum Essen unseren Cockpittisch hochklappen und das gute Porzellan rausholen konnten.

Die Nordsee ist ein wenig meine Nemesis. Vielleicht erinnert ihr euch noch, wie wir damals auf unsere erste Reise gestartet sind. Da fuhren wir ebenfalls von Cuxhaven nach Lauwersoog, allerdings mit ordentlich Wind, viel See, Regen und Eiseskälte. Mir ging es die ersten Stunden gar nicht gut und nach einer chaotischen und sehr kalten und nassen Nacht kamen wir wie Helden, aber völlig fertig mit der Welt in den Niederlanden an. In unserem Urlaub im letzten Sommer war die Nordsee ähnlich ungnädig, als wir durch die Nacht segelten und auch der eine oder andere Ausflug nach Helgoland hatte meinen Magen schon hart strapaziert. Von allem, was wir vor uns haben, hat mir die Nordsee die meiste Angst gemacht.

Diesmal war die Überfahrt aber deutlich entspannter! Wir genossen einige Stunden lang herrlichstes Segeln, bis der Wind irgendwann einschlief und wir den Motor anwarfen. Wir wechselten immer wieder zwischen segeln und motoren und nahmen ganz bewusst ein wenig Tempo raus, denn wir wollten nicht mitten in der Nacht in Lauwersoog ankommen. Unsere Nachtwache verkürzten wir etwas und machten jeder eine 4-Stunden-Wache. Das hieß allerdings auch nur 4 Stunden Schlaf für jeden und war ganz schön anstrengend…

Wie geplant waren wir dann gegen 5 Uhr Morgens an der Ansteuerung nach Lauwersoog. Jetzt juckelten wir noch ca. 3 Stunden durch ein Fahrwasser und standen schließlich vor der Schleuse zum Binnenmeer. Wir haben ja schon einige Male geschleust und eigentlich ist das keine große Sache, aber diesmal schaffte uns die blöde Schleuse komplett! Wir waren das einzige Schiff, fuhren direkt ein und merkten schon, dass es ein wenig strömte. Als wir beide unsere Leinen um die Poller gelegt hatten und sich das Tor hinter uns schloss ging es richtig los: in der winzigen Schleuse war so viel Strömung, dass wir die Krassy mit aller Kraft festhalten und vor allem von der schmierigen Schleusenwand abhalten mussten. Schon ging das vordere Tor auf und die Strömung zog in die andere Richtung. Das alles ging so schnell, dass wir uns beim Ausfahren ansahen und beide anfingen zu lachen. Was war denn da bitte los? Lag das an unserem Schlafmangel?!

Wir bogen direkt in den Hafen hinter der Schleuse ein, suchten uns einen schönen Platz und fielen dann erst mal für ein paar Stunden in den Tiefschlaf. Danach gab’s Frühstück und eine wohlverdiente und sehr ausgiebige Dusche. Nachher wollen wir noch in den Ort laufen und uns dort in guter alter Tradition eine schöne Portion Kibbeling gönnen. Den haben wir uns verdient!

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