Samaná – Dominikanische Republik
Was in Europa die Biskaya ist, ist hier in der Karibik die Mona-Passage. Liest oder hört man über diese Seeetappe, dann sind es meistens Horror-Geschichten. Über die Biskaya erzählt man sich von schauderhaften Monsterwellen und schrecklichen Stürmen und die gibt es tatsächlich, allerdings nur im Winter. Wir erlebten die Biskaya die letzten 3 Male eher handzahm und teilweise sogar in völliger Flaute. Von Monsterwellen war da nicht viel zu sehen… Über die Mona-Passage wird auch viel geredet. Das Seestück zwischen Puerto Rico und der Dominikanischen Republik kann man kaum umgehen, wenn man zwischen den USA und der Karibik hin und her segelt. Das besondere ist hier, dass es ein paar Stellen gibt, an denen es von großer Wassertiefe schnell in ziemlich flaches Wasser übergeht und das sorgt gern mal dafür, dass sich die Wellen auftürmen. Auch wir hatten uns natürlich vorab etwas informiert, auch wenn wir dieses Gebiet schon einmal 2018 passiert hatten. Diesmal war es deutlich windiger als damals und wie immer, wenn man vorab schon zu viel gelesen hat, kommt leichte Nervosität auf. In Puerto Rico war das ein oder andere Boot gerade aus nördlicher Richtung durch die Passage in Puerto Real angekommen und feierte die überstandene Etappe mit einem lautstarken „WE MADE IT!“, das durch die Ankerbucht schallte. Klang fast so, als wären die ganz knapp dem Tod von der Schippe gesprungen…
Wir lichteten trotzdem wie geplant am Dienstag früh unseren Anker und machten uns auf den Weg. Hinter der Insel herrschte zunächst mal völlige Windstille, sodass die ersten Stunden noch unser Motor laufen musste. Unser Plan war zunächst mal einen Nordkurs zu fahren und erst hinter dem Windschatten Puerto Ricos nach Westen abzudrehen. So wollten wir die große Untiefe vor der Dominikanischen Republik mit dem bildlichen Namen „Hourglass Shoal“ – Stundenglas-Untiefe – zu umfahren. Hier wird es sehr schnell flach und selbstverständlich wollten wir den berüchtigten Wellen möglichst ausweichen.
Als wir endlich den Wind fanden flogen wir anfangs noch mit einem flotten Halbwind dahin, bis wir nördlich genug waren um langsam nach Westen abzudrehen und auf einen Vorwind-Kurs zu gehen. Mit ausgebaumter Genua im Schmetterling rauschten wir jetzt die Wellenkämme hinunter, was deutlich angenehmer ist als die meisten denken. Vorwindsegeln wird unter Seglern oft ein bisschen verpönt, da hierbei schnell mal die Segel schlagen können oder sich das Boot aufschaukelt, wenn die Welle eben doch nicht genau von hinten kommt. Zudem birgt dieser Kurs immer die Gefahr, dass man eine Patenthalse – also eine unbeabsichtigte Halse – fährt, wobei der Großbaum unkontrolliert auf die andere Seite rauscht und dabei großen Schaden anrichten kann. Wir haben das Glück nicht nur reichlich Meilen auf Vorwindkursen zurückgelegt zu haben, wodurch wir einiges an Erfahrungen sammeln konnten, die Krassy hat noch dazu eine Rigg-Form, die das Vorwindsegeln besonders einfach macht. Unsere Wanten sind so weit vorne angesetzt, dass wir unseren Großbaum komplett auffahren können. Heutzutage werden moderne Boote nicht mehr so gebaut, aber für uns macht es das Segeln enorm sicher. Zusätzlich sichern wir unseren Baum immer noch mit einem Bullenstander, einer nach vorne geführten Leine, die verhindert, dass der Baum auf die andere Seite schlagen kann. Wenn dazu unsere Genua ausgebaumt ist, dann haben wir immer noch erstaunlich viele Freiheiten, auch wenn der Wind mal ein bisschen dreht und doch nicht mehr genau von hinten kommt.
Unsere Überfahrt war relativ entspannt, als es dann aber langsam dunkel wurde und die Nachtwachen begannen, wurde es irgendwie ungemütlich. Der Wind wurde unbeständiger, drehte und schwankte, sodass wir mal mehr und mal weniger Wind hatten. Zu viel war es nie, eher zu wenig… Immer mal wieder musste also der Motor mithelfen, was wir so früh auf der Überfahrt nicht erwartet hatten. Dazu kamen reichlich Regenschauer, die unsere Cockpitbänke so nass zurück ließen, dass man dort nicht mehr sitzen konnte ohne sich einen nassen Hosenboden zu holen. Ölzeug ist in der Hitze hier keine Option! Ich hockte eine ganze Wache lang also auf der Kante des Niedergangs, dem einzigen Platz, wo man halbwegs trocken blieb. An Powernaps war dabei natürlich nicht zu denken. Der Regen machte auch die Freiwachen ungemütlich, denn sobald man die Luke in der Vorschiffkabine auch nur einen Spalt weit öffnete, tropfte einem der Regen ins Gesicht. Mit geschlossener Luke war es allerdings so warm und stickig, dass das Schlafen auch eher keine Option war. Einfach nur nervig!
Kurz bevor die Dunkelheit anbrach, bekamen wir übrigens noch Besuch. Ein brauner Vogel flatterte im Halbdunkeln aufgeregt um die Krassy herum. Es dauerte einen Moment bis ich begriff, dass er einen Platz zum Landen suchte. Die Reling schien für diesen Vogel nicht in Frage zu kommen, offensichtlich suchte er eine gerade Fläche und nach einigen Versuchen landete er endlich auf einem unserer hochgeklappten Solarpaneele. Ziemlich erschöpf saß er dort, interessierte sich allerdings nicht für die Maiskörner, die ich ihm vorsichtig hinwarf. Birdie, wie ich ihn schnell taufte, hockte eine ganze Zeit lang auf dem Panel, erschrak sich allerdings, als wir die Genua von einer Seite auf die andere ziehen mussten und dabei laut an der Winsch drehten. Er flatterte weg und blieb erst mal eine Weile verschwunden. Schade, wir hatten gehofft ihm sicheres Geleit in Landnähe gewähren zu können.


Nach etwa einer halben Stunde sah ich in der Dunkelheit dann wieder einen Schatten, der ums Boot herumflatterte. Wir beide feuerten Birdie an, der wieder mit dem sicheren Anflug haderte. „Du schaffst das! Das hast du doch schon mal hinbekommen!“ riefen wir unserem neuem Freund zu, bis er endlich auf unserem Rettungskragen landete. Bis in die frühen Morgenstunden blieb Birdie bei uns, flatterte noch mal auf und landete wieder auf dem Solarpaneel, bis er in der Helligkeit genug Kraft gesammelt hatte um das Land zu erreichen. Ob wir jetzt eine invasive Art eingeschleppt hatten, wussten wir nicht, aber wir freuten uns, dass wir dem müden kleinen Vogel eine Mitfahrgelegenheit anbieten konnten. Leider konnte ich nur ein schlechtes Foto in der anbrechenden Dunkelheit von ihm machen, daher sind wir nicht ganz sicher, was für eine Vogelart wir da an Bord hatten, aber falls jemand von euch weiß, was Birdie für ein Vogel ist, dann schreibt uns gerne. Er war braun mit einem silbernen Fleck über dem sehr spitzen Schnabel. Unsere Recherche ergab, dass es sich um eine Noddi-Seeschwalbe gehandelt haben könnte, aber wie gesagt, sicher sind wir nicht.
Immer wieder mussten wir den Motor starten, versuchten es dann wieder mit Segeln um kurz darauf doch wieder zu motoren. Als ich in meiner letzten Freiwache endlich eingeschlafen war, riss mich Christian plötzlich aus dem Tiefschlaf. „Du musst mal kommen, wir haben uns was eingefangen!“ Ach du scheiße! Noch völlig benebelt kroch ich also aus der Kabine, warf mir die Rettungsweste über und kletterte hinaus. Draußen war es mittlerweile schon hell und so konnte ich sehen, dass wir unter voller Besegelung praktisch auf der Stelle standen. Hinter uns im Wasser spannte sich eine Leine mit ein paar leeren Dosen oder Flaschen, die als Bojen dienten. Zum Glück waren wir gerade unter Segeln unterwegs gewesen, in der Schraube konnte sich also nichts verfangen haben.
Nach einer kurzen Inspektion entschieden wir uns, dass wir erst mal ein genaueres Bild der Lage brauchten. Ich holte also unsere 360°-Kamera mit langem Selfie-Stick aus dem Schrank und wir machten eine Aufnahme des Unterwasserschiffs. Man konnte deutlich erkennen, dass eine Leine zwischen Ruder und Skeg festklemmte. Offenbar war hier ein Knoten in der Leine, der stabil genug war um die Krassy festzuhalten. Wir zogen also die Leine so gut es ging hoch und schnitten uns erst mal los. Dann fielen alle Segel und wir standen wieder auf der Stelle. Es half nichts, Christian musste ins Wasser. Das kannten wir ja schon…
Da kaum Wind war und die Krassy einigermaßen stabil im Wasser lag, war die Befreiungsaktion schnell erledigt. Christian, selbstverständlich gut angeleint, tauchte einmal ab, zog die Leine aus dem Spalt und schon waren wir wieder frei. So viel Aufregung hätten wir allerdings trotzdem nicht gebraucht, vor allem nicht so früh am Morgen…
Wir zogen unsere Segel wieder hoch und ich konnte mich endlich noch mal für ein Stündchen ins Bett legen…
Den Rest der Überfahrt lief fast durchgehend der Motor. So hatten wir nicht gewettet, denn von unserer etwa 30-stündigen Überfahrt mussten wir 13 Stunden motoren. Kein guter Schnitt…
In Samaná hatten wir vorab schon einen Platz in der einzigen Marina ein Stück abseits vom Ort reserviert. Der Hafen gehört zu einem Hotelkomplex und bietet somit auch alle Annehmlichkeiten eines Hotels. Neben Duschen und Toiletten gibt es hier zwei Infinity-Pools, von denen aus man einen direkten Blick auf die Bucht von Samaná hat, mehrere Restaurants, einen Billiard-Raum, Fitness-Center und ein Spa. Wir machen jetzt also erst mal Urlaub! Und außerdem: WE MADE IT!





Die Einklarierung in der Dominikanischen Republik verlief dank der Hilfe des ausgesprochen freundlichen Hafenmeisters und den Behörden direkt im Hafen wesentlich einfacher als erwartet. Wir hatten gelesen, dass es hier immer eine Bootsinspektion durch die Armada, die hiesige Navy, geben soll, der Beamte kam aber bei uns nicht an Bord, flötete dafür ein Liedchen und ließ uns ohne Umschweife einreisen.
Samaná selbst liegt ein paar Kilometer östlich von uns und um dort hin zu gelangen muss man entweder ein Taxi nehmen, einen Mietwagen buchen oder etwa 30 Minuten den Berg hoch laufen um dann an der Hauptstraße einen Bus zu nehmen (der nur einmal pro Stunde fährt, wann genau weiß allerdings niemand…). Wir entschieden uns selbstverständlich für letzteres und quälten uns am Donnerstag, nachdem wir ordentlich ausgeschlafen hatten, die steile und wenig schattige Straße hinauf. Oben angekommen erreichten wir eine Schranke an der wir wieder freundlich begrüßt wurden. Auf unsere Frage nach dem Bus hielt der junge Mann an der Schranke prompt ein Auto an, das gerade das Gelände verlassen wollte und organisierte uns so eine Mitfahrgelegenheit. Christian plauderte auf Spanisch mit unserem freundlichen Fahrer, während der hupend an allerlei Rollern die Straße nach Samaná hinunter bretterte. Wir wurden vor einem großen Supermarkt raus gelassen und bedankten uns mit einem kleinen Trinkgeld. Das wäre zum Laufen wirklich ganz schön weit gewesen…
Den Supermarkt ließen wir links liegen und spazierten erst mal in den Ort hinein. Wir hatten erwartet, dass es hier irgendwie karibisch zugehen würde, statt dessen versprühte Samaná mit den unzähligen wild hupenden Rollern und quietschenden Durchsagen aus riesigen Lautsprechern auf irgendwelchen Autos eher ein Flair von Indien oder Bangkok. Es war wuselig und quirlig, aber gleichzeitig charmant! Wir liefen erst mal Richtung Bucht und sogen das verrückte Flair in uns auf. Direkt an der Küste gibt es ein kleines Touristendorf mit hübschen, bunt angemalten Häusern in denen natürlich Souvenirläden zu finden sind. Wir bogen nach rechts ab und spazierten statt dessen um die Bucht herum zu einer Fußgängerbrücke, die das Festland mit einem kleinen Felsen verbindet. Das wollten wir uns genauer ansehen und so liefen wir über die schnurgerade Brücke um die Aussicht auf Samaná von der kleinen Insel aus zu genießen.
























Anschließend hatten wir ordentlich Hunger und so wurde es Zeit uns ein kleines Mittagessen zu organisieren. Wie üblich wollten wir dort essen, wo die Einheimischen hingehen, fanden in der Stadt schnell eine kleine Hütte, aus der ein verlockender Grillgeruch waberte und reihten uns in die Schlange der Locals ein um ein Mittagessen zu bestellen. Es gab Grillhähnchen und Reis mit Bohnen, dazu Salat. Ein klassisch karibisches Essen also. Eine Preistafel hatten wir nicht gesehen, aber wir ließen es drauf ankommen. Als wir die übervollen Teller und unsere beiden eiskalten Wasserflaschen entgegennahmen dachte ich erst, mein Spanisch hätte mich verlassen, als mir die Frau hinter der Theke den Preis nannte. 350 Pesos. Das sind umgerecht etwa 5 Euro, also 2,50 Euro pro Person für einen Teller, den wir kaum schafften, der aber hervorragend schmeckte! Hier gefällt es uns!
Mit vollen Bäuchen stand nun noch ein kleiner Einkauf für uns an. Unsere Obst- und Gemüsevorräte waren fast komplett aufgebraucht, also suchten wir uns ein paar Straßenhändler, die genau das anboten, was wir suchten: Ananas, Wassermelonen, Papayas, Avocados, Süßkartoffeln, Maracujas und noch einiges mehr. Ananas war in der Karibik bisher kaum bezahlbar. Bis zu 15 Euro wurden auf Bequia für eine einzige Ananas abgerufen, die noch nicht mal allzu groß war. Für solche Wucherpreise verzichteten wir also gerne auf diese Frucht, auch wenn wir sie sehr lecker finden. Hier sah die Sache schon anders aus. 50 Pesos wollte der Straßenhändler für die duftenden, stacheligen Früchte haben, also weniger als einen Euro. Auch alles andere war so spektakulär günstig, dass uns das Einkaufen richtig Spaß machte. Voll bepackt mit schweren Taschen voller gesunder Leckereien suchten wir uns für die Rückfahrt ein Taxi und freuten uns diebisch über unseren Einkauf. Für alles zusammen bezahlten wir umgerechnet knapp 25 Euro, auf dem Bild haben wir sogar noch zwei riesige Süßkartoffeln und zwei gleichsam gigantische Avocados vergessen…






Da die Kar-Woche in der erzkatholischen Dom Rep eine ziemlich große Sache ist, bleibt das Land mehr oder weniger für den Rest des Wochenendes geschlossen. Hier in unserem kleinen Hotelparadies sind Bars und Restaurants allerdings geöffnet und so haben wir entschieden in den nächsten Tagen einfach mal einen Gang runter zu schalten und die Annehmlichkeiten dieses schicken Hotels zu genießen. Wir gehen im Pool schwimmen, spazieren auf der Mole des Hafens und trinken zum Sonnenuntergang bunte Cocktails an der Bar. Heute haben wir sogar in der Ferne ein paar Flamingos entdeckt, die wir erst für Plastikfiguren hielten, die sich dann aber ganz eindeutig bewegten. Das werden wir uns auf jeden Fall noch genauer ansehen.
Ein kleiner Wermutstropfen ist unser Timing. Wir sind leider etwa 2 Wochen zu spät in Samaná angekommen, denn Ende März endet hier die Buckelwal-Saison. In den ersten 3 Monaten des Jahres kann man hier in der Bucht wohl hunderte dieser Tiere beobachten, die für die Paarungszeit in diese geschützte Bucht kommen. Die Wale springen dann in der Bucht herum und wir haben sogar gelesen, dass man sie vom Pool unseres Hotels aus beobachten konnte. Schade, denn jetzt ist die Saison vorbei und bisher haben wir leider noch keine Wale sehen können. Wir werden aber weiter die Augen offen halten, vielleicht verirrt sich ja noch der ein oder andere Spätzünder in die Bucht.
Wir wünschen frohe Ostern gehabt zu haben🐰🥚! Unglaublich, dass Ananas in der Karibik so teuer sind. Wahrscheinlich sind die alle bei Rewe und Edeka im Angebot für 2,49…. Falls ihr noch Wale seht, bitte viele Fotos. Gute Überfahrt in die USA, es gibt hoffentlich keine Schwierigkeiten bei der Einreise.
Liebe Grüße von Armin und Anja
Hallo ihr lieben, vielen Dank! Wir hoffen ihr hattet auch schöne Ostern! Sorry mal wieder für unsere reichlich späte Antwort 🫣
Wale haben wir leider keine mehr gesehen, da waren wir wohl wirklich zu spät dran…
Bis in die USA dauert es noch ein bisschen, erst mal wollen wir ein Weilchen auf den Bahamas bleiben. Wir sind ja in Puerto Rico schon mal eingereist, darum hoffen wir, dass es am Festland ähnlich gut klappt. Drückt aber gern weiter die Daumen!
Ganz viele liebe Grüße von uns beiden!